Kassel. Das Bundessozialgericht in Kassel hat ein Urteil gefällt, das die Rechte von alleinerziehenden Hartz-IV-Empfängern stärkt. Höhere Sozialleistungen können in manchen Fällen auch gezahlt werden, wenn Alleinerziehende bei ihren Eltern oder mit ihren Geschwistern gemeinsam unter einem Dach leben.

Alleinerziehenden dürfen höhere Hartz-IV-Leistungen nicht allein deshalb verwehrt werden, weil sei mit engen Familienangehörigen unter einem Dach leben. Das hat das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel am Donnerstag mit einem Urteil klar gestellt. Im konkreten Fall wies der 4. Senat eine Revision des Landkreises Ostprignitz-Ruppin (Brandenburg) zurück.

Dieser hatte einer Mutter zweier Kinder den Mehrbedarf für Alleinerziehende verwehren wollen, weil die Frau mit ihren Eltern und ihrer Schwester in einem Haus lebt. Die Behörde argumentierte, die Frau habe die Möglichkeit, regelmäßig auf Unterstützung der Verwandten zurückzugreifen.

Das BSG betonte nun, für die Gewährung des Mehrbedarfs komme es nicht auf eine Möglichkeit an, sondern darauf, ob tatsächlich regelmäßig weitere Personen an der Pflege und Erziehung der Kinder mitwirkten. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen habe es eine solche Mitwirkung im streitigen Fall nicht gegeben (Aktenzeichen: B 4 AS 167/11 R).

Zusammenleben ist nicht gleich Partnerschaft 

Noch ein weiteres Urteil stärkt die Rechte von Hartz-IV-Empfängern: Nicht jedes Zusammenleben im gemeinsamen Haus muss bei Hartz IV als Lebenspartnerschaft gewertet werden. Auch wenn es sich bei dem Mitbewohner um den Miteigentümer des Hauses handelt, muss dies nicht automatisch auch der Lebenspartner sein, der für einen einsteht, urteilte am Donnerstag das Bundessozialgericht (BSG). Die Kasseler Richter klärten in ihrem Grundsatzurteil, wann Partnereinkommen auf Hartz IV mindernd angerechnet werden müssen (AZ: B 4 AS 34/12 R).

8 Jahre "Weg mit Hartz IV"

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Eine 47-jährige Arbeitslose hatte geklagt, weil das Jobcenter Region Hannover ihr keine Hartz-IV-Leistungen mehr gewährte. Die Frau war 1975 mit ihrem damaligen Partner zusammengezogen, doch die Beziehung scheiterte. Seit Jahrzehnten bestehe "eine Trennung von Tisch und Bett", betonte die Frau. 1986 hatten sich beide dennoch gemeinsam ein kleines Haus gekauft. Die 90 Quadratmeter Wohnfläche teilten sie untereinander auf.

Die Kosten der Immobilie trugen sie jeweils zur Hälfte von einem gemeinsamen Konto, doch hatten beide weiter ihr eigenes Konto. Auf Wunsch der Bank, die das Haus finanziert, hatten sie sich für diese Konten gegenseitige Vollmachten gegeben.

Als die Frau arbeitslos wurde, zahlte das Jobcenter zunächst Hartz IV, strich die Leistung aber ab Juni 2007 zusammen. Sie bilde mit dem Mann, mit dem sie zusammenlebe, eine Bedarfsgemeinschaft. Das Amt unterstellte eine persönlichen Beziehung, weshalb der Mann für ihren Unterhalt aufkommen müsse.

Stehen Partner füreinander ein?

Dieser Argumentation folgte das BSG nicht. Das gemeinsam finanzierte Eigenheim und das Zusammenleben unter einem Dach rechtfertige noch nicht die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft.

Dazu, so die Richter, müssten drei Voraussetzungen vorliegen. So müsse eine Partnerschaft bestehen und das Paar müsse in einem Haushalt zusammenleben und aus "einem Topf" wirtschaften. Sei dies gegeben, müsse noch geklärt werden, ob die Partner füreinander in Krisenzeiten einstehen.

Nach der Verhandlung in Kassel bestanden beim BSG in allen Punkten erhebliche Zweifel. Das zuständige Landessozialgericht muss den Fall nun erneut prüfen