Essen. . Das Landessozialgericht in Essen hat eine Präzedenzentscheidung zum „Hamburger Modell“ gefällt. Ein Arbeitnehmer hat bei Wiedereingliederung weiter Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Der Weg nach langer Krankheit zurück in den Beruf ist mühselig – und er kostet Zeit. Viele Beschäftigte finden übers sogenannte „Hamburger Modell“ wieder ins Arbeitsleben. Im Falle eines Mannes, bei dem der Krankengeldanspruch erschöpft war, hat der 16. Senat des Landessozialgerichtes (LSG) in Essen eine Grundsatzentscheidung gefällt: Wird während eines laufenden Arbeitslosengeldbezugs eine Wiedereingliederung bei dem bisherigen Arbeitgeber nach dem „Hamburger Modell“ durchgeführt, muss in dieser Zeit das Arbeitslosengeld weitergezahlt werden (Az.: L 16 Al 90/12).
Ohne vorherige Anhörung
Der Fall: Ein Mann aus Essen war im Herbst 2008 schwer an Krebs erkrankt, konnte seiner Arbeit als Digitaldrucker nicht mehr nachgehen. Er erhielt bis Frühjahr 2010 Krankengeld, erhielt dann Arbeitslosengeld. Ein sozialmedizinisches Gutachten stellte dann fest, dass der Mann infolge seiner Erkrankung zwar leistungsmäßig eingeschränkt sei, aber durchaus wieder leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten durchführen könne. Wenig später wurde eine Wiedereingliederung nach dem „Hamburger Modell“ vereinbart. Und die Arbeitsagentur strich dem Mann ohne vorherige Anhörung das Arbeitslosengeld.
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Zu Unrecht, wie schon das Sozialgericht in Duisburg geurteilt hatte. In zweiter Instanz entschieden auch die Richter am LSG: Der Mann hat weiter Anspruch auf Arbeitslosengeld. Schließlich werde mit der Wiedereingliederung noch kein Arbeitsverhältnis begründet. Stattdessen stünden therapeutische und rehabilitative Zwecke im Vordergrund, so die des Meinung des 16. Senats. Der Mann sei daher für die Dauer der Eingliederungsmaßnahme weiter arbeitslos.
Allerdings sieht der Senat Bedarf für eine höchstrichterliche Klärung und ließ eine Revision zu. Die Regionalagentur für Arbeit will prüfen, ob sie deshalb vors Bundessozialgericht Kassel zieht. Dass die Arbeitsagentur in solchen Fälle zahlt, sei „vom Gesetz so nicht vorgesehen“, meinte ein Sprecher auf NRZ-Nachfrage. Gegen die erstinstanzliche Entscheidung sei man deshalb nach Rücksprache mit dem Bundesministerium für Arbeit angegangen.