Düsseldorf. Nach dem Corona-Gipfel übernimmt NRW die Beschlüsse, auf die sich Bund und Länder geeinigt haben. Laschet erklärt sie am Freitag im Landtag.

  • Bund und Länder haben sich am Mittwoch auf bundesweit strengere Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie geeinigt.
  • Das NRW-Landeskabinett hat am Donnerstag über die neuen Regeln beraten: Die Bund-Länder-Beschlüsse werden in der neuen Corona-Schutzverordnung des Landes übernommen.
  • Die Maßnahmen sollen bereits am Montag, 2. November, in Kraft treten und zunächst für vier Wochen gelten.

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hat sich am Mittwoch in einer mehrstündigen Schaltkonferenz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Länderkollegen auf einen bundesweiten „Lockdown light“ verständigt, der Begegnungen von mehreren Menschen für zunächst vier Wochen weitgehend unterbinden soll. Bis auf Schulen, Kitas und Einzelhandelsgeschäfte müssen zahlreiche Betriebe und Einrichtungen im November schließen. Vor allem der Freizeitsektor wird praktisch lahm gelegt.

Noch wird unter Hochdruck an den Details der neuen Corona-Schutzverordnung für NRW gefeilt. Das Landeskabinett fasste aber bereits am frühen Donnerstagmorgen den Beschluss, die jüngste Bund-Länder-Vereinbarung zu übernehmen, wie ein Sprecher der Regierung bestätigte. Da die bisherige Fassung bis zum 31. Oktober gilt und die Bund-Länder-Beschlüsse erst am 2. November greifen sollen, wird die alte Verordnung wahrscheinlich um einen Tag verlängert.

Letztes Wochenende mit geöffneten Restaurants in NRW

Damit steht auch für die Bürger in Nordrhein-Westfalen das vorerst letzte Wochenende mit geöffneten Restaurants, Bars, Diskotheken, Sport- und Freizeitstätten bevor. Das Innenministerium habe bislang aber keine Hinweise, dass deswegen massenhaft exzessive Partys in NRW drohten, sagte ein Sprecher auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf.

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In den Städten, in denen Halloween traditionell eine große Rolle spiele, werde sich die Polizei, wie üblich, mit mehr Einsatzkräften wappnen. „Wir sind sicher, jede Polizeidienststelle behandelt das vor Ort mit der nötigen Sensibilität.“

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) nannte die Beschlüsse „eine präventive Maßnahme, um nicht in einen Notstand zu geraten“. Die Gesundheitsämter seien an den Grenzen der Belastbarkeit. Man wisse bei 75 Prozent der Infektionen nicht mehr, woher sie stammten. Das Robert-Koch-Institut hatte am Mittwoch mit knapp 15.000 Neuinfektionen einen neuen Rekordwert vermeldet. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hatte vorgerechnet, dass bei ungebremster Dynamik die Kliniken an Rhein und Ruhr Ende des Jahres an Kapazitätsgrenzen stoßen könnten.

Schließungen der Gastronomie: "Kontakte generell verhindern"

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Laschet rechtfertigte auch die Schließungen in der Gastronomie und der Kultur damit, dass Kontake überhaupt verhindert werden müssten. Hier seien keine Hygienekonzepte entscheidend sondern vielmehr, generell die sozialen Kontakte zu vermeiden. Deswegen seien alle Veranstaltungen, die der Unterhaltung dienen, im November untersagt.

Die dramatische Entwicklung in NRW lasse schlicht keinen Spielraum, führte Laschet aus: So verzeichnete das bevölkerungsreichste Bundesland am Mittwoch eine durchschnittliche Sieben-Tage-Inzidenz in Höhe von 121 Fällen pro Tag. Die Gesundheitsämter gerieten trotz großer Hilfen an die Grenzen der Belastbarkeit.

Laschet kündigt umfassende Hilfen für Soloselbstständige an

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Die nun beschlossenen großen Opfer könnten nur gebracht werden, wenn den Leidtragenden finanziell geholfen werde: So führe NRW als Sonderweg auch eine Hilfe für Selbstständige ein: So würden bis zu 75 Prozent des Umsatzes aus dem November des vergangenen Jahres gezahlt, kündigte Laschet an.

Laschet hoffe durch die Vielzahl der Maßnahmen, in "entspanner Athmosphäre" Weihnachten feiern zu können. Außerdem hoffe er, die Pandemie so in den Griff zu bekommen, dass in Zukunft auch wieder "Begegnungen in der Familie und fröhliche Straßenfeste" möglich sind: "Ich hoffe, dass uns der Gedanke an das, was irgendwann wieder möglich ist, in den nächsten Wochen Kraft gibt."

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Auf folgende Einschränkungen haben sich Bund und Länder geeinigt:

