Duisburg. Die Zahl der neuen Klagen am Sozialgericht in Duisburg sank 2011 - allerdings weniger als im restlichen NRW. „Das kann man wirklich daran festmachen, dass dieser Gerichtsbezirk wirtschaftlich schlechtere Rahmenbedingungen hat“, erklärt Vizepräsident Karl-Dieter te Heesen.
So sieht’s im Büro aus: Hartz IV ist hellgrün, Rente ist orangefarben und die Kassenärzte leuchten rot. Alles ist wohlgeordnet, aber die Flut der farbig sortierten Akten nimmt kein Ende. Denn schon schiebt Sozialrichter Torsten Wagner seinen Rollwagen mit zwei mächtigen, neuen Aktenstapeln ins Büro der Sachbearbeiterinnen Sarah Siebers und Silvia Ciavarella hinein. Über solche Wege gingen im vergangenen Jahr 12 798 neue Fälle beim Sozialgericht in Duisburg ein, ein stabil hoher Wert. 2010 waren es noch 317 Fälle mehr.
„Allein die Grundsicherung für Arbeitssuchende, also Hartz IV, macht davon 38,6 Prozent aus“, erläutert Karl-Dieter te Heesen, Vizepräsident des Sozialgerichts. Landesweit sei die Zahl der Hartz IV-Verfahren zwar um vier Prozent zurückgegangen – beim Duisburger Sozialgericht allerdings nur um 0,8 Prozent (circa 20 Klagen). Warum das so ist, erklärt sich der Vizepräsident so: „Das kann man wirklich daran festmachen, dass dieser Gerichtsbezirk wirtschaftlich schlechtere Rahmenbedingungen hat.“ Gut 2,3 Millionen Menschen leben im Zuständigkeitsgebiet des Sozialgerichts.
Viele „Gürteltiere“
„Trotz der 60 Gesetzesänderungen seit Einführung der Grundsicherung in 2005 sind eben noch eine Menge Rechtsfragen offen“, führt Richterin Stefanie Klose (Fachgebiet Hartz IV) an. Im Gegensatz zur Nachbarstadt Essen sei in Duisburg beispielsweise weiterhin die Frage ungeklärt, wie hoch die ,angemessenen Unterkunftskosten’ für Hartz IV-Bezieher liegen. Oder, ob die Betroffenen das Recht auf 45 oder 50 Quadratmeter Wohnraum haben. Grund für die Unklarheit: Duisburg besitzt keinen ausreichenden Datensatz über die Wohnraumsituation im unteren Preissegment.
Viele Aufgaben
Das Sozialgericht an der Mülheimer Straße ist zuständig in Sachen Hartz IV, Sozialhilfe, Leistungen für Asylbewerber, Schwerbehinderten- und Versorgungsrecht, Leistungen der Kranken- und Pflegeversicherung oder Rechtsstreitigkeiten der Vertragsärzte. Dies gilt für das große Gebiet zwischen Essen und Straelen sowie Duisburg und Kleve.
Also kommen stets neue „Gürteltiere“ – Akten, die nur noch durch ein breites Gummiband zusammengehalten werden können – zusammen. Aber nicht die Dicke, sondern die Dringlichkeit eines Falls ist entscheidend.
In Duisburg 1300 Eil-Verfahren
„Mittlerweile haben wir in Duisburg die erstaunliche Fallzahl von 1300 Eil-Verfahren“, sagt Martin Löns, Vizepräsident des Landessozialgerichts. Möglicher Grund: Der Strom wird abgestellt, weil die Rechnungen nicht bezahlt wurden. Da muss rasch entschieden werden. Im Gegensatz zum normalen Klageverfahren, welches circa ein Jahr Bearbeitungszeit dauert, werden Eilanträge innerhalb von fünf Wochen erledigt. 2011 konnte die Zeit für Eiliges verkürzt werden – dafür dauerten Normalverfahren etwas länger als zuvor.
Am Ende bilanzierte das Sozialgericht 162 mehr erledigte Fälle als im Jahr zuvor und kam so auf genau 12 552 Verfahren. Dies wurde erreicht, obwohl laut Löns das Gericht mit 111 Mitarbeitern ein „klein wenig unterbesetzt“ war.