Mülheim. Drei Monate nach dem Hochwasser haben Experten das gesunkene Fahrgastschiff „Moornixe“ in Mülheim geborgen. Ob sie aber je wieder fahren kann?

Sie schwimmt wieder! „Das ist das Schöne“, sagt Eigner Heinz Hülsmann am Donnerstagmittag ein wenig gerührt, als er die ersten Bilder sieht: Die „Moornixe“, untergegangen im reißenden Hochwasser der Ruhr, ist wieder aufgetaucht. Aufgetaucht worden, muss man wohl sagen nach dreieinhalb Arbeitstagen der Bergungsfirma. Allein, was da an Mülheims Ufer vertäut wird, hat nur noch wenig Ähnlichkeit mit dem einst stolzen Fahrgastschiff der Weißen Flotte.

Hülsmann selbst zieht das Schiff an den Ponton, reicht dazu dem Taucheinsatzleiter die Hand, die kreisende Pulle Magenbitter nimmt er nicht. „Wenn’s oben schwimmt, muss das begossen werden“, mahnt jemand vom Bergungsteam, aber Heinz Hülsmann muss erstmal gucken. Es riecht nach Fluss-Schlamm, in einer tiefen Delle an Deck kann Michael Tybus, von den Haaren abwärts braun vom Öl, schon wieder lachen: „Einen Riss hat’s, dat hier musste neu machen und das Oberdeck und feddich.“ Aber ehrlich, an Land sagt der Taucher später leise: „Ist schon scheiße.“

Ein Feuerwehrboot mit 50 PS-Motor zieht 33 Tonnen „Moornixe“ an Land

„Gemischte Gefühle“: Heinz Hülsmann darf das erste Mal an Bord. Die Schäden sind groß.
„Gemischte Gefühle“: Heinz Hülsmann darf das erste Mal an Bord. Die Schäden sind groß. © FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Da steht der „Chef“ allein im Bug, eine Libelle schwebt um die gelben Säcke, die das Schiff gehoben haben aus der Tiefe, aber was Heinz Hülsmann wahrnimmt, hat mit Schönheit wenig zu tun. „Man sieht viel Arbeit“, sagt er. Die Welle ist aus dem Rumpf gerissen, der Steuerstand fort, Kabel liegen verknotet kreuz und quer, überall ist Metall verbogen, gerissen, verbeult und gerostet. Eine Menge Schrott haben ganze 50 PS eines Feuerwehrbootes da an Land gezogen, „ob man das wieder hinkriegt in der alten Form...“? Man sieht den Eigner plötzlich zweifeln.

„Gemischte Gefühle“, sagt er in die Kameras, und so ist es ja den ganzen Tag gewesen. Früh am Morgen, der Nebel hängt noch tief über dem Wasser, da ist Hülsmann angespannt, aber er hat „noch Hoffnung“: Wenn die Schraube noch dran ist, der Rumpf okay, „ich kenne keinen Riesen, der das sonst wieder geradezieht“, dann wird alles gut. „In drei, vier Stunden schwimmt der Kahn wieder.“ So ist der Plan, den das Taucher-Team Triton schon um einen Tag verlängern musste: Es waren noch Aufbauten abzusägen, hieß es, dabei sind überhaupt gar keine mehr da.

Hebesäcke werden aufgeblasen

Morgens entdecken sie noch Löcher im Schiffsbauch, aber die können sie stopfen, die Pumpen pumpen das Flusswasser schneller hinaus, als es hereinkommt. Der Stress ist am anderen Ende des Naturschutzgebiets nur akustisch zu erahnen: Dem Taucher Christian Wegener hat es am Mittag die Sprache verschlagen, so viele Stunden schreit er gegen die Generatoren an. Von der Brücke des Stauwehrs aus versuchen Schaulustige, einen Blick zu erhaschen, doch was sie sehen, sind nur die Hebesäcke, die eine Fernsteuerung immer weiter aufbläst.

Wo sie stehen, ging die „Moornixe“ am 15. Juli unter, Tausende haben das Video gesehen: wie das 33 Tonnen schwere Schiff abtreibt, vor die Mauer prallt, zwischen den Walzen verschwindet in Sekunden. Hülsmann weiß bis heute nicht, wie das passieren konnte: Vier Anker, Seile, Ketten sicherten sein Boot, es war ein ganzer Baum im tosenden Hochwasser, der alles auseinanderriss. „Keiner kann sagen, woher der Stamm kam“, weshalb nun auch die Versicherung nicht zahlt. Wem gehörte der Baum?

