Düsseldorf. . Überschuldung in Deutschland ist vor allem männlich, großstädtisch und wird immer jünger – diese Erkenntnis lässt sich aus den vielen Zahlen filtern, die die Wirtschaftsauskunftei Creditreform am Donnerstag vorlegte.
Überschuldung in Deutschland ist vor allem männlich, großstädtisch und wird immer jünger – diese Erkenntnis lässt sich aus den vielen Zahlen filtern, die die Wirtschaftsauskunftei Creditreform am Donnerstag vorlegte. Dabei retten die Frauen die leicht positive Gesamtbilanz (-1,3 Prozent). Folgt man der Studie, so nutzten im letzten Jahr vor allem sie die Chance des wirtschaftlichen Aufschwungs, um private Schulden loszuwerden. Während der Anteil der überschuldeten Männer sogar um 1,2 Prozent auf 4,1 Millionen stieg, sank die der betroffenen Frauen um 5,3 Prozent auf 2,3 Millionen.
Der aktuelle Befund könnte trügerisch sein. Zwar gelten Männer nach Einschätzung von Creditreform-Chef Helmut Rödl als schuldenfreudiger, während er Frauen eine höhere Risiko-Abneigung zugesteht. Sie seien es, die bei der Kreditaufnahme eher mäßigend Einfluss nehmen. Längerfristig zeigt sich indes, dass auch immer mehr Frauen in die Schuldenfalle geraten: gegenüber 2004 stieg die Zahl der Betroffenen um 200 000.
Förderung von Finanzkompetenz
Als stabil erweist sich ein anderer Trend des Vorjahres. Immer mehr junge Erwachsene schlittern in die Schuldenspirale, der viele von ihnen nach Angaben der Experten ein Leben lang nicht mehr entkommen. Mittlerweile ist über ein Viertel aller überschuldeten Personen zwischen 18 und 30 Jahren alt. Bei den unter 20-Jährigen nahm die Quote gar um „besorgniserregende“ 23 Prozent zu. Gegenüber dem ersten Schuldneratlas im Jahre 2004 explodierte die Zahl der jüngsten Schuldner um 358 Prozent oder 243 000 Fälle.
Jugend- und Bildungsforscher fordern seit langem eine stärkere Förderung von Finanzkompetenz in der Schule, um gegenzusteuern. Allerdings müssen auch immer mehr alte Leute Schulden machen. Unter den über 70-Jährigen wuchs ihr Anteil seit 2004 um 42 Prozent, in diesem Jahr waren fast ausschließlich Männer betroffen. Für Rödl spiegelt sich hier „ein verstärkter Trend zur Altersarmut“.
Schlusslicht Bremen
Unter den Bundesländern bildet Bremen trotz verbesserter Werte das Schlusslicht mit einer Schuldnerquote von 13,5 Prozent, während Bayern mit 6,9 Prozent am besten abschneidet. Nordrhein-Westfalen liegt mit 10,8 Prozent kaum verändert im unteren Mittelfeld. Wie steil das Wohlstandsgefälle in Ruhrgebietsstädten ist, legte Rödl am Bespiel Essen dar: Während stadtweit 12,1 Prozent der Bewohner unter Überschuldung leiden, liege die Quote in Vierteln rund um den Hauptbahnhof bei 25 Prozent. In bevorzugten Wohnlagen wie Bredeney sinke sie bis auf unter fünf Prozent. Ähnlich sieht die Bilanz für Dortmund aus.
Creditreform will nach einer „Inflation der Krisen“ bei den deutschen Verbrauchern eine zunehmende Sensibilisierung und Ausgabenvorsicht festgestellt haben. Allerdings rechnen die Experten nicht damit, dass trotz günstiger Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt die Zahl schuldengeplagter Verbraucher deutlich sinkt. Grund: die prognostizierte Eintrübung der Konjunktur.