Essen. Die Manufaktur „Möbelloft“ will künftig die kreativfördernde Atmosphäre des Zollverein-Kokereigeländes nutzen. Für die Gründer ist der Umzug der vorläufige Höhepunkt ihrer jungen Firmengeschichte.

Als auf Zollverein vor einigen Wochen ein Plätzchen frei wurde – 300 Quadratmeter Ausstellungsfläche im Kammgebäude auf dem Kokereigelände – da zögerten Julian Kuhnle und Clemens Frantzen nicht lange und griffen zum Hörer.

„Ihr seid genau das Unternehmen, das wir für die Räume suchen“, bekamen die beiden am anderen Ende der Leitung zu hören. Wenn ihr „Möbelloft“ – eine Manufaktur für Möbel im Industriedesign – im Sommer in direkte Nachbarschaft von RAG und Folkwang-Uni nach Stoppenberg zieht, ist das für die Jungunternehmer wohl der vorläufige Höhepunkt ihrer Erfolgsgeschichte.

Die beginnt schon vor zehn Jahren Jahren auf dem Mechtenberg in Kray: Auf der ehemaligen Zeche Bonifacius eröffnen Kuhnle und Frantzen zunächst ein Tonstudio. 2011 wollen sie an gleicher Stelle mit weiteren Querdenkern ein Kreativdorf etablieren: Die vielversprechende Idee vom Mix aus Stadtstrand, Konzertlocation und Proberäumen scheitert am Ende an zu hohen Auflagen. Unterkriegen lassen sich die beiden jungen Männer, die im Schatten des Doppelbocks in Stoppenberg aufgewachsen sind, davon nicht.

Julian Kuhnle (links) und Clemens Frantzen mit Firmenhund Scamp. Vor vier Jahren haben sie sich mit ihrem Möbelloft selbständig gemacht.
Julian Kuhnle (links) und Clemens Frantzen mit Firmenhund Scamp. Vor vier Jahren haben sie sich mit ihrem Möbelloft selbständig gemacht. © Funke Foto Services

Im Gegenteil: „Wir haben mit zwei Sofas angefangen, die eigentlich weggeworfen werden sollten. Stattdessen haben wir sie instandgesetzt, aufgemöbelt und wieder verkauft“, erinnert sich Clemens Frantzen an die Anfänge des Möbellofts, das bis heute auf dem Bonifacius-Gelände sitzt. Die beiden erkennen das Potenzial von Retro-Chic und Industriedesign, der Kombination von Stahl und Massivholz. Zunächst machen sie sich in ganz Europa auf die Suche nach jungem und außergewöhnlichem Möbeldesign.

Später kommt dann die eigene Werkstatt hinzu, in der sie auch verrückteste Kundenwünsche erfüllen: zum Beispiel einen Lederstuhl mit Beinen aus schweren Hafenketten; Wunschanfertigung für einen Hamburger Unternehmer. Oder einen vier Meter langen Esszimmertisch, der demnächst an einen Bundesliga-Fußballer geliefert wird.

Industriedesign und Retro-Chic: Das Möbelloft sitzt bis heute auf dem Bonifacius-Gelände.
Industriedesign und Retro-Chic: Das Möbelloft sitzt bis heute auf dem Bonifacius-Gelände.

„Wir probieren uns gerne aus. Das gilt auch für die Materialien“, sagt der gelernte Schlosser Julian Kuhnle, der schon Holz einer alten Eisenbahnbrücke, eines Birnbaums aus den Schweizer Alpen oder eines Olivenbaums verarbeitet hat. Wichtig sei ihnen die Zertifizierung und Nachhaltigkeit, sagt Clemens Frantzen: „Wir wollen Möbel machen, die man an seine Kinder weiter vererbt.“ Dass auch ihre Generation bereit ist, 1000 Euro und mehr für einen Esstisch auszugeben, beobachten die beiden täglich in ihren Ausstellungsräumen: „Zu unseren Kunden gehören auch junge Familien mit Kindern, die etwas Langlebiges suchen“, weiß Frantzen. Und weil das nicht nur für Tische und Stühle gilt, will das Möbelloft weiterwachsen: das Sortiment erweitern, weitere Arbeitsplätze für Schreiner, Schlosser und Produktdesigner schaffen. Die Werkstatt bleibt auf dem Mechtenberg, die Ausstellungsräume ziehen nach Zollverein um. Clemens Frantzen freut sich: „Das fühlt sich ein bisschen an wie nach Hause kommen.“

In unserer Serie wollen wir junge Designer aus Essen vorstellen, die einer neuen Unternehmergeneration angehören: Was sie neben ihrer Kreativität eint, sind Faktoren wie Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein. Wir stellen Rucksack- und Möbeldesigner ebenso vor wie ein Schwesternpaar, das seine Kunst nicht nur in Bildern, sondern auch auf Kleidung verewigt. Wir wollen zeigen, wie viel Potenzial Essen zu bieten hat.