Aus dem Wasser taucht auf: eine Menge Schrott

Ein Haufen Schrott oder doch noch ein Schiff, das wieder flott gemacht werden kann? Die Moornixe kurz nach dem Auftauchen.
Ein Haufen Schrott oder doch noch ein Schiff, das wieder flott gemacht werden kann? Die Moornixe kurz nach dem Auftauchen. © FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Es ist viertel vor neun, als unter der Wasseroberfläche das Deck zu erkennen ist, hinten offen, das Steuerrad schief. Weil der Bug kippt, muss noch ein weiterer Hebesack her, neun sind es am Ende. Grünspan zieht sich über den Lack, der einmal weiß war, zentimeterweise wächst das Rot des Unterschiffs, an der Reling hängt ein blau-weiß gestreifter Pullover. Es ist viertel nach zehn, als es schon als Schiff zu erkennen ist mit zwei Mann an Bord, sie rufen um Hilfsmittel wie ein Arzt bei einer Operation: „Plane! Tau!“ Jemand spricht von einem „Wrack“.

„Ich dachte, dass mehr kaputt ist“, sagt hingegen Jürgen Schwittek, der kopfschüttelnd vor den Live-Bildern steht: „Ich kann das gar nicht glauben.“ Schwittek trägt eine Mütze mit der Aufschrift „Skipper“, er war einer der Kapitäne, seit die „Moornixe“, zurückgekehrt von langen Jahren im deutschen Norden, wieder fuhr auf der Ruhr. Er hat sie gesteuert bei ihrem letzten Einsatz vor der Flut, es war ein Junggesellenabschied. Als die Feuerwehr ihn anrief mit der Nachricht, das Schiff sei gesunken, „liefen mir die Tränen übers Gesicht“. Gerade hatten sie es noch in Duisburg auf der Werft gehabt, selbst geputzt und gestrichen, „per Hand jeden Zentimeter“.

Erstes Bergungsunternehmen wollte das Fahrgastschiff „schlachten“

Zwei Photovoltaik-Anlagen haben sie aufgebaut und einen Kühlschrank ein, es ist alles weg. Aber es waren nur Stangen, Holz und Pappmaché, „das ist nicht das Problem“, sagt Schwittek: „Nur Material, so lange es keine Menschenleben getroffen hat.“ Ein erstes Bergungsunternehmen wollte die Moornixe gleich komplett verschrotten, „schlachten“, sagt Schwittek. Dabei sei die ehemalige „Baldeney“ noch aus echtem Kruppstahl gebaut 1933, „die hat einen Weltkrieg ausgehalten, und dann kommt ein dämliches Hochwasser“.

