Ruhrgebiet. Für Hochzeiten gibt es kaum noch Auflagen. Ob das so bleibt, ist nicht sicher: Die neue Coronaschutzverordnung könnte strengere Regeln bringen.

„Es hat sofort gefunkt“, sagt Kirsten Wiemann und strahlt. Vor fünf Jahren lernte die 36-Jährige ihren Verlobten im Internet kennen. Seit Mai vergangenen Jahres plant das Paar seine Hochzeit. „Wir hatten uns gleich den 18. September ausgesucht.“ Doch obwohl es seit dem 20. August – mit Ausnahme der PCR-Testpflicht für ungeimpfte Gäste – keine Auflagen mehr für Hochzeiten gibt, bangt das Paar um die Feier. Das Problem: Am 17. September, einen Tag zuvor, läuft die Coronaschutzverordnung des Landes aus.

„Unsere größte Sorge ist, dass alles abgesagt wird“, sagt Kirsten Wiemann. Und das Paar ist nicht allein: Auch Verena und Alex wollen in einer Woche ihre Hochzeit feiern. 2019 bekam die junge Frau bei einem Urlaub in London den Antrag. „Die Planung läuft also schon seit zwei Jahren“, sagt sie. Zu der Feier kämen auch Gäste aus Schweden und den USA. Die Flüge und Hotelzimmer, die Location, Fotograf, Deko-Team und DJ – „alles ist gebucht.“ Und so eine Hochzeit „lässt sich nicht innerhalb von ein paar Tagen verschieben“, weiß Verena aus eigener Erfahrung. Nach der standesamtlichen Trauung im März wollte das Paar eigentlich im April feiern. „Wir sind froh, dass wir für dieses Jahr überhaupt noch einen Termin bekommen haben.“

Daniel Peulen, Hochzeitsplaner aus Essen, ist optimistisch. „Ich glaube nicht, dass eine neue Verordnung uns das Feiern verbieten wird.“ Es könne allerdings sein, dass Ungeimpfte nicht mehr mittanzen dürfen – auch nicht mit einem PCR-Test. Kirsten Wiemann hat ihre ungeimpften Gäste daher vorgewarnt: „Wir haben sie darauf hingewiesen, dass es sein kann, dass wir ohne sie feiern müssen.“

PCR-Test: „Viele Brautpaare wollen die Kosten nicht übernehmen“

Genauso wie den Paaren fehlt der Veranstaltungsbranche Planungssicherheit. Eine Frage, die seit Wochen im Netz kursiert: Brauchen auch Dienstleister einen PCR-Test, wenn sie nicht geimpft oder genesen sind? „Ja“, sagt Heiko Haffmans vom NRW-Gesundheitsministerium. Handle es sich um eine Feier, auf der getanzt wird, benötigten auch sie ein negatives Labortestergebnis. Wer aber trägt die Kosten? So ist der PCR-Test – im Gegensatz zum Schnelltest – mit 50 bis 100 Euro bereits kostenpflichtig.

„Viele Brautpaare wollen die Kosten nicht übernehmen“, bedauert Hochzeitsfotograf Benno van Walsem, der sich aufgrund möglicher Nebenwirkungen vorerst gegen eine Impfung entschieden hat. Sie buchten dann lieber einen geimpften Dienstleister. Und das Angebot ist groß: Auf Facebook werben zahlreiche DJs, Fotografen und Trauredner mit ihrer zweifachen Impfung.

Auch interessant

„Die Gäste fragen explizit danach“, begründet Walter Weilmünster. Seit mehr als 20 Jahren ist der Duisburger als „DJ Walli“ im Ruhrgebiet unterwegs. „Vor Corona“, sagt er, „habe ich ab April jedes Wochenende eine Hochzeit gehabt.“ In diesem Jahr sei es maximal eine im Monat. Dass er den vollen Impfschutz hat, sei daher kein Geheimnis. „Ich denke schon, dass es Nachteile hat, wenn man als Dienstleister nicht geimpft ist“, sagt Weilmünster. Zu groß sei die Angst der Paare, dass die Feier ausfallen muss, weil das Testergebnis nicht rechtzeitig da ist.

