Herne. Für Frauen ist es oft nicht leicht, sich in einer von Männern dominierten Geschäftswelt durchzusetzen. Die WAZ sprach mit Elisabeth Röttsches, die in 30 Jahren als Buchhändlerin gelernt hat, wie sich Frauen erfolgreich selbstständig machen können.

In vielen Unternehmen dominieren die Männer, auch wenn sich daran in den vergangenen Jahren schon einiges geändert hat. Obwohl Mädchen in der Schule mittlerweile häufiger die Nase vorn haben und mehr Frauen als Männer studieren, ist spätestens in der Chefetage Schluss mit Gleichheit. Ihr eigener Chef zu sein: Für Elisabeth Röttsches (52) ist das Alltag. Nach 30 Jahren als Buchhändlerin weiß sie, wie sich Frauen erfolgreich selbstständig machen können.

Frau Röttsches, was können Sie jungen Frauen raten, die ihr eigenes Unternehmen aufbauen wollen?

Elisabeth Röttsches: An erster Stelle steht eine gute Ausbildung. Später kommen Sie nur mit Fleiß und Disziplin voran – und natürlich auf menschlicher Seite mit viel Einfühlungsvermögen und Offenheit.

Auf welche Hindernisse sind Sie bei Ihrer Existenzgründung gestoßen?

Elisabeth Röttsches: Ich musste mich immer wieder gegen Vorurteile der klassischen Rollenverteilung durchsetzen. Frauen müssen mehr darum kämpfen, akzeptiert zu werden. In vielen Köpfen herrscht das Denken vor, dass Frauen ja Kinder bekommen müssen. Und da bleibe keine Zeit für das eigene Unternehmen – doch das ist nur bedingt richtig. Es ist eine Frage des Wollens, übrigens auch der Partnerschaft und schließlich der Aufgabenverteilung im Unternehmen - und immer wieder der Disziplin.

Gibt es bei einer Existenzgründung einen Unterschied, in welcher Branche man beziehungsweise frau einsteigt?

Elisabeth Röttsches: Nein. Zumindest dann nicht, wenn die Frau von sich und ihrer Leistungsfähigkeit überzeugt ist. Wichtig ist, sich mit seiner Arbeit identifizieren zu können. Mit genügend Selbstvertrauen finden sich Frauen in jedem Beruf zurecht.

Müssen Frauen in Chefpositionen bestimmte Voraussetzungen erfüllen?

Elisabeth Röttsches: Genau dieselben, die auch Männer erfüllen müssen: Mut, Energie, Kraft, Ausdauer, Leistungsbereitschaft. Dazu gehört eine gute Selbstorganisation und nicht nur die eigene Motivation, sondern insbesondere die Fähigkeit, auch andere motivieren zu können.

Ist es da für einen Mann leichter, sich selbstständig zu machen?

Elisabeth Röttsches: Das nicht unbedingt. Ich würde sagen: Es kommt weniger auf das Geschlecht, sondern auf die innere Einstellung an.

Wie hat sich die Einstellung in der Gesellschaft geändert?

Elisabeth Röttsches: Es wird Gott sei Dank immer selbstverständlicher, dass Frauen gleichberechtigt mit im Boot sitzen. Diejenigen, die in der täglichen Praxis erleben, dass Männer und Frauen gemeinsam an Projekten arbeiten oder Firmen aufbauen, können hinterher gar nicht verstehen, dass es Problem geben kann.

Wie beurteilen Sie das Verhältnis von Chancen und Risiken bei der Existenzgründung?

Elisabeth Röttsches: Wenn man gut vorbereitet ist, sind die Chancen größer als die Risiken. Als eigener Chef ergeben sich viel mehr Gestaltungsmöglichkeiten. Meiner Erfahrung nach – ich leite die Buchhandlung zusammen mit meinem Bruder – ist die Geschlechter-Kombination optimal: Wenn Männer und Frauen gemeinsam ihre Potenziale für das Unternehmen nutzen, kommen die besten Ergebnisse dabei heraus. Man merkt immer wieder bei der täglichen Arbeit, dass das nur von Vorteil ist.

Statistiken deuten tendenziell darauf hin, dass Frauen weniger Gehalt bekommen als Männer. Wie sieht es als Geschäftsfrau mit Verdienst aus? Macht „die Frau” weniger Geld?

Elisabeth Röttsches: Das denke ich nicht. Aber: Wenn sie nicht entsprechend ihre Forderungen stellen, machen sie weniger Gewinn. Doch wenn sie wissen, was sie leisten können und das auch einfordern, wenn sie ihre eigenen Stärken einschätzen und benennen können, können sie auch dasselbe Gehalt fordern. Bei Selbstständigen gibt es seltener einen Unterschied, wenn Frauen konsequent das leisten, was nötig ist. Dann würde ich sogar sagen, dass Frauen manchmal noch größere Chancen haben. Ich finde es wichtig, dass man den Frauen Mut macht, ihre Stärken auch zu erkennen, sich einzusetzen und niemals zurückzustecken. Keine falsche Bescheidenheit! Frauen, die sich etwas zutrauen, können ganz, ganz viel.