Bergung der Moornixe in Bildern

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Die "Moornixe", die am Fluttag im Juli spektakulär unterging, wird nach zwei Tagen der Vorbereitung gehoben.  © Fabian Strauch / FUNKE Foto Services | Fabian Strauch
April 2020: Reiner Berner, rechts, und Schiffseigner Heinz Hülsamm stehen auf dem alten Fahrgastschiff von 1933, die Baldeney. Schiffseigner Heinz Hülsmann hat mit seinem Freund Reiner Berner das Schiff von Castrop Rauxel nach Mülheim überführt. Nun steht das Schiff an der Ruhrpromenade in Mülheim. Foto: Kerstin Kokoska/ FUNKE Foto Services
April 2020: Reiner Berner, rechts, und Schiffseigner Heinz Hülsamm stehen auf dem alten Fahrgastschiff von 1933, die Baldeney. Schiffseigner Heinz Hülsmann hat mit seinem Freund Reiner Berner das Schiff von Castrop Rauxel nach Mülheim überführt. Nun steht das Schiff an der Ruhrpromenade in Mülheim. Foto: Kerstin Kokoska/ FUNKE Foto Services © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska
Oktober 2020: Teile des ehemaligen Fahrgastschiffs Moornixe liegen am Montag, 04.10.2021, im Wasser der Ruhr in Mülheim an der Ruhr. Bei der Hochwasserkatastrophe im Juli 2021 war das Schiff von den Fluten mitgerissen, durch das Kahlenbergwehr gedrückt worden und wenige hundert Meter entfernt unweit des Ufers liegen geblieben. Nun wird alles für die Bergung am Mittwoch, 06.10.2021, vorbereitet. Foto: Martin Möller / Funke Foto Services
Oktober 2020: Teile des ehemaligen Fahrgastschiffs Moornixe liegen am Montag, 04.10.2021, im Wasser der Ruhr in Mülheim an der Ruhr. Bei der Hochwasserkatastrophe im Juli 2021 war das Schiff von den Fluten mitgerissen, durch das Kahlenbergwehr gedrückt worden und wenige hundert Meter entfernt unweit des Ufers liegen geblieben. Nun wird alles für die Bergung am Mittwoch, 06.10.2021, vorbereitet. Foto: Martin Möller / Funke Foto Services © FUNKE Foto Services | Martin Möller
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Die "Moornixe", die am Fluttag im Juli spektakulär unterging, wird nach zwei Tagen der Vorbereitung gehoben. Die Hebung wird voraussichtlich ab 9 beginnen. Geschleppt wird die „Moornixe“ zur Hundewiese etwas flussabwärts (Rtg Norden). Foto: Fabian Strauch / FUNKE Foto Services GmbH © Fabian Strauch / FUNKE Foto Services | Fabian Strauch
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Die "Moornixe", die am Fluttag im Juli spektakulär unterging, wird nach zwei Tagen der Vorbereitung gehoben. Die Hebung wird voraussichtlich ab 9 beginnen. Geschleppt wird die „Moornixe“ zur Hundewiese etwas flussabwärts (Rtg Norden). Foto: Fabian Strauch / FUNKE Foto Services GmbH © Fabian Strauch / FUNKE Foto Services | Fabian Strauch
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Die "Moornixe", die am Fluttag im Juli spektakulär unterging, wird nach zwei Tagen der Vorbereitung gehoben. Die Hebung wird voraussichtlich ab 9 beginnen. Geschleppt wird die „Moornixe“ zur Hundewiese etwas flussabwärts (Rtg Norden). Foto: Fabian Strauch / FUNKE Foto Services GmbH © Fabian Strauch / FUNKE Foto Services | Fabian Strauch
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Die "Moornixe", die am Fluttag im Juli spektakulär unterging, wird nach zwei Tagen der Vorbereitung gehoben. Die Hebung wird voraussichtlich ab 9 beginnen. Geschleppt wird die „Moornixe“ zur Hundewiese etwas flussabwärts (Rtg Norden). Foto: Fabian Strauch / FUNKE Foto Services GmbH © Fabian Strauch / FUNKE Foto Services | Fabian Strauch
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Die "Moornixe", die am Fluttag im Juli spektakulär unterging, wird nach zwei Tagen der Vorbereitung gehoben. Die Hebung wird voraussichtlich ab 9 beginnen. Geschleppt wird die „Moornixe“ zur Hundewiese etwas flussabwärts (Rtg Norden). Foto: Fabian Strauch / FUNKE Foto Services GmbH © Fabian Strauch / FUNKE Foto Services | Fabian Strauch
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Die "Moornixe", die am Fluttag im Juli spektakulär unterging, wird nach zwei Tagen der Vorbereitung gehoben. Die Hebung wird voraussichtlich ab 9 beginnen. Geschleppt wird die „Moornixe“ zur Hundewiese etwas flussabwärts (Rtg Norden). Foto: Fabian Strauch / FUNKE Foto Services GmbH © Fabian Strauch / FUNKE Foto Services | Fabian Strauch
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Die "Moornixe", die am Fluttag im Juli spektakulär unterging, wird nach zwei Tagen der Vorbereitung gehoben. Die Hebung wird voraussichtlich ab 9 beginnen. Geschleppt wird die „Moornixe“ zur Hundewiese etwas flussabwärts (Rtg Norden). Foto: Fabian Strauch / FUNKE Foto Services GmbH © Fabian Strauch / FUNKE Foto Services | Fabian Strauch
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Die "Moornixe", die am Fluttag im Juli spektakulär unterging, wird nach zwei Tagen der Vorbereitung gehoben. Die Hebung wird voraussichtlich ab 9 beginnen. Geschleppt wird die „Moornixe“ zur Hundewiese etwas flussabwärts (Rtg Norden). Foto: Fabian Strauch / FUNKE Foto Services GmbH © Fabian Strauch / FUNKE Foto Services | Fabian Strauch
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Aber „da isse ja“, sagt Heinz Hülsmann froh, als die Nixe anlegt, umrahmt von einer Ölsperre der Feuerwehr. „Ihr hättet sie ja mal putzen können.“ Galgenhumor. Er wird Fachleute brauchen, viel Zeit und eine Menge Geld. 100.000 Euro, das ahnte er schon, kostet allein die Bergung. Davon schippert sie noch nicht wieder und ist auch längst nicht wieder schön. Was ihr auch fehlt, ist ihre Gallionsfigur: die Nixe. Taucher aus Essen suchen am Donnerstag, dort, wo das Schiff im Juli das Wehr durchbrach. Auch ein Kompressor ist verlustig. Doch sie finden … nur einen Schraubenschlüssel.