Düsseldorf. Bei der ersten Corona-Bekämpfung spielten Haus- und Fachärzte eine entscheidende Rolle. Aber wo sind die übrigen Risiko- und Vorsorgepatienten?
Elf Wochen nach dem ersten bestätigten Corona-Fall in NRW hat Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) die Situation in den Krankenhäusern des Landes als „kommod“ bezeichnet. Es seien in den Kliniken exakt 2637 Intensivbetten frei, teilte er am Montag in Düsseldorf mit. Auch die Fallzahlen wirken überschaubar: Es sind inzwischen landesweit zwar 35.114 Infizierte registriert, wovon allerdings 28.700 Menschen wieder als gesund gelten. Laumanns unausgesprochene Botschaft: Die Pandemie ist zwar nicht vorbei, aber mit einem verantwortungsbewussten Umgang jedes Einzelnen kommt das Land ganz gut durch die Pandemie.
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Dass das Robert-Koch-Institut die sogenannte Reproduktionszahl in NRW zu Wochenbeginn wieder über die kritische Marke von 1 auf 1,14 hochgesetzt hat, beunruhigt den Gesundheitsminister offenbar nicht so sehr. Er zitierte zugleich die Reproduktionszahl des Helmholtz-Instituts, die bei 0,85 lag. Der Verdoppelungszeitraum beim Infektionsgeschehen haben sich inzwischen auf 35 Tage summiert. Mit Ausnahme der Sondersituation im Kreis Coesfeld, wo der Corona-Ausbruch in einem Schlachterei-Betrieb die Statistik verhagelt, sei NRW weit entfernt von der neuen "Notbremse" im Pandemieverlauf. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte sich in der vergangenen Woche mit den Ministerpräsidenten darauf verständigt, dass die lokalen Behörden immer dann Gegenmaßnahmen ergreifen müssen, wenn es irgendwo innerhalb einer Woche zu mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner kommt.
Patienten nehmen wichtige Termine nicht wahr
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Sorgen macht sich Laumann derzeit um Nicht-Corona-Patienten. Er hoffe, dass in allen Arztpraxen die Regelversorgung zurückkehre. Viele Menschen meiden offenbar seit Wochen aus Angst von Ansteckung den Weg zum Haus-, Fach- oder Zahnarzt. „Wir stellen fest, dass Patienten wichtige Termine nicht wahrgenommen haben“, bilanzierte Frank Bergmann, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein. „Wir haben Praxen, die Umsatzeinbrüche von 50 Prozent haben und Kurzarbeit anmelden mussten“, so Bergmann. Für viele Patienten sei es gefährlich, Krankheiten zu verschleppen oder Vorsorgetermine nicht wahrzunehmen. Die niedergelassenen Ärzte hätten zahlreiche Hygienekonzepte umgesetzt und böten ausreichende Sicherheit.
Drastische Lage bei Zahnärzten
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Bei den Zahnärzten stellt sich die Lage offenbar noch drastischer dar. Allein zwischen Mitte März und Mitte April seien die abgerechneten Behandlungen um 50 Prozent eingebrochen, berichtete Holger Seib, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigungen Westfalen-Lippe. Bei den privaten Leistungen, die in der der Kalkulation von Zahnärzten eine besonders große Rolle spielen, sei der Rückgang wohl noch höher zu veranschlagen. Man könne die Praxis „nicht einfach zumachen“, weil es auch in der Pandemie einen Versorgungsauftrag gebe, so Seib.