Oberhausen/Essen. Das Ruhrgebiet ist längst zu einem beliebten Touristenziel geworden. Aber warum kommen die Menschen hier her? Wir haben sie gefragt.

Grauer Plattenbau, dampfende Kraftwerke, schmutzige Straßen – dem Ruhrgebiet hing der Ruf der Industrieruine lange nach. Längst hat die Region deutlich mehr zu bieten und wird auch bei Touristen immer begehrter. Laut der Ruhr Tourismus GmbH zählte die Metropole Ruhr im Jahr 2022 rund 7,6 Millionen Übernachtungen und 3,7 Millionen Ankünfte. Damit sei das Ruhrgebiet inklusive Duisburg und dem Kreis Wesel die gefragteste Region in ganz NRW.

Die meisten Gäste kämen aus Nordrhein-Westfalen, Hessen, Niedersachsen und aus dem Ausland, unter Letzterem vor allem aus den Niederlanden, Großbritannien und Polen. Aber warum zieht es die Menschen plötzlich in den Pott, wo die Städte so lange als hässlich und schmutzig galten? Die Gründe sind vielfältig.

Stellplatzbetreiber aus Oberhausen: „Viele Gäste bleiben oft länger als geplant“

Ein beliebtes Ziel im Ruhrgebiet ist zum Beispiel der Wohnmobilplatz am Kaisergarten in Oberhausen. Selbst an einem regnerischen Samstagnachmittag im Juni sind fast alle 30 Stellplätze ausgebucht. Nur 20 Minuten Fußweg von Centro, Sea-Life, Legoland und Konzertarena entfernt, liegt die Unterkunft in einer grünen Oase umringt von Fahrradwegen, Gewässern und Wildtiergehegen. Die Autokennzeichen verraten, dass die Gäste an diesem Tag unter anderem aus Osnabrück, Gummersbach und dem Landkreis Emsland kommen.

Thomas Loth betreibt den Wohnmobilstellplatz am Oberhausener Kaisergarten und empfängt auch regelmäßig Gäste aus dem Ausland.
Thomas Loth betreibt den Wohnmobilstellplatz am Oberhausener Kaisergarten und empfängt auch regelmäßig Gäste aus dem Ausland. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Betreiber Thomas Loth schätzt, dass jährlich drei bis vier Tausend Camper auf seinem Platz Halt machen. „Rund 20 bis 30 Prozent davon kommen aus dem Ausland“, sagt er. Darunter Holländer, Engländer, Dänen, Franzosen und Belgier. Andere Gäste kämen häufig aus Ostfriesland oder Norddeutschland und suchen im Ruhrgebiet zu Ferienzeiten Ruhe, während ihre Heimatstädte von Touristen überrannt werden.

„Die meisten Gäste sind auf der Durchreise und wollen nur einen kurzen Zwischenstopp einlegen“, sagt Loth. Aber viele Reisende blieben oft auch länger als geplant, weil sie überrascht davon seien, wie grün das Ruhrgebiet geworden ist und wie viel es zu entdecken gibt. „Was hier auf engstem Raum geboten wird, ist schon der Wahnsinn“, so der Oberhausener.

Laut Ruhr Tourismus zählen zu den beliebtesten Ausflugszielen im Ruhrgebiet vor allem zahlreiche Industriedenkmäler wie das UNESCO-Welterbe Zollverein in Essen oder der Landschaftspark in Duisburg. Die Region soll bei Gästen aber auch für ihre Kreativszene mit bunten Bars, Kunstgalerien und Musikfestivals bekannt sein. Auch die vielen Grünflächen und kilometerlangen Wander- und Fahrradwege seien beliebt.

Warum zieht es euch ins Ruhrgebiet? Touristinnen und Touristen antworten:

Eheleute Birgit und Joachim F. aus Stade: „Die Ruhrpottler tragen ihr Herz auf der Zunge“

„Wir waren vergangene Woche auf Dienstreise in Roermond und haben auf dem Rückweg in Oberhausen Halt gemacht, weil wir uns den Gasometer anschauen möchten. Es ist bemerkenswert, wie sehr sich die Gegend hier gewandelt hat. Wir mögen die Mentalität der Ruhrpottler. Die Menschen tragen ihr Herz auf der Zunge, alle sind direkt beim Du – das ist sympathisch und eine schöne Abwechslung zu den sturen Norddeutschen.“

Birgit und Joachim F. aus Stade legten mit Hund Charly nach ihrer Dienstreise einen Zwischenstopp in Oberhausen ein.
Birgit und Joachim F. aus Stade legten mit Hund Charly nach ihrer Dienstreise einen Zwischenstopp in Oberhausen ein. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Camper Frank Klawitter aus Wermelskirchen: „Das Ruhrgebiet verbindet Industriekultur und Erholung“

Das Ruhrgebiet ist schon lange nicht mehr das dreckige und stinkende Loch, wie man es von früher kennt. Für uns aus dem bergischen Land – wo es fast nur pure Natur gibt – bieten die Ruhrgebietsstädte ein ganz besonderes Flair, das Großstädte mit historischer Industriekultur und erstklassige, grüne Erholungsgebiete über kurze Distanzen miteinander verbindet.“

Christina und Matthias B. aus Haselünne: „Uns ziehen Festivals und Freunde her“

„Wir kommen regelmäßig ins Ruhrgebiet, um unsere Freunde Jana und Simon in Duisburg zu besuchen. Dieses Wochenende gehen wir alle zusammen zu „Ruhr in Love“ und übernachten im Wohnmobil. Man sieht schon noch viel unschöne Industrie, wenn man ins Ruhrgebiet reinfährt. Aber es ist auch überraschend, wie grün und friedlich es an vielen Stellen ist. Sonst sind wir eher im Schwarzwald oder an der Nordsee mit dem Camper unterwegs. Aber wir kommen auch gerne wieder hierher.“

Dominic Püpke (31) und Rafael Dos Santos (39) aus Lingen: „Wir entspannen während unsere Frauen feiern“

„Unsere Frauen sind heute bei „Ruhr in Love“ und wir sind mitgekommen, um auf Hund und Kind aufzupassen und ein bisschen Zeit in der Natur zu verbringen. Wir waren schon öfter für Konzertbesuche in der Gegend. Dieses Wochenende werden wir grillen, Bier trinken, Karten spielen und im Grünen Spazieren gehen.“

Domenic Püpke aus Lingen (l.) macht sich mit Sohn Ivar und Kumpel Rafael Dos Santos (r.) ein entspanntes Wochenende im Ruhrgebiet.
Domenic Püpke aus Lingen (l.) macht sich mit Sohn Ivar und Kumpel Rafael Dos Santos (r.) ein entspanntes Wochenende im Ruhrgebiet. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Camperin Sabine Frings aus Köln: „Wie schön grün es hier doch ist“

„Wir sind in der vergangenen Adventszeit mit dem Wohnmobil nach Oberhausen gekommen, um uns den schönen Weihnachtsmarkt anzusehen. Bei einem Spaziergang am Rhein-Herne-Kanal und durch den Tierpark, konnten wir uns gut vorstellen, im Sommer mal mit den Rädern zu kommen. Gesagt, getan. Dabei haben wir festgestellt, wie schön grün doch das Ruhrgebiet ist. Wir kommen auf alle Fälle wieder.“

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