Düsseldorf. Der Landtag hat sich am Mittwoch geschlossen gegen Fracking ausgesprochen. Anlass für die Erneuerung des politischen Schwurs bot die niederländische Regierung, die den Einsatz der umstrittenen Methode zur Gasförderung nicht mehr ausschließen will. Ausgerechnet SPD-Chef Gabriel schürt Verunsicherung.

Es sollte ein Signal der Geschlossenheit beim Angstthema „Fracking“ werden. Der NRW-Landtag sprach sich am Mittwoch mit den Stimmen aller Fraktionen gegen die Erdgas-Förderung mit hydraulischem Druck und giftigen Chemikalien aus. Anlass für die Erneuerung dieses politischen Schwurs bot die niederländische Regierung, die den Einsatz der Fracking-Technologie zumindest nicht mehr ausschließen will. Doch die ungewöhnliche Düsseldorfer Einigkeit wurde gestern auch aus anderer Himmelsrichtung gestört.

„Wir müssen nicht nur in die Niederlande schauen, sondern auch nach Berlin“, empfahl CDU-Fraktionsvize Josef Hovenjürgen. Dort machte ein Brief ausgerechnet von Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) die Runde, der ein Fracking-Gesetz noch vor der Sommerpause ankündigte. Und der schürt Verunsicherung, denn ein klares Bekenntnis sieht anders aus.

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Gabriel will zwar über das Bundesbergrecht eine Umweltverträglichkeitsprüfung für alle Tiefen-Bohrungen mit der Fracking-Technologie einführen. Außerdem soll in Wasserschutzgebieten ein grundsätzliches Verbot gelten. Doch zwischen den beruhigenden Passagen bleiben bohrende Fragen.

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© WNM

Die Grünen etwa wittern Zugeständnisse Gabriels gegenüber den interessierten Energiekonzernen. „Die Bundesregierung muss jetzt erklären, ob sie dem Fracking in Deutschland einen Freibrief erteilen will oder der Linie der Bundesumweltministerin folgt, die ein Verbot fordert“, sagte NRW-Umweltminister Remmel. Und Grünen-Energiepolitikerin Wibke Brems forderte klipp und klar, Berlin müsse „gesetzlich festschreiben, dass die Förderung von unkonventionellem Erdgas mit Frac­king nicht verantwortbar ist“.

Der Schutz des Trinkwassers hat Vorrang

Bislang gilt in NRW ein Moratorium für das Erkunden, Aufsuchen und Fördern für Gas aus tiefen Gesteinsschichten, das rechtlich ziemlich umstritten ist. Die Sorge ist nun, dass neue bundesgesetzliche Regelungen dieses „Nein“ weiter unterhöhlen dürften.

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Gabriels Ministerium versicherte, dass der Schutz von Trinkwasser und Gesundheit absoluten Vorrang habe. Auch im Berliner Koalitionsvertrag hatten sich SPD und Union gegen Experimente mit der Fracking-Technologie ausgesprochen.

Der Blick in die USA, wo die Energiepreise dank des Schiefergases drastisch purzelten, und der generelle Ruf nach mehr Technologieoffenheit in Deutschland, lassen jedoch insbesondere wirtschaftsnahe Kreise immer wieder schwanken. Internationale Energiekonzerne haben sich auch in NRW längst Dutzende „Claims“ gesichert, in denen sie eines Tages gerne das vermutete Schiefergas fördern würden (siehe Grafik).

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Und auch im niederländischen Grenzgebiet, am Niederrhein und im Münsterland, werden Schiefergas-Vorkommen vermutet. Bei den niederländischen Nachbarn ist zwar jüngst erst die Vorprüfung zur Umweltprüfung angelaufen - aber schon das war Anlass genug für NRW-Landesregierung und Opposition nun für sauberes Grundwasser einzutreten. „Die Niederlande müssen uns ihre Pläne offenlegen“, forderte SPD-Fraktionsvize Rainer Schmeltzer.

Keine amerikanischen Verhältnisse

„Umweltschäden, wie wir sie aus den USA kennen, würden wir als Bergbehörde nicht zulassen“, sagt Friedrich Wilhelm Wagner, der neue Leiter der Abteilung Bergbau und Energie bei der Bezirksregierung Arnsberg. Man könne die Förder-Bedingungen zudem nicht auf dichtbesiedelte Gebiete in Europa übertragen. Die Bindemittel, die bei dieser noch sehr jungen Technologie ins Gestein gepresst würden, enthielten teilweise toxische Stoffe, über deren Auswirkungen auf das Grundwasser man zu wenig wisse, so Wagner. Deshalb formuliert er eine Losung, auf die sich in NRW von Grünen bis FDP fast alle verständigen können: „Es ist gute bergmännische Tradition, vorsichtig zu sein.“