Duisburg. Die Polizei hat jetzt eine angeblich 13-jährige Rumänin gefasst. Das Kind fiel schon mit 170 Straftaten auf. Kein Einzelfall: Die Beamten gehen davon aus, dass professionelle Diebesbanden die Kinder auf Beutezug schicken. Experten fordern maßgeschneiderte Hilfsangebote für die Kinder.

„Klau-Kids“ machen weiter die Region unsicher: Am Wochenende wurde in Duisburg ein elfjähriger Rumäne beim Metalldiebstahl in einer Kirche entdeckt. Er verschanzte sich mit einem 24-Jährigen in einer Zwischendecke, die Feuerwehr musste mit der Motorsäge einen Zugang schaffen, damit die Polizei die beiden Diebe fassen konnte. Gleich 170 Straftaten binnen eines halben Jahres soll eine 13-Jährige begangen haben, vor allem im Ruhrgebiet und am Niederrhein. Meist entreißt sie Bankkunden am Geldautomaten die Scheine und rennt davon. Auch jetzt in Duisburg, als sie wieder einmal geschnappt wurde. Doch die Polizei ist machtlos. „Sie ist noch nicht strafmündig. Das Jugendamt bringt sie in ein Heim, dort büxt sie sofort wieder aus“, sagte eine Sprecherin.

Die 13-jährige Rumänin nennt zwar ihren Namen („Elisabeta S.“), allerdings sind keine Erziehungsberechtigten registriert. Die Ermittler gehen davon aus, dass sie zu einer Bande gehört. Doch die Hintermänner zu fassen, sei schwierig. Gestern wurde die 13-Jährige erneut am Duisburger Hauptbahnhof aufgegriffen, in Essen wurde S. daraufhin auf ihr tatsächliches Alter untersucht, Anhaltspunkte erhalten Mediziner etwa beim Röntgen ihrer Hände. „Es sieht so aus, als wenn sie um die 14 Jahre ist“, sagte ein Polizeisprecher. „Um die 14“ heißt: möglicherweise auch jünger. Elisabeta kann somit vorerst weiter nicht belangt werden, weil die Untersuchung nicht eindeutig belegt, dass sie 14 und daher strafmündig ist.

Polizei braucht Unterstützung der Jugendhilfe

Immer wieder hat es die Polizei mit Kindern aus Südosteuropa zu tun, wenn es um Diebstähle an Geldautomaten geht. Dass sie schon derart oft wie Elisabeta S. aufgegriffen werden, ist selten, aber kein Einzelfall. In Viersen hatten Beamte vor einigen Wochen mehrere Mädchen festgenommen, von denen eines bereits 60 und ein weiteres 200 Straftaten begangen hatte. Auch bei Taschendiebstählen ist der Anteil von Kindern und Jugendlichen unter den Tatverdächtigen laut jüngsten Zahlen auffällig hoch. „Die Vermutung liegt nahe, dass sie von Erwachsenen vorgeschickt werden“, so Frank Scheulen vom Landeskriminalamt. Beim Umgang mit den jungen Tatverdächtigen stoße die Polizei an vom Gesetzgeber vorgegebene Grenzen; die Jugendhilfe sei gefordert.

Das Problem: „Die Regelangebote der Jugendhilfe greifen nicht“, sagt Marlis Herterich, Vorsitzende des Kinderschutzbundes NRW. Es müssten daher spezielle Hilfsangebote geschmiedet werden; dazu müssten sich alle Beteiligten an einen Tisch setzen, forderte Herterich. „Amaro Kher“, die in Köln erfolgreich arbeitende Schule für Romakinder, sei ein gutes Beispiel: „Die Kinder haben auf der Schule gelernt, Werte zu respektieren.“ Solche Lösungen brächten keine Erfolge von jetzt auf gleich. Herterich betont, dass sie großes Verständnis für die Opfer dieser von Kindern begangenen Diebstähle habe: „Ich bin selbst schon drei Mal beklaut worden.“ Es dürfe aber nicht vergessen werden, dass auch diese Kinder Opfer seien: „Sie werden von Erwachsenen vorgeschickt.“