Essen. Wespen sind nervig, aber wichtig für das Ökosystem. In diesem Jahr gibt es bisher nur wenige davon. Warum ist das so? Ein Experte gibt Antworten.

Grillen im Garten, Picknicken im Park, Eis essen am See – es gibt einige Dinge, auf die wir uns im Sommer freuen können. Wespen gehören meist nicht dazu. Die Angst vor einem schmerzhaften Stich der schwarz-gelben Brummer kann den Genussmoment im Freien ganz schön verderben. Doch auch wenn Wespen manchmal lästig sein mögen: Sie sind ein wichtiger Bestandteil unserer Natur und erfüllen bedeutende Aufgaben für das Ökosystem.

In diesem Jahr leisten uns bislang nur wenige Wespen beim Essen Gesellschaft. Woran liegt das? Und können die Wespen noch kommen? Unsere Redaktion hat mit dem Experten Dirk Jansen vom Naturschutzverein BUND NRW e.V. gesprochen und die wichtigsten Fragen geklärt.

Wann ist normalerweise Wespenhochsaison?

Wespen bauen ihre Nester in der Regel im April und Mai. Wer in dieser Zeit Wespen im Garten oder auf dem Balkon rumfliegen sieht, kann also davon ausgehen, dass es sich um eine Königin auf der Suche nach einem passenden Platz oder nach Materialien handelt. Ab Juni schlüpfen die ersten Arbeiterinnen und übernehmen die Versorgungsaufgaben für ihren Wespenstaat. Im August erreicht der Bestand dann sein Maximum. Erst dann werden uns besonders die Deutsche und die Gemeine Wespe beim Essen lästig. Sobald im Herbst die Königin stirbt, löst sich der Staat wieder auf.

Wespen-Experten Dirk Jansen vom Naturschutzverein BUND NRW e.V. erklärt, warum es in diesem Jahr bislang so wenige Wespen gibt.
Wespen-Experten Dirk Jansen vom Naturschutzverein BUND NRW e.V. erklärt, warum es in diesem Jahr bislang so wenige Wespen gibt. © BUND | David Klammer

Warum gibt es in diesem Jahr bislang so wenige Wespen?

Das Jahr 2022 war ein starkes Wespenjahr, weil die Bedingungen für den Nestbau im Frühling optimal waren: Es gab eine lange Phase mit viel Sonne und wenig Regen. In diesem Jahr sieht das anders aus. In der Nestbauphase hat es viel geregnet, und die Königinnen hatten es schwerer, ihren Staat zu gründen. Niedrige Temperaturen und Feuchtigkeit sind ungünstig, weil es zum Beispiel zu Schimmelbildung und dem Tod der Larven kommt. Aber auch die steigenden Temperaturen im Hochsommer und die Tatsache, dass es allgemein weniger Insekten gibt, beeinflussen die Wespenpopulation. Wespen füttern ihre Larven mit einem Brei aus zerkauten Insekten wie Blattläusen, Mücken, Spinnen und Raupen. Gibt es weniger davon, leidet auch der Wespenbestand.

Welche Folgen hat es für Umwelt und Mensch, wenn es weniger Wespen gibt?

Wespen spielen eine wichtige Rolle in unserem Ökosystem: Sie sind zum einen wichtige Bestäuber. Ausgewachsene Wespen ernähren sich selbst überwiegend von Nektar, Pollen und Honigtau. Manche Pflanzen wie Braunwurz oder Efeu haben sich sogar speziell auf die Bestäubung von Wespen eingestellt. Außerdem verspeisen Wespen große Mengen an Schadinsekten, die im Garten oder bei der Ernte eher unerwünscht sind. Zum Beispiel Blattläuse, Ameisen oder Motten.

Welche Insekten treten in diesem Sommer stattdessen häufig auf?

Nach einer Insektenzählung des NABU Anfang Juni gibt es in diesem Jahr besonders viele Hornissen. Die Entwicklung lässt sich aber bereits seit einigen Jahren beobachten. Hornissen und Wespen sind eng miteinander verwandt. Hornissen sind „Klimawandelgewinner“, weil sie sich durch die steigenden Temperaturen leichter vermehren können.

Die Wespen-Hochsaison steht uns 2023 erst noch bevor. Wie gelingt ein friedlicher Umgang mit ihnen?

Das oberste Gebot lautet: Locker bleiben! Von den meisten Wespenarten werden die wenigsten Menschen etwas mitbekommen. Auch die Deutsche oder die Gemeine Wespe sind von Natur aus nicht aggressiv. Nur wenn der Nachwuchs mit eiweißreicher Nahrung gefüttert werden will und das natürliche Nahrungsangebot nicht ausreicht, leisten sie uns beim Essen gerne mal Gesellschaft. Die Wespen anzupusten, wäre allerdings grundfalsch. Durch den CO2-Stoß werden die Tierchen im Zweifel tatsächlich aggressiv.

Darf man Wespen einfach töten?

So wie Bienen gelten auch Wespen als gefährdet und stehen daher unter Artenschutz. Ohne einen „vernünftigen Grund“ nach §39 BNatSchG dürfen sie nicht gefangen, verletzt oder getötet werden. Ebenso ist es verboten, ihre Nester zu zerstören. Eine Ausnahme gilt für Allergiker, weil für sie im Falle eines Wespenstichs mitunter Lebensgefahr besteht. Für alle andere Menschen kann es laut Bußgeldkatalog bis zu 50.000 Euro kosten, eine Wespe oder ein Nest zu vernichten.

Wie kann man Wespen dann loswerden?

Helfen können kleine Ablenkungsmanöver, um den Süßhunger der Wespen zu stillen. Man kann zum Beispiel ein Stück Obst an anderer Stelle des Balkons oder Gartens hinlegen. Lebensmittel oder Gläser mit süßen Getränken sollte man abdecken und Kindern nach dem Genuss süßer Speisen den Mund abwischen. Auch bunte Kleidung und der Duft von Parfüm ziehen Wespen an. Weiße Kleidung schreckt hingegen eher ab. Helfen kann auch, die Wespen mit Wasser anzusprühen, weil sie dann denken, dass es regnet.

Sobald ein Wespennest im Spätherbst verlassen wird, kann man es entfernen und das Umfeld gründlich reinigen. Dadurch kann man verhindern, dass sich die Insekten in der kommenden Saison an dieser Stelle wieder niederlassen.

Weitere Tipps finden Sie hier: Wespen vertreiben und Stiche heilen: Experten geben Tipps

Was tun bei einem Wespenstich?

Sollte es einen doch einmal erwischt haben, dann ist das wirksamste Mittel nach einem Wespenstich eine halbierte Zwiebel. Sie hilft einerseits durch die ätherischen Öle und andererseits durch Kühlung. Auch ein Eiswürfel oder ein kühl-feuchtes Tuch können helfen, um einer Schwellung entgegenzuwirken. Größte Vorsicht ist bei einem Stich im Halsbereich von außen oder durch das Verschlucken einer Wespe von innen geboten. Hier muss ohne Zeitverlust ein Arzt aufgesucht werden. Die Schwellung kann ansonsten zu Atemnot bis hin zur Erstickung führen.

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