Berlin. Die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen sind in Deutschland so groß wie in kaum einem anderen EU-Land. Zudem sind die Löhne deutscher Arbeitnehmer im europäischen Vergleich in den vergangenen Jahren nur wenig gestiegen. Das geht aus einem aktuellen EU-Bericht hervor.

Die Löhne der Arbeitnehmer in Deutschland haben sich in den vergangenen Jahren deutlich ungünstiger entwickelt als in den meisten EU-Ländern. Zugleich gehört Deutschland, was die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen angeht, zu den ungleichsten Ländern in Europa. Laut eines neuen EU-Berichts zur europäischen «Einkommensentwicklung 2008» stiegen die Einkommen in Deutschland im vergangenen Jahr real nur um 0,1 Prozent, berichtet die Tageszeitung «Die Welt» in ihrer Dienstagausgabe. 2007 waren die Reallöhne um 0,1 Prozent zurückgegangen. Damit gehört Deutschland zu den Schlusslichtern in Europa. Im EU-Durchschnitt hatten die Arbeitnehmer im vergangenen Jahr 1,3 Prozent mehr Geld in der Tasche, im Jahr 2007 betrug der Anstieg der Reallöhne in der EU 3,6 Prozent.

Riesige Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen

Dem Bericht der 'EU-Behörde zur Verbesserung der Lebens-und Arbeitsbedingungen' zufolge verdienten Frauen in Deutschland 23 Prozent weniger als Männer. Nur in Zypern, den Niederlanden, der Slowakei und Estland seien die Einkommensunterschiede zwischen den Geschlechtern noch größer. Im EU-Durchschnitt verdienen demnach Frauen 16,6 Prozent weniger als Männer. Am geringsten seien die Unterschiede in Italien (4,4 Prozent), Portugal und Slowenien (jeweils 8,3 Prozent). Im öffentlichen Bereich verdienten Frauen demnach rund 7 Prozent weniger als Männer.

Durchschnittlich lag der Bruttostundenverdienst von Frauen im öffentlichen Bereich bei 17,57 Euro, in der Privatwirtschaft bei 15,08 Euro; der Durchschnittsverdienst der Männer betrug hingegen 18,89 Euro beziehungsweise 19,50 Euro in der Privatwirtschaft.

Unterschiede in der Qualifikationsstruktur

Dies lässt sich den Statistikern zufolge unter anderem auf Unterschiede in der Qualifikationsstruktur der Beschäftigten zurückführen: Während in der privaten Wirtschaft Frauen in leitenden Positionen im Vergleich zu Männern eher unterrepräsentiert sind, entspricht der Anteil der weiblichen Führungskräfte an allen erwerbstätigen Frauen im öffentlichen Bereich annähernd dem der Männer.

Innerhalb des öffentlichen Bereichs lag der geschlechtsspezifische Verdienstunterschied im Wirtschaftszweig «Erziehung und Unterricht» mit 15 Prozent über dem in «Öffentliche Verwaltung, Verteidigung, Sozialversicherung» (8 Prozent).

Gewerkschaften kritisieren die Entwicklung

Mitverantwortlich für den vergleichsweise hohen Verdienstabstand im Bildungsbereich ist nach Angaben des Bundesamtes die ungleiche Verteilung weiblicher und männlicher Beschäftigter auf unterschiedliche berufliche Tätigkeiten. So sind in den eher niedrig bezahlten Erziehungsberufen fast ausschließlich Frauen anzutreffen, während die vergleichsweise hoch entlohnten Tätigkeiten an Fachhochschulen und Universitäten überdurchschnittlich häufig von Männern ausgeübt werden.

Die Europäischen Gewerkschaften kritisierten die Entwicklung der Löhne in Deutschland. «Die ungleiche Behandlung von Männern und Frauen in Deutschland ist ein Skandal», sagte der stellvertretende Generalsekretär des Europäischen Gewerkschaftsbundes, Reiner Hoffmann, der Zeitung. Der Vizechef der europäischen Gewerkschaften verwies darauf, dass Frauen in Deutschland zwar besser ausgebildet sind, aber dennoch weniger verdienten. Hoffmann: «Die Arbeitgeber in Deutschland müssen endlich umdenken und Frauen gleiche Rechte bei der Entlohnung einräumen. Andere Länder zeigen doch, dass das geht.» (ap/ddp)