Berlin. Die jungen Frauen im Lande sind selbstbewusster geworden: Nur noch die wenigsten würden für ihren Partner den Job aufgeben. Gleichzeitig stehen sie zu ihrem Kinderwunsch. Das ergibt eine aktuelle Studie. Die Frauen fühlten sich als Gewinnerinnen der Krise, so die Forscher.
Die Wirtschaftskrise hat dem Selbstbewusstsein junger Frauen nicht geschadet, im Gegenteil: Nach einer «Brigitte»-Studie sind sie seit 2007 kompromissloser geworden. So würde heute fast keine Frau mehr für einen Mann ihre Arbeit aufgeben, und nicht einmal jede Zehnte wäre bereit, auf Wunsch des Partners auf Kinder zu verzichten, sagte die Soziologin Jutta Allmendinger am Dienstag bei Vorstellung der Studie in Berlin. «Sie wissen, dass sie gebraucht werden - und fühlen sich eher als Gewinnerinnen der Krise.»
Zielstrebig und selbständig
Für die Untersuchung «Frauen auf dem Sprung» hatte die Frauenzeitschrift 2007 erstmals in Zusammenarbeit mit dem Wissenschaftszentrum Berlin und dem Institut für angewandte Sozialwissenschaft (infas) über 1.000 Frauen von 17 bis 29 Jahren interviewt. Im Frühjahr 2009 wurden dieselben Personen erneut befragt. Ergebnis: Junge Frauen stecken nicht zurück, um Risiken in harten Zeiten zu vermeiden, sie wissen vielmehr noch genauer, was sie wollen, und sie verfolgen ihre Ziele noch nachdrücklicher.
So würden heute nur noch 17 Prozent für den Partner den Beruf wechseln, 2007 waren es noch 37 Prozent. Nur 65 Prozent wären bereit, für den Mann umzuziehen, 2007 waren es noch 86 Prozent. Wenn der Partner kein Kind wolle, müsse er damit rechnen, verlassen zu werden, betonte Allmendinger. Diese «Harschheit», mit der junge Frauen auf mangelnde Unterstützung in Privat- und im Berufsleben reagierten, sei «extrem gewachsen».
Familienmenschen sind als Partner gefragt
In der Partnerschaft wünschen sich junge Frauen an erster Stelle einen Mann, der sich Zeit für die Familie nimmt. «Sein Einkommen interessiert sie am wenigsten. Gefragt ist die gleichwertige Partnerschaft, das Modell des Ernährers hat ausgedient», erklärte Allmendinger. Die Frauen wollten eigenes Geld verdienen, wichtig sei ihnen vor allem Kontinuität: So sagten 91 Prozent, dass ihnen ein sicherer Arbeitsplatz wichtig sei, nur 60 Prozent nannten ein hohes Einkommen. Trotzdem seien sie extrem unzufrieden, dass Männer oft mehr verdienten.
Der Kinderwunsch ist der Studie zufolge nach wie vor hoch, und für Kinder würden die Frauen auch Kompromisse eingehen. So würde fast die Hälfte für das Wohl der Kinder auf einen beruflichen Aufstieg verzichten oder Einkommensverluste hinnehmen. Ein Drittel würde auch den Job wechseln.
Zugleich registrierten die Experten eine starke Politisierung unter jungen Frauen. Parteipolitik interessiere sie zwar in der Regel nicht, aber fast die Hälfte könne sich aber vorstellen, gesellschaftlich aktiv zu werden. So hielten es mehr als 50 Prozent der Frauen, die dies 2007 noch entschieden abgelehnt hätten, inzwischen für denkbar, an Unterschriftensammlungen, Streiks oder Herstellerboykotts teilzunehmen. «Das ist ein enormer Umbruch», sagte Allmendinger. (ap)