Essen. Modernes Möbeldesign verbunden mit der Geschichte des Ruhrgebiets: Mit „Kumpelkram“ rühren zwei Freunde aus Essen ehemalige Bergleute zu Tränen.
Julian und Max sind mehr als nur beste Freunde – sie sind Kumpel. Während der Ausbildung lernen sich die beiden unter Tage kennen. „Die gemeinsame Zeit dort hat uns geprägt“, sagt Max. Mit „Kumpelkram“ holen sie nun, knapp drei Jahre nachdem die letzte Zeche Deutschlands in Bottrop geschlossen wurde, die Kohle in die eigenen Wände: „Wir möchten, dass unsere Möbel an die Geschichte des Ruhrgebiets erinnern“, sagt der 28-Jährige. „Unsere Möbel sind ein Stück Heimat.“
Max Störbeck, eigentlich Maximilian, wächst in Herne auf. Nach seiner Ausbildung zum technischen Produktdesigner für Maschinen- und Anlagenbau konstruiert er Wettertüren und baut sie unter anderem in Steinkohlebergwerken ein. Julian Kuhnle ist gelernter Schlosser, machte seine Lehre bei demselben Unternehmen. „Es ist nass und tropft von der Decke“, erinnert sich Max an seinen ersten Arbeitstag in tausend Metern Tiefe. „Einfach schäbig, kein Ort zum Wohlfühlen. Respekt, wer das dreißig, vierzig Jahre lang macht.“
Es ist die Kumpel-Mentalität, die den damals 19-Jährigen begeistert. „Das sind Männer, auf die ist einfach Verlass“, sagt er. Mehrere Meter groß und einige Tonnen schwer seien die Stahltüren, die die Frischluftzufuhr in den Bergwerken regulierten. „Da packt jeder mit an.“ Zusammenhalten, mithelfen, sich aufeinander verlassen können: „Werte, die eine ganze Region geprägt haben“ – und Julian und Max auch heute noch wichtig sind. „Gibt es irgendwo etwas zu tun oder braucht jemand Hilfe, sind wir sofort zur Stelle.“
Kumpelkram: Designermöbel „made im Ruhrgebiet“
Und es gibt noch eine Leidenschaft, die die beiden Kumpel aus Essen teilen: Möbel im Industrial-Look. Vom Esstisch über die Garderobe bis hin zum Waschbeckenunterschrank – „Es gibt eigentlich nichts, was wir nicht selbst gemacht haben“, sagt Max, dreht seinen Laptop um und zeigt die hölzerne Bar in seinem Wohnzimmer.
Vor einigen Jahren gründet Julian mit einem Partner eine Möbelmanufaktur, später steigt auch Max mit ein. Irgendwann hätten sich die Vorstellungen der beiden Gründer aber in unterschiedliche Richtungen bewegt. Daraufhin beschließen Julian und Max, „ihr eigenes Ding“ zu machen: Sie gründen „Kumpelkram“ und verbinden damit ihre Leidenschaft für Designermöbel mit den Anfängen ihrer Freundschaft: dem Bergbau.
Zehn Stunden am Tag tüfteln die Jungunternehmer fortan an ihren Ideen, fertigen Zeichnungen an, nur um danach alles wieder zu verwerfen. In Julians Elternhaus, nur wenige Kilometer vom Weltkulturerbe Zollverein entfernt, entstehen die ersten Wandbilder. Sie bestehen aus mit Glasfaser verstärktem Kunststoff, die Kohlestruktur wird in Handarbeit modelliert. „Die Steinkohle stammt aus einem Übungsbergwerk in Recklinghausen“, sagt Max. Das feine Granulat, mit dem die Stücke beschichtet sind, sorge für die Optik und die tiefschwarze Farbe.
„Unsere Möbel sind ein Stück Heimat“
Im Dezember gingen sie mit ihrem ersten Produkt an den Markt, drei Motive stehen zur Auswahl: das Bergbausymbol Schlägel und Eisen, der Förderturm als Wahrzeichen einer ganzen Region und der Bergmann „zu Ehren der vielen mutigen und fleißigen Malocher“. Und das Design gefällt: „Nach nur einer Stunde war alles verkauft, was wir auf Lager hatten“, erzählt Max, der gemeinsam mit Julian in den Tagen vor Weihnachten die Wanddeko persönlich zu seinen Kunden lieferte.
„Ruhrgebiet – meine Heimat“: Alle Folgen finden Sie hier
Dieser Text ist Teil unserer WAZ-Serie „Ruhrgebiet – Meine Heimat“, in der wir Menschen vorstellen, die sich dem Ruhrgebiet auf eine besondere Weise verbunden fühlen. Alle Geschichten finden Sie hier:NRW-Heimatministerin: Warum „Heimat“ im Ruhrgebiet besonders ist„Ein Stück Heimat“: Kumpel aus Essen bauen Möbel mit KohleUrlaub in der Heimat: „Das Ruhrgebiet hat einiges zu bieten“Die Bude als Heimat: Wie ein Duisburger seinen Traum lebtZugewanderte aus Osteuropa: „Wir leben hier ein gutes Leben“WAZ-Leserinnen und Leser: „Diese Idylle gibt es kaum noch“
Seitdem sind neue Teile dazugekommen, eine Kommode mit Fronten im Kohle-Look, „bald kommt noch ein Regal“, so der 28-Jährige. Seit Kurzem stehen auch zwei Fördertürme aus Stahlblech in ihrem „Showroom“ in Essen – und in vielen Gärten im Ruhrgebiet. „Wir hätten nicht gedacht, dass sie so gut ankommen.“ Erst vor wenigen Monaten, im März, sind Julian und Max aus der elterlichen Garage in ihre eigenen Produktionsräume gezogen. Die Einzelteile, die sie in regionalen Handwerksbetrieben fertigen lassen, bauen sie dort zu Designermöbeln zusammen.
„Viele unserer Kunden sind ehemalige Bergleute oder Menschen, die ihren Großvätern eine Freude machen wollen“, sagt Max. Von den etlichen Nachrichten, die er erhält, ist ihm eine besonders in Erinnerung geblieben: Ein Kunde habe seinem besten Freund, einem ehemaligen Steiger, eines der Kohlebilder geschenkt. Er sei „zu Tränen gerührt“ gewesen. Aber auch jüngere Menschen fühlten sich mit dem Ruhrgebiet verbunden, hätten vielleicht einen Opa, der Bergmann war. „Der Bergbau hat eine ganze Region geprägt“, sagt der gebürtige Herner. „Wir geben der Geschichte ein Zuhause.“
Wanderbilder und Möbel gibt es im Onlineshop zu kaufen
■ Maximilian Störbeck und Julian Kuhnle verkaufen ihre Möbel und Wandbilder in ihrem Onlineshop unter www.kumpelkram.de.
■ Ein Wandbild in der Größe M (35x35 Zentimeter) kostet 159 Euro. Die Fördertürme gibt es ab 299 Euro.