  • Gastronomie und Hotels: Gastronomiebetriebe sowie Bars, Clubs, Diskotheken, Kneipen werden geschlossen. Davon ausgenommen sind – wie im Frühjahr in der ersten Corona-Welle – die Lieferung und Abholung mitnahmefähiger Speisen für den Verzehr zu Hause.
  • Sport: Freizeit- und Amateursportbetriebe sollen auf und in allen öffentlichen und privaten Sportanlagen geschlossen werden, ebenso Schwimm- und Spaßbäder sowie Fitnessstudios. Der Profisport wird wohl im November ohne Zuschauer auskommen müssen. Bund und Länder wollen zunächst kein Publikum mehr zulassen.
  • Einzelhandel: Einzelhandelsgeschäfte sollen unter Auflagen zur Hygiene, zur Steuerung des Zutritts und zur Vermeidung von Warteschlangen insgesamt geöffnet bleiben. Es müsse aber sichergestellt werden, dass sich in den Geschäften nicht mehr als ein Kunde pro 25 Quadratmeter aufhalte.
  • Treffen in der Öffentlichkeit/Feiern: Nur noch Angehörige des eigenen und eines weiteren Hausstandes sollen sich gemeinsam in der Öffentlichkeit aufhalten dürfen, erlaubt sind maximal zehn Personen. Verstöße gegen diese Kontaktbeschränkungen sollen von den Ordnungsbehörden sanktioniert werden. Gruppen feiernder Menschen auf öffentlichen Plätzen, in Wohnungen sowie privaten Einrichtungen seien angesichts der ernsten Lage inakzeptabel.
  • Schulen und Kindergärten: Diese Einrichtungen sollen offen bleiben. Die Länder sollten aber weitere Schutzmaßnahmen einführen. Dazu hat Laschet bislang nichts Konkretes gesagt. Die Zahl der Kita-Schließungen in NRW wegen Corona-Fällen ist zuletzt deutlich gestiegen.
  • Unterhaltungsveranstaltungen: Theater, Opern oder Konzerthäuser sollen schließen. Dies gilt auch für Messen, Kinos, Freizeitparks, Spielhallen, Spielbanken und Wettannahmeeinrichtungen, ebenso für Museen. Auch Bordelle und andere Prostitutionsstätten sollen geschlossen werden.
  • Körperpflege: Kosmetikstudios, Massagepraxen oder Tattoostudios sollen schließen, medizinisch notwendige Behandlungen wie Physiotherapien aber möglich sein. Friseursalons bleiben - anders als im Frühjahr - aber unter den bestehenden Hygienevorgaben geöffnet.
  • Wirtschaft: Industrie, Handwerk und Mittelstand solle sicheres Arbeiten umfassend ermöglicht werden. Die Arbeitgeber müssten ihre Mitarbeiter vor Infektionen schützen. Wo immer umsetzbar, soll Heimarbeit ermöglicht werden.
  • Hilfe für Unternehmen: Der Bund will Hilfen verlängern und die Konditionen etwa für die Kultur- und Veranstaltungswirtschaft verbessern. Außerdem soll der Schnellkredit der staatseigenen KfW Bankengruppe für Unternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten geöffnet und angepasst werden. Erstattet werden sollen Umsatzausfälle, die Finanzhilfe soll ein Volumen von bis zu zehn Milliarden Euro haben.
  • Reisen: Sind bis Ende November nicht mehr möglich. Touristische Übernachtungsangebote im Inland sind ab 2. November verboten. Möglich sind lediglich zwingende Dienstreisen.
  • Risikogruppen: Für Kranke, Pflegebedürftige, Senioren und Behinderte solle es zügig und prioritär Corona-Schnelltests geben. Der besondere Schutz in diesem Bereich dürfe aber nicht zu einer vollständigen sozialen Isolation führen.
  • Kontrollen: Zur Einhaltung der Maßnahmen sollen flächendeckend die Kontrollen verstärkt werden. Zudem sollen Bund und Länder Bürgerinnen und Bürger verstärkt über die Corona-Maßnahmen informieren „und durch möglichst einheitliche Maßnahmen die Übersichtlichkeit erhöhen“, heißt es in dem Papier.

Corona-Maßnahmen: Laschet wird Erklärung abgeben

Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) wird am Freitag in einer Sondersitzung des Landtags erstmals eine Erklärung zur Corona-Lage abgeben. Ein entsprechender Vorstoß war sowohl vom Landeskabinett als auch von den Oppositionsfraktionen von SPD und Grünen gekommen, wie ein Landtagssprecher am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur bestätigte.

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In Laschets Schreiben an den Landtag heißt es: „Angesichts der aktuellen Entwicklung des Infektionsgeschehens ist es mir ein besonderes Anliegen, den Landtag zu den Beratungen der Konferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 28. Oktober 2020 sowie zur Umsetzung der dort getroffenen Beschlüsse in Nordrhein-Westfalen zu unterrichten“.

Zuvor hatten bereits SPD und Grüne den Ministerpräsidenten zu einer Regierungserklärung aufgefordert. Bei der Sondersitzung soll der Landtag nach dem Willen der Mehrheitsfraktionen von CDU und FDP erneut eine „pandemische Lage“ für NRW feststellen. Sie rechtfertigt außerordentliche staatliche Eingriffe. Im Katastrophenfall dürfte etwa medizinisches Gerät beschlagnahmt werden.

SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty sagte am Mittwoch bei einem gemeinsamen Statement mit der neuen Grünen-Fraktionschefin Josefine Paul, dass es NRW „an einem klaren Kurs“ in der Krise fehle. Die Corona-Schutzverordnung sei seit März 27 Mal geändert worden. „Wer soll da noch in der Lage sein, den aktuellen Stand auch nur zu kennen?“

Der Städte- und Gemeindebund in NRW nennt die Auflagen aus Städtesicht für Bürger und Unternehmen zwar eine Zumutung, aber auch "das vielversprechendste Mittel zur Eindämmung der Pandemie", so Präsident Roland Schäfer. "Die Wucht, mit der die zweite Welle angerollt ist, hat uns alle überrascht. Wenn wir die Welle jetzt nicht brechen, stößt das Gesundheitssystem im Dezember zwangsläufig an seine Grenzen. Das exponentielle Wachstum zwingt uns, frühzeitig Maßnahmen zu ergreifen. Uns allen stehen dunkle Wochen bevor."

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