Düsseldorf. Offener Machtkampf in der NRW-SPD: Kutschaty bewirbt sich um den Vorsitz – der amtierende Chef Hartmann wird von dessen Kandidatur überrumpelt.

Jetzt ist es amtlich: Der Chef der SPD-Landtagsfraktion, Thomas Kutschaty (52), hat seine Kandidatur für den Vorsitz der nordrhein-westfälischen SPD offiziell angekündigt. Er werde am 14. November beim Landesparteitag in Münster für den SPD-Parteivorsitz kandidieren, sagte Kutschaty am Donnerstag in Düsseldorf.

Der amtierende Chef der NRW-SPD, Sebastian Hartmann, wurde nach eigenen Worten von der Kampfkandidatur Kutschatys überrascht. „Während ich als erster Redner im Bundestag die Debatte zur Innenpolitik in der Haushaltswoche für die SPD eröffnete, erhielt ich von Kollegen den Kandidaturbrief Thomas Kutschatys zugeleitet“, teilte Hartmann mit. „Er hat mit mir nicht gesprochen.“

Amtierender SPD-Chef wusste nichts von Kandidatur

Zwei Jahre vor der Landtagswahl sei es sinnvoll, Partei- und Fraktionsvorsitz wieder in eine Hand zu legen, so Kutschaty. Damit würden die Chancen der SPD in kommenden Wahlkämpfen gestärkt. Zur Frage, ob die SPD durch einen Machtkampf geschwächt werden könnte, sagte Kutschaty: „Die CDU rennt mit drei Bewerbern durchs Land. Das sind demokratische Prozesse. Davon kann die Partei profitieren.“

Tatsächlich stehen bei der SPD nun zunächst zwei Kandidaten parat. Denn auch der aktuelle Landesparteichef Sebastian Hartmann hatte angekündigt, erneut für eine Kandidatur für den Vorsitz des mitgliederstärksten SPD-Landesverbands bereitzustehen. Der SPD-Bundestagsabgeordnete ist seit 2018 Landesparteichef.

Druck auf Hartmann ist enorm

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Der Druck auf Hartmann wächst seit Tagen. Die SPD hatte bei den Kommunalwahlen in NRW hohe Verluste hinnehmen müssen und ihr schlechtestes Ergebnis bei Kommunalwahlen überhaupt eingefahren. Die Partei hatte aber wichtige Städte wie Dortmund halten können. Nach Informationen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) tagten aber bereits nach der Kommunalwahl der SPD-Bundesvorsitzende Norbert Walter-Borjans, Bundestagsfraktionschef Rolf Mützenich, NRW-Landesgruppenchef Achim Post sowie die NRW-Regionalvorsitzenden für mehrere Stunden mit Hartmann und Kutschaty. Laut RND habe man Hartmann da bereits zum Rückzug bewegen wollen. Dazu sei der allerdings nicht bereit gewesen.

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Damit ist die seit längerem bereits schwelende Macht- und Führungsfrage im größten deutschen SPD-Landesverband eskaliert. Aber nicht nur Hartmann steht enorm unter Druck.

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Auch Kutschaty, der Oppositionsführer im Landtag ist und NRW-Justizminister war, hat Strahlkraft eingebüßt. Er ging arg gerupft aus der Kommunalwahl hervor: Er ist Vorsitzender der SPD Essen, die einst unangefochten die Geschicke dieser Stadt lenkte, dann aber schwächelte und bei der Ratswahl 2020 nur noch knapp 25 Prozent erreichte. Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) gewann in der einstigen SPD-Hochburg sogar gleich im ersten Wahlgang.

Eine Doppelspitze ist möglich - aber nur mit einer Frau

Möglich in der NRW-SPD wäre auch eine Doppelspitze nach dem Vorbild der Bundes-SPD. Der Landesvorstand werde einen entsprechenden Antrag für den Landesparteitag im November vorlegen, hatte Hartmann gesagt. Die Doppelspitze müsste aber mit einem Mann und einer Frau besetzt werden. Hartmann hatte zugleich klargemacht: „Ich stehe als Landesvorsitzender weiter zur Verfügung.“ Er hatte aber auch betont: „Wir schulden den Wahlkämpfern die Einheit der Partei.“ (red/dpa)