An Rhein und Ruhr. . Das Bakterium “Psydomonas Syringae“ setzt den Rosskastanien in Nordrhein-Westfalen schwer zu. Befallene Bäume, von austretendem Pflanzensaft Rot gefärbt, müssen in der Regel gefällt werden. Fünf Jahre nach der ersten Welle des Befalls breitet sich das Bakterium erschreckend schnell aus.

Ein aggressives Bakterium setzt den Rosskastanien in Nordrhein-Westfalen schwer zu. Weil die geschwächten Bäume nicht mehr standsicher sind oder Äste herunterzufallen drohen, bleibt in der Regel nur ein Mittel: die Kettensäge. Mitunter müssen ganze Alleen weichen. „Es ist erschreckend, wie sich diese Bakterien in diesem Jahr ausgebreitet haben“, sagte Bernhard Rüb von der Landwirtschaftskammer. Um eine weitere Ausbreitung des Bakteriums zu vermeiden, gehen viele Städte sehr konsequent vor: Das Holz der gefällten Bäume wird verbrannt sowie Säge und Arbeitskleidung extra desinfiziert.

Viele Kommunen greifen von selbst zur Säge

„Psydomonas Syringae“ ist an Rhein und Ruhr kein Unbekannter. Vor fünf Jahren gab es eine erste große Befallswelle. Das Bakterium ist vermutlich mit der Windrichtung von Westen her aus den Niederlanden eingewandert. 2002 war es erstmals in Großbritannien festgestellt worden. Möglicherweise wird das Bakterium in der Blütezeit durch Insekten übertragen. Betroffen sind ausschließlich Rosskastanien.

Typisch für einen Befall: Die Bäume „bluten“. Austretender Pflanzensaft verfärbt das Holz unterhalb der Rinde rot, eine Abwehr-Reaktion gegen die Bakterien. Weitere Indizien für einen Befall sind helles Laub, Risse und absterbende Äste und Zweige. Die Bäume faulen von innen heraus. Eine Möglichkeit, erkrankte Kastanien zu behandeln, gibt es derzeit nicht, weder chemisch noch biologisch. „Die Antibiotika sind in Deutschland nicht zugelassen“, sagt Rüb.

Dutzende Befallsmeldungen haben den Pflanzenschutzdienst der Kammer in den vergangenen Wochen und Monaten erreicht. „Die Ausbreitung hat sicher mit der feuchten Witterung im Frühjahr zu tun“, meint Kammersprecher Rüb. Mit Städten wie Gelsenkirchen oder auch ganz aktuell Meerbusch und Krefeld bilden Niederrhein und Ruhrgebiet einen Schwerpunkt. Vielerorts seien die Kommunen aber gut über das Bakterium informiert und handelten selbst, „so dass uns überhaupt keine Meldungen mehr erreichen“, wie Rüb berichtet. Im Duisburger Norden etwa mussten im Frühjahr mehr als 100 Bäume gefällt werden. Betroffen war etwa ein halbes Dutzend Straßen. Aktuell ist Ruhe in Duisburg. „Wir beobachten aber die Lage“, wie eine Sprecherin der Wirtschaftsbetriebe versicherte.

Kammersprecher Rüb zeigt sich überzeugt, aussterben werden Kastanien in Nordrhein-Westfalen in Folge des Bakteriums nicht, aber: „Die Lage ist ernst. Vielerorts geht es den Kastanien schlecht.“ Auffällig ist in diesem Jahr, dass man es in vielen Fällen mit einem fortgeschrittenen Befall zu tun hat, sich also das Holz unter der Rinde schon zersetzt.

Vielleicht die bislang einzige Chance, etwas gegen „Psydomonas Syringae“ zu tun: bessere Standorte für die Kastanien. „Die Bakterien befallen Bäume, die besonders zugeparkt, zugepflastert oder zubetoniert sind und wenig Licht bekommen“, sagt Bernhard Rüb. Mit diesen schon geschwächten Bäumen habe „Psydomonas Syringae“ leichtes Spiel.