Ruhrgebiet. Das Ruhrgebiet spricht eine neue Zielgruppe an: Menschen, die „unkonventionell, digital, kosmopolitisch und neugierig“ sind. Sie eint noch mehr.

Noch ist es nur ein kleiner Kumpel: „Tipps von Locals“ kann man sich bei ihm abholen, findet unter anderem einen „Graffiti-Walk zum Nachspazieren“ oder eine „Mädelswanderung Teil 3“. Wohin diese Wanderung geht, wird hier nicht verraten. Aber wohin die Reise geht, gehen soll, das ahnt man. Ins Ruhrgebiet, versteht sich.

Also: Der Internet-Auftritt www.reisekumpel.ruhr, der gerade erst im Aufbau ist, soll von August an eine neue Zielgruppe für das Ruhrgebiet ansprechen. Und zwar Menschen, die „unkonventionell, digital, kosmopolitisch und neugierig sind“, sagt Axel Biermann, der Geschäftsführer der Ruhr Tourismus GmbH (RTG), als er am Freitag die neue Strategie im Szene-Café „Stüh33“ in Bochum vorstellt. Das Gebäude ist eine frühere Fabrik, jetzt voller Kreativer. Passt.

„Alles, was wir anbieten können, wollen wir digital sichtbar machen“

Die Camera Obscura in Mülheim ist die größte begehbare ihrer Art - und ein früherer Eisenbahn-Wasserturm.
Die Camera Obscura in Mülheim ist die größte begehbare ihrer Art - und ein früherer Eisenbahn-Wasserturm. © Ruhr Tourismus | Dennis Stratmann

Denn da das Ruhrgebiet weiter nicht an die klassischen Städtereise-Ziele heranreicht, will die RTG es zusätzlich erfinden als „Kreativ-Destination“. Deren Zielgruppe ist jung, sie ist nicht arm, sie ist Vorreiter für andere Gruppen. Sie hat angeblich keine Vorurteile mehr über das Ruhrgebiet und entfernt sich gern von touristischen Trampelpfaden - wer würde sie da nicht gern willkommen heißen? Dass diese Leute in der Imponiergehabe-Sprache der Werbeagenturen die „Expeditiven“ heißen, muss man sich dagegen nicht merken.

„Alles, was wir anbieten können, wollen wir digital sichtbar machen“, so Biermann. Am Ende stehe ein komplettes touristisches Angebot „von Buchung bis Busfahrplan“. Industriekultur bleibe das Alleinstellungsmerkmal des Ruhrgebiets, aber der kommende Reisekumpel setzt andere Akzente: „Pepp deinen Kleiderschrank nachhaltig auf“, „Versteckte Hinterhöfe und andere coole Orte“, „Top 5 Fotospots im Ruhrgebiet bei Nacht.“

Nach dem Corona-Tal steigt 2022 wieder die Zahl der Übernachtungen

Sprache und Fotosprache richten sich danach aus, dass die Region möglichst gut aussieht in den digitalen Medien („Instagrammability“). Das Ruhrgebiet müsse überraschen, „und da rede ich nicht von dem berühmten Grün“. Eine eingespielte Frauke sagt dazu, man sei ein bisschen wie Berlin, aber „nicht so perfekt, ein bisschen ätschi“.

Die Ruhr-Tourismus hofft, aus dem tiefen Tal der Pandemie heraus zu sein. 2019 gab es 8,5 Millionen Übernachtungen von Geschäfts- und anderen Reisenden im Ruhrgebiet, 2020 nur noch 4,4 Millionen, 2021 lief ein kleines bisschen besser. Die ersten beiden Monate 2022 „waren wirklich gut“, sagt Biermann: „Aber wir werden Zeit brauchen, bis wir das 19er-Jahr wieder erreichen“. Und Kreativität.