„Ich möchte den Brautpaare diese Unsicherheit nicht zumuten“

Fotograf Benno van Walsem nimmt aus diesem Grund keine Hochzeitsfeiern mehr an. „Ich möchte den Brautpaaren diese Unsicherheit nicht zumuten“, sagt er. 48 Stunden – älter darf das Testergebnis nicht sein – seien sehr knapp bemessen. „Wenn ich am Donnerstag einen Test machen lasse, kann es sein, dass ich das Ergebnis erst bekomme, wenn die Feier schon vorbei ist.“ Und: Ist das Ergebnis positiv, bleibe ihm kaum Zeit, Ersatz zu besorgen.

„Das ist ein massiver Druck, der auf die gesamte Veranstaltungsbranche ausgeübt wird“, sagt van Walsem. Und selbst wenn er sich dazu entscheide, die Kosten, das Risiko und den zeitlichen Aufwand in Kauf zu nehmen: „Spätestens, wenn sich die Locations für ein 2G-Modell entscheiden, brauche ich mir über einen PCR-Test keine Gedanken mehr zu machen.“

Location-Betreiber von Corona gebeutelt: „Wir freuen uns über jeden Gast“

Bislang haben allerdings nur wenige Gastronomen im Ruhrgebiet angekündigt, künftig nur noch Geimpfte und Genesene zu bedienen. „Grundsätzlich ist das 2G-Modell eine vernünftige Sache“, sagt Markus Liptow, Inhaber der Gastronomie im Hertener Schloss, einer bei Paaren beliebten Hochzeitslocation. „Wir sind aber sehr von Corona gebeutelt und freuen uns über jeden Gast.“

Das Wasserschloss in Herten ist eine beliebte Hochzeitslocation im Ruhrgebiet.
Das Wasserschloss in Herten ist eine beliebte Hochzeitslocation im Ruhrgebiet. © Funke Foto Services | Lars Heidrich

Brautpaare, die freiwillig auf ihre ungeimpften Freunde und Familienmitglieder verzichten, habe es bislang nicht gegeben, sagt Liptow. Grundsätzlich sei eine „2G-Feier“ aber zu stemmen: So hätten die meisten Betreiber einen Pool aus zum Beispiel 30 Mitarbeitern, von denen etwa zwölf bis 15 eine Feier betreuten. „Das Personal im Schloss Herten ist zu 89 Prozent geimpft“, sagt Liptow. Der Rest habe schon die erste Spritze erhalten.

Hohe Kosten: Gäste wollen für Hochzeit keinen PCR-Test machen lassen

Obwohl das Gesundheitsministerium in NRW keine Obergrenze mehr vorgibt, größere Partys planen die Menschen im Ruhrgebiet nicht – im Gegenteil: Paare korrigierten die angegebene Gästezahl eher nach unten, sagt Markus Liptow, der im Schnitt 75 bis 80 Gäste im Haus hat. Der Grund: Einige ihrer Gästen wollten für die Feier keinen PCR-Test machen lassen.

„Ich denke, dass alle Beteiligten in dieser Situation Verständnis haben müssen“, sagt Eventmanager Daniel Peulen. Paare müssten verstehen, dass Gäste neben den Kosten für Anreise, Hotelübernachtung und Geschenk nicht noch einen Test bezahlen möchten. Wer sich weder impfen noch testen lassen wolle, müsse wiederum akzeptieren, dass die Party ohne ihn steigt.

Kirsten Wiemann und ihr Verlobter haben sich von Beginn an nur für die Familie und engsten Freunde entschieden. Von den 60 Gästen seien 50 vollständig geimpft. „Dennoch lassen wir uns von jedem Gast einen Schnelltest zeigen, um beruhigt feiern zu können.“ Auch Verena und Alex haben sich für diese Sicherheitsvariante entschieden. Eine Garantie, dass die Feier stattfinden kann, gibt es jedoch nicht. „Die Ungewissheit macht uns am meisten zu schaffen“, sagt Verena. Und so bleibt eines in jedem Fall auf der Strecke: „Erst jetzt, eine Woche vor der Hochzeit, freue ich mich so langsam auf unseren großen Tag.“

Hochzeit: Testpflicht für ungeimpfte Gäste

■ Wer nicht geimpft oder genesen ist, darf an privaten Feiern mit Tanz nur dann ohne Maske teilnehmen, wenn ein negativer PCR-Test vorliegt.

■ Ab einer Inzidenz von 35 ist ein PCR-Test zwingend erforderlich.

■ Ausgenommen von der Testpflicht sind Kinder sowie Schülerinnen und Schüler. Sie dürfen an privaten Feiern mit Tanz auch ohne PCR-Test teilnehmen.