Mülheim/Essen. Tausende sahen die Moornixe untergehen: Zwei Jahre nach dem Ruhr-Hochwasser liegt sie weiter auf dem Trockenen. Dabei gibt es einen neuen Hafen.
Die Moornixe liegt immer noch auf dem Trockenen. Schwimmen wird das Schiff nie wieder, das in der Flut im Sommer 2021 spektakulär unterging. Man hat es gerettet, aus dem Wasser gezogen, allein: Wiederzubeleben war der einst stolze Ausflugsdampfer vom Baldeneysee nicht mehr. Trotzdem soll das Wrack eine Zukunft haben – wann die aber beginnt, ist weiterhin unklar.
Auf dem Landweg zurück nach Hause, so ist der Plan für den „ollen Kahn“. Das ist so liebevoll gemeint, wie das kleine Schiff liebgehabt wird: 33 Tonnen Kruppstahl, 1933 als erster Dampfer überhaupt auf dem neuen Baldeneysee im Essener Süden unterwegs, zwischendurch im deutschen Norden umgetauft, für eine fünfstellige Summe zurückgekauft als Liebhaber-Objekt. Sie war ja gerade fertig geworden, flottgemacht und handgestrichen von ihren eigenen Freizeit-Kapitänen, als das Wasser kam. „Die hat einen Weltkrieg ausgehalten“, sagte einer entsetzt, „und dann kommt ein dämliches Hochwasser.“ Ihre letzte Fahrt war ein Junggesellenabschied; dass es auch ein Abschied von der Nixe war, konnte da noch niemand ahnen.
Das Video vom Untergang der Moornixe sahen Tausende
Ihren Untergang indes haben viele gesehen: Jenes Video vom 15. Juli 2021, das zeigt, wie die tobende und tosende Ruhr, die in Mülheim eigentlich ein Flüsschen ist, das vom Ufer losgerissene Schiff ans Wehr treibt, wie es kentert und in Sekundenschnelle unter den Walzen verschwindet. Sie haben es wiedergefunden in einer Bucht, in aufwändiger, tagelanger Arbeit gehoben: Da war es Oktober, und das Boot hatte längst Grünspan angesetzt und Rost. Verbeult und verbogen kam die Moornixe wieder ans Licht, Eigner Heinz Hülsmann verließ schon am Anleger der Mut: „Ich kenne keinen Riesen, der das wieder geradezieht.“
Ein stolzer Dampfer liegt immer noch auf dem Trockendock
Sie haben auch keinen kennengelernt. Mehrere Werften untersuchten die Patientin, konnten Hülsmann keine neue Hoffnung machen. Im Dezember 2021 sagte er der WAZ: „Das würde mindestens 100.000 Euro kosten, vielleicht auch bis zu einer Million.“ Und nun? Ideen gab es, das Flutopfer zum Mahnmal zu machen für Katastrophe und Wiederaufbau, sie für immer ankern zu lassen als Denkmal für das verheerende Ruhrhochwasser… Seither liegt das Schiff auf dem Trockendock, auf dem Gelände der Mülheimer Friedrich-Wilhelms-Hütte.
Dabei ist ein neuer „Hafen“ für den kleinen Dampfer längst gefunden: Die Moornixe zieht nach Essen zurück – und auf eine Insel in der Ruhr. Die „Neue Insel“ ist ein Projekt der Diakonie, am Spillenburger Wehr im Stadtteil Bergerhausen sollen behinderte und arbeitslose Menschen neue Aufgaben finden. In alte Industriehallen ziehen ein Gastronomie-Betrieb, ein Saal für Feiern, ein Hostel für Fahrradtouristen; der Ruhrtalradweg führt am wieder in Betrieb genommenen Wasserkraftwerk entlang. Das historische Schiff soll hier ebenfalls einen Platz finden. Die Rede ist von einem Café, einer Sichtkuppel, einer Bar, neuerdings davon, die Nixe könne begehbarer Teil des Spielplatzes werden.
Sorge der Experten: Das Schiffswrack könnte auseinanderbrechen
Doch die Arbeiten verzögern sich, das Bauvorhaben wurde teurer, die geplante Eröffnung im März verschoben. Spätestens im Mai dieses Jahres sollte die Moornixe in Essen anlegen. Inzwischen hat sich ein Unternehmen gefunden, das den Transport übernimmt. Denn der war schon bei der Bergung aus der Ruhr in Mülheim nicht einfach: Die Experten sorgten sich, das mehrfach leckgeschlagene Schiff könne gänzlich auseinanderbrechen. Derzeit klärt ein Statiker auf dem Grundstück noch letzte Details.
Einen Termin aber für den Umzug gibt es nach wie vor nicht. Reisen aber wird der Dampfer mit seinem alten neuen Namen: Man wird ihn wieder zurücktaufen, den alten Schriftzug an die Bordwand pinseln: „Baldeney“. Die Nixe, jene Galionsfigur, nach der das Schiff zwischenzeitlich benannt worden war, ist ohnehin – in der Ruhr ertrunken. Sie tauchte nie wieder auf.
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