Bochum/Düsseldorf. Noch vergangene Woche beteuerte die Leitung der JVA Bochum, das über 100 Jahre alte Gefängnis sei sicher. Nach dem neuesten Ausbruch am Wochenende kommen jedoch immer mehr Zweifel auf.

Mehr als 24 Stunden nach dem Ausbruch aus der JVA Bochum ist der getürmte Häftling noch immer auf der Flucht. „Wir haben noch keine neuen Erkenntnisse, wo sich der Mann aufhalten könnte. Wir suchen noch“, sagte eine Sprecherin der Polizei Bochum auf Anfrage von DerWesten.

Am Sonntagmorgen war der 47-jährige Mann beim Putzen des Besucherbereiches geflohen. Dabei hatte er eine Panzerglasscheibe einfach aus der Verankerung nehmen können und nach außen klettern können. Die Scheibe war nur mit Aluleisten gesichert, das Fenster nicht vergittert. Der Besucherbereich liegt zudem außerhalb der Gefängnismauern.

Bundes der Strafvollzugsbeamten wirft Land Versäumnisse vor

Der neuerliche Ausbruch – es ist bereits der dritte binnen eines Jahres – heizt die Diskussionen um die Sicherheit der JVA Bochum weiter an. Der Anstaltsleiter Friedhelm Ritter von Meißner sprach am Wochenende von einer „Verquickung unglücklicher Umstände“ und einer Art Pech-Serie. Noch Mitte vergangener Woche hatte er das Gefängnis als sicher bezeichnet und weitere Sicherheitsüberprüfungen angekündigt.

Doch so einfach will Peter Brock, NRW-Landesvorsitzender des Bundes der Strafvollzugsbeamten, die Sache nicht abtun: „Die Anstaltsleitung verharmlost die Situation“, sagte er. Für ihn steht fest, dass man die Bausubstanz des um 1900 errichteten Gefängnisses „nicht als sicher bezeichnen kann“.

Das Land habe es in der Vergangenheit versäumt, die JVA – sie ist mit fast 800 Insassen immerhin die drittgrößte in ganz NRW – mit neuester Sicherheitstechnik auszustatten.

Personal in Schutz genommen

Fehler beim Aufsichtspersonal sieht Brock hingegen nicht. „Aus meiner Sicht trifft die Beamten keine Schuld“, sagte Brock. Neben baulichen Mängeln in Bochum sei auch die Personalknappheit, besonders am Wochenende, ein großes Problem in den JVA des Landes. Auch der Leiter der JVA hatte die Beamten am Wochenende in Schutz genommen, sondern sprach von Baupfusch.

Dass das Fenster, durch das der Häftling getürmt ist, keine Gitter hatte, sei üblich, so Brock. Besucherbereiche sollten auf diese Weise „kundenfreundlicher“ aussehen, Besucher sich nicht wie im Knast fühlen. Aber nach dem neuerlichen Ausbruch sollte man überlegen, wie man die Besucherbereiche sicherer gestalten kann.

Die Gewerkschaft der Polizei in NRW reagierte besorgt auf den neuerlichen Ausbruch aus der JVA Bochum: „Solche Ausbrüche binden natürlich Personal“, sagte Geschäftsführer Andreas Nowak.

FDP: Löchrig, wie ein Schweizer Käse?

"Aufgrund der Häufung der Vorkommnisse in Bochum muss man sich die Frage stellen, ob die JVA-Bochum löchrig ist wie ein Schweizer Käse", erklärte Robert Orth, rechtspolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion. Er forderte NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) auf, "die unhaltbaren Zustände in der JVA Bochum lückenlos aufzuklären". Die FDP will das Thema erneut auf die Tagesordnung des Landtages setzen. "Wir erwarten Antworten darauf, welche Sicherungsmaßnahmen nach den jüngsten Vorfällen getroffen wurden."