Ruhrgebiet. Rund eine Million Männer und Frauen über 80 Jahre in NRW warten auf ihre Impfungen gegen Corona. So ist der Zeitplan für sie.
Natürlich ist Hubert Sinn am Montagmittag wieder zum Briefkasten gegangen. So wie er das jeden Mittag gemacht hat in den vergangenen Wochen. So wie es wohl Hunderttausende Senioren im Land machen in diesen Tagen. Um zu gucken ob Post da ist – ein Brief in dem steht: „Guten Tag, Sie können sich jetzt gegen Corona impfen lassen.“ Obwohl seine Familie ihm immer wieder gesagt hat. „Dauert noch.“ Aber sicher ist sicher, findet der 94-Jährige. „Man weiß ja nie.“
Jedenfalls weiß man viel zu wenig. „Wer schreibt mir denn? Mein Arzt? Meine Krankenkasse? Unser Gesundheitsamt?“, fragt Sinn und findet: „Die alten Menschen werden nicht gut informiert.“ Dabei will er sich ja impfen lassen. Lieber heute als morgen. Besuch darf er nicht kriegen, rausgehen soll er auch nicht, haben ihm seine Kinder gesagt. Sinn hält sich dran, „aber das ist das ja kein Zustand“.
"Ich höre und lese alle Nachrichten dazu"
„Ich warte darauf, dass das losgeht“, sagt auch eine Rentnerin aus Bochum, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte: „Ich höre und lese alle Nachrichten dazu.“ Und Renate L. aus Bochum möchte die Impfung ebenfalls „ganz schnell, möglichst schnell“. Aber die 81-Jährige hat noch nicht selbst nachgefragt, wo und wann das möglich sein könnte, „weil ich schon oft gelesen habe, wie überlastet diese Systeme sind“. „Ich denke: Da kommt schon jemand auf dich zu.“
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Kommt es, wie NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann am Montagmittag bestätigt. Ab der dritten Januarwoche soll ein Brief von Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann über die Kreise und Kommunen an die über 80-Jährigen in NRW geschickt werden. In diesem wird erklärt, wie und wo sie einen Impftermin machen können. Vorher, heißt es aus dem Ministerium, mache das keinen Sinn, denn: Es müssen ja genügend Impfdosen da sein. Und die 60.000, die derzeit auf Lager sind werden bis Ende dieser Woche in den Alten- und Pflegeheimen des Landes weggeimpft sein.
800 Mitarbeiter an der Hotline
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Wer dann in gut 14 Tagen einen Brief aus Düsseldorf im Kasten hat, kann die Hotline 116 117 der Kassenärztlichen Vereinigung anrufen. Damit er durchkommt, sitzen dort jeden Tag von 8 bis 22 Uhr etwa 800 Männer und Frauen am Telefon. Mit einer speziellen Software auf ihren Computern können sie nachsehen, wann es noch freie Termine im zuständigen Impfzentrum gibt. „Die Mitarbeiter“, sagt Christopher Schneider, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, „werden dabei gleich die beim Biontech-Impfstoff notwendigen zwei Impftermine vereinbaren. Zwischen beiden liegen jeweils rund drei Wochen.
Ende Januar, Anfang Februar, hofft Minister Laumann, werde es dann losgehen für die über 80-Jährigen, die noch in den eigenen vier Wänden leben. Aber weil zu dieser Gruppe in NRW rund eine Million Menschen zählen, die jeweils zwei Mal gepikst werden müssen, könne es schon ein paar Wochen dauern. Das hat Renate L. sich schon gedacht: „Ich kann mir nicht vorstellen, vor März mit der Corona-Impfung dranzukommen.“ Auch Sinn kann mit dem Zeitplan leben. „Jetzt habe ich es schon so lange geschafft, jetzt schaffe ich die paar Wochen hoffentlich auch noch.“
Heinsberger Landrat kritisiert Ablauf der Impfungen in den Kreisen
Der Heinsberger Landrat Stephan Pusch kritisierte unterdessen am Dienstag den bisherigen Ablauf der Impfungen und warf der Kassenärztlichen Vereinigung vor, sie lasse sich „überhaupt nicht in die Karten gucken.“ Mit Bezug auf die Über-80-Jährigen sagte Pusch, es gebe in seinem Kreis mehr als 16.000 von ihnen. Lege man das bisherige geringe Tempo bei den Impfungen in seinem Kreis als Maßstab an, würde die Impfung der Über-80-Jährigen 20 Wochen dauern, so Pusch in einer Videobotschaft.
Keine Angst vor Spätfolgen
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Unklar ist derzeit allerdings noch, wann Senioren an der Reihe sind, die nicht mehr aus eigener Kraft ein Impfzentrum aufzusuchen können. Laut NRW-Gesundheitsminister Laumann dürfen sie wohl erst mit einer Impfung rechnen, sobald ein weiterer, leichter handzuhabender Impfstoff verfügbar ist. Das Biontech-Serum sei zu empfindlich, um es in einzelne Haushalte zu transportieren.
Hubert Sinn macht zwar auch keine Dauerläufe mehr, aber ins Impfzentrum zu kommen „ist kein Problem“. „Da fährt mich eines von den Kindern.“ Angst vor Spätfolgen hat er wie die meisten seiner Altersgenossen übrigens nicht. „Nicht mit 94 Jahren.“ Eine gesunde Skepsis aber ist trotz der jüngsten Ankündigungen geblieben. „Ich glaube erst dran, wenn ich beide Impfen gekriegt habe. Wollen mal das Beste hoffen.“
++ Die Impfzentren in der Region ++
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