Bochum. . Manchmal ist sie die Frau für die dunkelsten Stunden: Pfarrerin Uta Klose arbeitet im Männergefängnis „Krümmede“ als Seelsorgerin und weiß: Nach jeder Sünde bietet der christliche Glaube die Chance zur Umkehr.
Pfarrerin Uta Klose öffnet und schließt die Eisentüren genau wie eine Justizvollzugsbedienstete mit einem Schlüssel, lang wie ein Fuß. Jedoch geht die groß gewachsene Seelsorgerin durch die Gänge des Gefängnisses als ob ihr Herz sie führt. Sie wirkt nicht in Eile, doch zielsicher, wohin sie möchte.
Seit einem Jahr ist ihr Arbeitsplatz die Kirche im Turm der Krümmede. „Es ist nicht nur ein Gedanke, es ist ein Gefühl, das dies ein guter Ort ist, um zu sagen, was ich zu sagen habe“, erklärt die Theologin mit einer Stimme, die scheinbar tief aus ihrer Seele kommt.
Nur selten ein "unwohles Gefühl"
Das Bochumer Männergefängnis mit aktuell rund 730 Insassen ist nicht ihr erster Knast. Vorher betreute die 45-Jährige fast zwölf Jahre weibliche und männliche Gefangene in der JVA Gelsenkirchen.
„Es ist wichtig zu wissen, wer fällt, fällt nicht ins Nichts“, sagt Uta Klose. Gegen das Nichts, dass sich am unteren Ende menschlicher Existenz auftut wie ein Höllenschlund, setzt die Pfarrerin Gottes Liebe und Barmherzigkeit.
Auf schriftlichen Antrag oder Hinweis von anderen, Häftlingen wie Mitarbeitern der JVA, spricht Klose mit den Gefangenen. Unter vier Augen, ohne Wachpersonal. Im Laufe ihrer Arbeit hatte die Pfarrerin nur wenige Male ein unwohles Gefühl. „Dann verlasse ich die Situation sofort“, schildert sie.
Strafgefangene bewegen familiäre Probleme, wie Sorge um das Kind oder die Oma nicht mehr lebend zu sehen. Oft stellen sie aber auch existenzielle Fragen wie: „Was macht das Leben für einen Sinn, wenn ich jetzt zum siebten mal inhaftiert bin. Nimmt Gott mich überhaupt an?“
Auch islamische Insassen betreut
Nicht allein, dass Gott sie verlassen könnte, quält manche Insassen. „Nur 30 Prozent der Strafgefangenen bekommen regelmäßig Besuch“, weiß Uta Klose. In dunkelsten Stunden, wenn keiner mehr an der Seite der Missetäter weilt, versucht sie einen hellen Raum zu schaffen, in dem Schuld und Einsamkeit ausgehalten werden können.
Die Gottesdienste seien gut besucht und für die Gefangenen ein Ort, um zur Ruhe zukommen, sagt die Pfarrerin. Ein biblischer Leitsatz der Theologin lautet: „Du stellst meine Füße auf weiten Raum.“ Auch islamische Insassen scheuen nicht vor einem Gespräch mit ihr zurück. „Wenn jemand religiös geprägt ist, gibt es eigentlich immer einen Anknüpfungspunkt“, sagt sie.
Arbeiten in der Krümmede
Ein Mann, der wegen Körperverletzung mit Todesfolge einsitzt, war hingegen ganz ohne Religion. „Dieser Mensch hat im Glauben wirklich eine Basis für sein weiteres Leben gefunden. Er hat die Bibel nicht nur einmal gelesen, sondern mehrere Ausgaben durchgearbeitet und unterstrichen, was ihm wichtig ist“, berichtet Klose. Die Pfarrerin taufte den aus Rumänien stammenden Mann dann auch auf eigenen Wunsch evangelisch.
Gute Gesellschaft in der Bibel
Übrigens haben die Strafgefangenen in der Bibel gute Gesellschaft, so Klose. „Bei Kain und Abel fängt es an, Mose hat gemordet und Jakob war ein Betrüger“, erläutert sie.
Im Knast sind neben vielen Kleinkriminellen auch Gewaltverbrecher inhaftiert. Andere Menschen werden im Angesicht von Mord und Kindesmissbrauch wohl zynisch. „Ich muss ehrlich sagen, mich stärken diese Dinge eher in meinem Glauben, weil doch klar ist, dass Gott das nicht will“, so die Pfarrerin. Die Verantwortung für das Unheil trage der Mensch und nicht Gott, stellt sie klar. „Aber ich glaube auch, dass Gott damit nicht glücklich ist“, sagt sie.