Duisburg. Nach der Abwahl von Duisburgs OB Adolf Sauerland sind die Diskussionen über einen möglichen Nachfolger entbrannt. Die SPD setzt sich für einen gemeinsamen Kandidaten ein, den möglichst viele Parteien mittragen und will noch in dieser Woche die Stimmung dazu ausloten. Das Parteibuch habe “keine Priorität“.
Einen Tag nach der Abwahl von Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland zeigt sich unter den Parteien in der Stadt ein Bedürfnis der Harmonie. Binnen sechs Monaten muss ein neuer OB in der Stadt zur Wahl stehen. Doch die Parteien, allen voran die SPD, hoffen, dass man auf einen erneute Wahlkampf verzichten kann, in dem sich die Parteien auf einen einzigen Kandidaten einigen.
"Wir wollen einen gemeinsamen Kandidaten finden", so hatte es Duisburgs SPD-Chef und NRW-Innenminister Ralf Jäger bereits vor dem Bürgerentscheid am Sonntag angekündigt. An diesem Montagabend werden der Unterbezirksvorstand und die Vertreter der 33 SPD-Ortsvereine darüber abstimmen. Kommt es dazu, was man bei der SPD nicht bezweifelt, seien die ersten Gespräche mit den Linken und den Grünen für Mittwoch geplant, sagt Unterbezirks-Geschäftsführer Jörg Lorenz. Auch mit der FDP wolle man sprechen und mit dem Abwahlbündnis "Neuanfang für Duisburg". Um konkrete Köpfe solle es dabei noch nicht gehen, sagt Lorenz: "Wir wollen erst das Anforderungsprofil erörtern".
Idealbild eines Sauerland-Nachfolgers - Josef Krings
Die SPD hat mit der Abwahl Sauerlands spürbar an Selbstbewusstsein gewonnen. "Wir sind die stärkste Kraft im Rat", verweist Lorenz auf das Bündnis der SPD-Fraktion mit Linken und Grünen im Stadtrat. Obwohl man "selbstverständlich einige geeignete Köpfe" in den eigenen Reihen sehe, die den Chefsitz im Duisburger Rathaus einnehmen könnten, sei es laut Lorenz längst nicht gesetzt, dass ein gemeinsamer Kandidat der Parteien tatsächlich ein SPD- oder überhaupt ein Parteibuch haben müsse. Lorenz: "Das wird für die SPD nicht oberste Priorität haben".
"So einen wie Josef Krings bräuchten wir", beschreibt unterdessen SPD-Landtagsmitglied Rainer Bischoff, Chef des DGB am Niederrhein, das Profil eines möglichen Sauerland-Nachfolgers: Der 85-jährige Alt-OB "Jupp" Krings war nach der Loveparade-Katastrophe vom Juli 2010 zur Stimme des Gewissens der Stadt geworden. Er sei nur "leider 30 Jahre zu alt", meint Bischoff nicht ohne zu lachen, sonst hätten sich "wohl alle auf ihn verständigt". Bischoff hat jedenfalls angeregt, "das Spektrum möglicher OB-Kandidaten weit zu öffnen", auch über die Grenzen der Stadt hinaus. Um eine Perspönlichkeit zu finden, die - getreu dem einstigen Wahlkampfmotto von Johannes Rau, "versöhnen statt spalten" kann.
Das Kleinklein der Parteien geht weiter
Bei der CDU ist man "gespannt auf die Vorschläge der SPD", sagt Peter Ibe, Ratsherr und stellvertretender Vorsitzender im Duisburger Kreisvorstand. Er findet, "dass wir jetzt keinen Pastror an der Stadtspitze brauchen" und ist noch immer erzürnt über wüste Beschimpfungen, die er und seine Mitarbeiter in den vergangenen Wochen im Abwahlkampf hatten hinnehmen müssen, was er den Sauerland-Gegnern übel nimmt: Sauerlands Erscheinen im Rathaus am Sonntag sei zu einem Spießrutenlauf ausgeartet, den Ibe als "unterste Schublade" in unguter Erinnerung behalten werde. Angesprochen auf einen Sauerland-Nachfolger sieht aber auch Ibe die Notwendigkeit, "Gräben zuzuschütten" und nicht wieder einen Lager-Kampf zu führen: "Diese Stadt kann in den nächsten sechs Monaten keinen Wahlkampf mehr gebrauchen".
Bei die SPD sieht man vorerst allerdings "keinen Grund, auch mit der CDU das Gespräch zu suchen", erklärt Unterbezirks-Geschäftsführer Jörg Lorenz. Weil es Ibe gewesen sei, der in Anspielung auf das Bündnis mit Linken und Grünen, erklärt hätte, "mit den Kommunisten dürfe man nicht reden". Dass die CDU einen SPD-OB-Kandidaten unterstützen würde, scheint für Ibe wiederum derzeit in weiter Ferne zu liegen: "Wir brauchen jetzt keinen linken und keine rechten Kandidaten, der die Stadt weiter spaltet".
Gesucht: Eine "moralisch integre Persönlichkeit, die eine Verwaltung führen kann"
Einigkeit herrscht über die Parteigrenzen bei den Anforderungen des idealen OB-Nachfolgers: Der oder die Nachfolgerin müsste "eine moralisch integre Persönlichkeit" sein, "eine Verwaltung mit 6000 Mitarbeitern führen können" und "wissen, wie Kommunalpolitik funktioniert" - und: das Parteibuch dürfe nicht entscheidend sein. Ob sich eine solche Person leicht findet, glaubt man unterdessen sogar bei der SPD nicht: Die Stadt steckt in einem Nothaushalt, die Gestaltungsmöglichkeiten des OB seien deshalb eher gering, zudem sei die Verwaltung "nicht in allen Führungsebenen mit 1-A-Leuten besetzt".
Würden sich die großen Parteien tatsächlich auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen, wäre das für den Verein "Mehr Demokratie" unterdessen "kein Problem", sagt Sprecher Thorsten Sterk: "Auch bei einem Kandidaten könnten die Wähler ja 'nein' sagen". Und würde das Quorum von 25 Prozent der Wahlberechtigten, mangels Kandidaten-Auswahl, bei der OB-Wahl unterschritten, "muss eben nochmal abgestimmt werden", sagt Sterk.