Düsseldorf/Berlin. Im NRW-Landtag formiert sich Widerstand gegen die niederländischen Pläne, Möglichkeiten des Frackings auch nahe der Grenze zu Deutschland zu prüfen. Bundesweit soll derweil eine klare gesetzliche Regelung nun zügig kommen - mit strengen Auflagen für die umstrittene Fördertechnologie.

Die Überlegungen in den Niederlanden, die umstrittenen Fracking-Gasförderung im Grenzgebiet zu Nordrhein-Westfalen zu genehmigen, stoßen im Düsseldorfer Landtag auf parteiübergreifende Kritik. SPD, CDU, Grüne und FDP haben für die Landtagssitzung am Mittwoch einen gemeinsamen Antrag zu dem Thema vorgelegt. Darin fordern sie die Landesregierung auf, gegenüber der niederländischen Regierung deutlich zu machen, dass der Einsatz der Fracking-Technologie nicht verantwortbar sei.

Regierungs- und Oppositionsfraktionen sehen Gefahren für das Trinkwasser im Grenzgebiet. Grundwasser mache vor Landesgrenzen nicht halt. Verunreinigungen in den Niederlanden könnten des auch Auswirkungen auf das Trinkwasser in Nordrhein-Westfalen haben. "Deshalb halten wir die Aufsuchung und Gewinnung von unkonventionellem Erdgas mit giftigen Chemikalien auch an der Grenze zu Deutschland für nicht verantwortbar", heißt es in dem Antrag. Bei der Fracking-Förderung wird unter hohem Druck und Chemikalien-Einsatz Gestein in großer Tiefe aufgebrochen, damit Gas aus den Zwischenräumen entweichen kann.

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Ein Sprecher des niederländischen Wirtschaftsministeriums hatte am Wochenende versichert, es lägen bisher keine konkreten Pläne für ein Fracking nahe der Grenze vor. "Bis jetzt gibt es lediglich eine Untersuchung, ob Fracking erlaubt werden kann. Und wenn das der Fall sein sollte, wird geprüft, welche Stelle dafür am besten geeignet ist. Das könnte an der Grenze sein, aber auch anderswo." Denkbar sei aber auch, dass es keine Genehmigung für das Fracking geben werde.

Bundesweites Fracking-Gesetz soll rasch kommen 

Bundesweit plant die große Koalition derweil noch vor der Sommerpause gesetzliche Regelungen für das umstrittene Gas-Fracking. Das geht aus einem Schreiben von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) an die Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Gesine Lötzsch (Linke), hervor.

Demnach soll es strenge Auflagen für die unkonventionelle Gasförderung geben: Eine Umweltverträglichkeitsprüfung und ein Verbot in Wasserschutzgebieten. "Weitergehende Anforderungen an das Fracking-Genehmigungsverfahren werden noch intern geprüft", so Gabriel. Bisher gibt es keine klare gesetzliche Regelung für die unkonventionelle Förderung aus tiefen Gesteinsschichten.

2015 können Änderungen in Kraft treten

Geplant ist in diesem Zusammenhang eine Änderung der Verordnung über Umweltverträglichkeitsprüfungen bei bergbaulichen Vorhaben und eine Neufassung des Wasserhaushaltsgesetzes, für die das Bundesumweltministerium verantwortlich ist. 2015 könnten die Änderungen in Kraft treten, hieß es. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD hieß es wegen der zahlreichen Widerstände, dass es erst dann eine Fracking-Erlaubnis geben solle, wenn diese ohne Einsatz giftiger und umweltgefährdender Stoffe möglich ist.

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Ob dies nun geplant ist, geht aus dem Schreiben Gabriels nicht hervor. Auf Nachfrage teilte das Ministerium aber mit: "Der Schutz von Trinkwasser und Gesundheit hat absoluten Vorrang. Daher wird auch der Einsatz umwelttoxischer Substanzen bei der Anwendung der Fracking-Technologie abgelehnt."

Grünen sehen Fracking "auf 85 Prozent der Landesfläche" erlaubt

Die Grünen zogen das in Zweifel. "Laut dem Schreiben von Gabriel soll Fracking in Zukunft auf 86 Prozent der Landesfläche erlaubt werden, damit handelt es sich um ein Fracking-Ermöglichungsgesetz", sagte Fraktionsvize Oliver Krischer. "Offensichtlich hat Schwarz-Rot nichts aus dem Scheitern der abgewählten schwarz-gelben Bundesregierung beim Fracking gelernt."

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Bei der Technologie wird Gestein in 1000 bis 5000 Metern Tiefe unter Einsatz eines flüssigen Gemisches aus Wasser, Sand und Chemikalien mit hohem hydraulischen Druck aufgebrochen. Dank moderner Technik, bei denen erst nach unten gebohrt wird und dann im Untergrund Querbohrungen stattfinden, kann das Gas aus den tiefen Schichten gefördert werden. In den USA hat das Verfahren zu einem Boom dieser unkonventionellen Förderung geführt.

Vorkommen in Schiefer, Kohleflözen und Sandstein

Auch in Deutschland gibt es Vorkommen in Schiefertonformationen, Kohleflözen und dichten Sandsteinformationen. Studien gehen davon aus, dass der deutsche Gasbedarf mit den Vorkommen über zehn Jahre lang gedeckt werden könnte. Allerdings gelten 14 Prozent der Fläche als Wasserschutzgebiete, somit ist das Förderpotenzial weit geringer. Im Mai 2013 war ein erster Anlauf für ein Gesetz gescheitert, unter anderem weil die CDU in Baden-Württemberg zu große Risiken für das Gebiet rund um den Bodensee befürchtete.

In Bayern und anderen Regionen fürchteten sie zudem um die Reinheit des Brauwassers. Im Koalitionsvertrag heißt es wörtlich: "Die Auswirkungen auf Mensch, Natur und Umwelt sind wissenschaftlich noch nicht hinreichend geklärt." Der Einsatz umwelttoxischer Substanzen zur Aufsuchung und Gewinnung unkonventioneller Erdgaslagerstätten werde abgelehnt. Über Anträge auf Genehmigung könne erst entschieden werden, wenn die nötige Datengrundlage zur Bewertung der Risiken vorhanden sei. In Regierungskreisen wurde betont, diese solle so umgesetzt werden. (dpa)