Essen. Was tun bei Katastrophen? Hier sind Tipps für den Ernstfall: Wie viele Wasserflaschen zum Vorrat gehören. Und denken Sie an Ihre Tiere!

Heute ist das Rote Kreuz da, nicht die einzige Hilfsorganisation in der Stadt. Man könnte hoffen, sie alle helfen im Fall einer Katastrophe, aber dann sagt DRK-Mann Michael Brand: „Wenn Essen betroffen ist mit seinen 570.000 Einwohnern, werden wir nicht mehr viel ausrichten können.“ Nun sind es tatsächlich sogar mehr Menschen; vielleicht 20 von ihnen sind gerade da zu erfahren, was sie denn selbst tun können, wenn das Rote Kreuz nicht kann.

Bevor der Himmel auf die Erde fällt und der Strom aus-, bevor ein Hochwasser kommt, ein Feuer, eine Pandemie oder Schlimmeres, müsste man einkaufen. Sagt Brand und erwähnt den Kriegsfall nicht, an den die Leute gerade denken. Die Altersgruppe 60+ ist an diesem Abend eingeladen zu einem Vortrag „Persönliche Krisenvorsorge“, es soll darum gehen, wie man sich „auf den Ernstfall vorbereitet“. Michael Brand ist beim DRK Feldkoch im Katastrophenschutz.

Michael Brand (53) war schon in Großlagen als Katastrophenschützer unterwegs. Er erklärt Essenern, wie sie sich vorbereiten können.
Michael Brand (53) war schon in Großlagen als Katastrophenschützer unterwegs. Er erklärt Essenern, wie sie sich vorbereiten können. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

„Wer sich selbst nicht helfen kann, hat ein enormes Problem“

Auf den Einkaufszettel schreibt er den Zuhörern Konserven, Tütensuppen, Desinfektionsmittel, möglichst für zehn Tage, bessern noch für 14. Er hat kiloschwere Beispiele auf einen Tisch gestellt: Wasser in Kanistern, ein Kurbelradio, besonders starke Powerbanks... „Und denken Sie an Ihre Tiere!“ Bei zwei Damen regt sich erster Widerspruch: Wer soll das schleppen, wo sie doch sonst das Mineralwasser in Flaschen in die Wohnung tragen? Im Keller kein Platz, aber aus der Pfütze wollen sie nun auch nicht trinken. Bei einem Ehepaar wurde kürzlich das Wasser abgestellt, zwölf Stunden! „Da merkt man erstmal, wie das ist, wenn keins aus dem Hahn kommt.“

Und dann der Strom. Brand hat schon Erdbeben erlebt, Fluten, Bombenentschärfungen, er erinnert sich aber auch an das „Schneechaos im Münsterland“, 2005. „Da geht keine Tankstelle und kein Supermarkt.“ Das Telefon nicht, die Kühltruhe nicht und auch nicht die Bezahlkarte. Und „sollte ,es‘ im Winter passieren, denkt kaum einer daran, dass die Heizung ausfällt“. Und der Herd. Kerzen und Feuerzeuge haben die Anwesenden „reichlich im Haus“, nur finden sie die auch im Dunkeln?

Also? Decken, Gaskocher, Teelichte, vielleicht ist noch Brennpaste da vom letzten Fondue. Konserven gehen auch kalt, bloß schmecken die nicht so gut. Ein Herr verzieht das Gesicht beim Gedanken an die Dose Ravioli, „ist besser als nichts“, sagt Brand. Nichts lagern, was man gar nicht mag oder nicht zuzubereiten weiß. Und ab und zu auffrischen, damit das Wasser nicht faul wird und der Fisch in der Dose nicht schlecht.

