Essen. Sara aus Essen hatte eine Managementposition – bis sie Mutter wurde. Warum sie ihre Stelle aufgegeben hat und was sie heute macht.
- Sara Pierbattisti-Spira und ihr Mann wollten nach der Elternzeit beide in Vollzeit arbeiten.
- Doch schnell hat das Paar gemerkt, dass das nicht so einfach möglich ist.
- Unserer Redaktion hat die 40-Jährige erzählt, vor welchen Herausforderungen sie im Alltag standen – und welche Lösung sie für sich gefunden haben.
Familie und Karriere sind gerade für Frauen nicht immer einfach miteinander zu vereinen. Für Sara Pierbattisti-Spira (40) begann nach ihrer Elternzeit ein neues Kapitel: Die Essenerin machte sich selbstständig und erledigt Telefonate auch schonmal während eines Spaziergangs mit ihrem Kind in der Trage. Hier lesen Sie ihr Protokoll.
„Wie gut können Sie Familie und Beruf vereinbaren? Und wie familienfreundlich ist Ihr Arbeitgeber?“ Das haben wir unsere Userinnen und User für den großen WAZ-Familiencheck gefragt. Mehr als 7000 Menschen aus dem Ruhrgebiet haben an der nicht-repräsentativen Umfrage teilgenommen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf bewerten sie im Durchschnitt mit der Schulnote „Zwei minus“. Besser schneiden die Arbeitgeber selbst ab: Ihre Familienfreundlichkeit wird durchschnittlich mit einer glatten Zwei benotet. Auffällig ist dabei allerdings, dass die Arbeitgeber anscheinend zu selten eine spontane Kinderbetreuung (Schulnote 2,9) oder Home-Office (Schulnote 3,6) ermöglichen. Vor welchen Herausforderungen stehen Eltern im Alltag? Und wie muss sich die Arbeitswelt verändern? Weitere Texte unseres Schwerpunkts lesen Sie hier:
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„Wenn ich am frühen Nachmittag Feierabend gemacht habe, hat mit der Kinderbetreuung direkt meine zweite Schicht begonnen. Als ich noch keine eigene Familie hatte, habe ich Mütter immer beneidet, wenn sie früher gegangen sind und draußen die Sonne genießen konnten. Seit ich selbst Mutter bin, weiß ich, was da alles dranhängt und vor welchen Herausforderungen man auch nach der Arbeit steht. Nun war ich diejenige, die sich blöde Sprüche von Kollegen anhören musste, wenn ich mal früher nach Hause musste.
Mutter und Managerin: „Es braucht ein riesiges Netzwerk aus Großeltern und Babysittern“
Ich habe als Kommunikationsexpertin in einer Managementposition gearbeitet. Nach der Geburt meines Kindes war für mich klar, dass ich schnell wieder Vollzeit in den Beruf zurückkehren möchte. Zum einen, weil ich weiter selbstbestimmt leben wollte. Und zum anderen, weil ich von der Gefahr der Altersarmut weiß, in die viele Frauen hineinrutschen.
Doch mein Mann und ich haben schnell gemerkt, dass es sehr herausfordernd ist, wenn man ein Kind hat und beide Eltern Vollzeit arbeiten. Es braucht ein riesiges Netzwerk aus Großeltern und Babysittern und ganz viel Organisation. In der Kita konnten wir uns auf die Betreuungszeiten zum Glück verlassen, woanders ist ständig Notbetreuung. Doch wir haben unterschätzt, wie oft Kinder krank werden und man selbst gleich mit.
Essener Mutter: „Als Selbstständige muss ich mich vor niemandem rechtfertigen“
Nach meiner Rückkehr in den Job habe ich schnell gemerkt, dass die Arbeitsweise nicht mehr zu mir passt. Mir hat schlicht die Flexibilität gefehlt. Wenn ein Meeting kurzfristig nach hinten geschoben wurde, konnte ich oft nicht teilnehmen, weil es außerhalb der Betreuungszeiten lag. Außerdem wurde ich meinen eigenen Ansprüchen nicht mehr gerecht. In meiner Position habe ich manchmal in den Abend hinein noch gearbeitet oder bin früher aufgestanden. Mit einem Kind war das so nicht mehr möglich. Ich habe mich gefühlt wie in einem engen Korsett.
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Während der Elternzeit hatte ich mir schon eine Nebentätigkeit als Business-Coachin aufgebaut, in der ich Frauen in die Selbstständigkeit begleite. Mittlerweile mache ich das hauptberuflich. Und habe währenddessen ein zweites Kind bekommen. Die Zeit nach dem zweiten Kind war für mich einfacher, weil ich mich als Selbstständige vor niemandem rechtfertigen muss. Meine Telefonate kann ich zum Beispiel beim Spaziergang mit dem Kind in der Trage erledigen.
Bei meiner damaligen Arbeit haben mir Vorbilder gefehlt, Menschen, die eine Familie haben und gleichzeitig Karriere machen. Ich wünsche mir, dass Eltern in Unternehmen mehr mitgestalten können, dass wichtige Meetings während der Betreuungszeiten stattfinden und dass Teilzeitarbeitende gleiche Karrierechancen haben. Das Vorbild, das mir fehlte, möchte ich heute mit meiner Arbeit für andere sein.“
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