Statt Toilette: Eimer mit Müllbeutel und Katzenstreu

Eigentlich, sagt Brand, kommen natürlich Helfer, „es gibt sie, es gibt Katastrophenschutz, aber zu wenig“. Die Kräfte müssten denen helfen, die es am nötigsten haben. „Wer sich da nicht selbst helfen kann, hat ein enormes Problem.“ Wer es kann, sei für die Helfer eine Erleichterung: „Eine Person weniger, um die wir uns kümmern müssen.“

Radio für den Notfall: Ein solches Gerät funktioniert mit Sonnenkraft – oder mit einer Kurbel. Falls der Strom ausfällt.
Radio für den Notfall: Ein solches Gerät funktioniert mit Sonnenkraft – oder mit einer Kurbel. Falls der Strom ausfällt. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Dabei seien die meisten Menschen durchaus vorbereitet, im kleinen Rahmen. Haben immer was im Haus, für den Fall, dass Besuch kommt. Lagern das Nötigste in der Hausapotheke („immer auf Stand halten!“). Überstanden schon die Quarantäne bei Corona und wissen seither, dass auch Hygieneartikel nicht morgen alle sein sollten. Feuchttücher empfiehlt er, Handschuhe statt Händewaschen und Müllbeutel. Warum? „Die Müllabfuhr kommt nicht.“ Außerdem könnte ein Eimer mit Plastikbeutel und Katzenstreu die Toilette ersetzen. „Ist nicht der Standard, den ich sonst habe, aber in der Krise muss ich Abstriche machen.“

Personalausweis und Policen: alles in die Dokumentenmappe?

Einen Rucksack sollte jeder parat stehen haben mit Notfallgepäck für zwei Tage. Schlafsack, Batterieradio, Medizin – und Bargeld. Sowie einer Dokumentenmappe, immer griffbereit; Wertpapiere, Urkunden, Zeugnisse, Versicherungspolicen, Miet- und sonstige Verträge, Personalausweis, Führerschein, Patientenverfügung, Sparbücher, Rentenbescheinigung, Grundbuchauszug... Es hört nicht auf, „das sind bei uns zwei Schränke voller Ordner“, protestiert ein Mann, und mahnt nicht die Polizei, all das gerade getrennt aufzubewahren? „Die einen sagen so, die anderen so“, Herr Brand weiß es auch nicht: Soll man sich gegen Krisen schützen oder gegen Diebe?

Powerbank für Profis: Dieses große Gerät hat gleich mehrere Steckdosen und liefert im Ernstfall mehrere Tage Strom.
Powerbank für Profis: Dieses große Gerät hat gleich mehrere Steckdosen und liefert im Ernstfall mehrere Tage Strom. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Eine Frau fühlt sich schon jetzt überfordert, dabei ist die Katastrophe noch gar nicht da. „Man sollte lieber nicht alt werden“, klagt sie. Doch, findet eine andere, „aber bitte kein Chaos“? Aber man weiß ja nicht, der Krieg in der Ukraine, diese Stromausfälle, und wenn wieder die Ruhr über die Ufer tritt... Wo könnte man eigentlich hin mit diesem Rucksack, „was ist mit den Bunkern“? Es gibt, sagt Michael Brand, der Katastrophenschützer, „keinen funktionierenden Bunker in Essen. Und da ist auch kein Bett mehr drin“.

>>INFO: NOTFALLVORSORGE UND KATASTROPHENSCHUTZ

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe in Bonn (www.bbk.bund.de) hat eine Broschüre herausgegeben, in der alle wichtigen Tipps gesammelt sind: Im „Ratgeber für Notfallsorge und richtiges Handeln in Notsituationen“ steht, wie man sich im Ernstfall verhält, aber auch, welche Lebensmittel, Getränke, Hygieneartikel und wie viel davon in jedem Haushaltvorgehalten werden sollten.

Für zehn Tage reichen demnach 20 Liter Wasser pro Person, 3,5 Kilogramm Brot, Getreide, Nudeln, , 2,5 Kilo Obst und Nüsse, 1,5 Kilo Fisch/Fleisch und Eier. Auf einer herausnehmbaren Checkliste können Bürger vermerken, wie viel Seife, Batterien, Müllbeutel und welche Medikamente sie im Haus haben. Auch steht im Heft, was in die Dokumentenmappe und was ins Notgepäck gehört.