Kairo/Washington. Das Video einer Enthauptung schockiert Washington. Die Terrormiliz Islamischer Staat will einen US-Fotografen als Vergeltung für den amerikanischen Militäreinsatz ermordet haben. Der Journalist wird seit 2012 vermisst. Die Echtheit des Videos hat der britische Außenminister bestätigt.

Aus Rache für die amerikanischen Luftschläge im Irak hat die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) nach eigenen Angaben einen US-Journalisten enthauptet. Die Gruppe veröffentlichte am Dienstag ein Video im Internet, das die Ermordung des Fotografen James Foley zeigen soll. Der britische Außenminister Philip Hammond stufte das Video als echt ein. Die Familie Foleys bestätigte den Tod des Fotografen auf Facebook. Die Terrormiliz hat nach eigenen Angaben noch einen zweiten US-Journalisten in ihrer Gewalt.

Alle Kennzeichen der Terrorbotschaft wirken "authentisch", sagte der britische Außenminister Hammond am Mittwoch. Britische Geheimdienste fahnden nun nach der Identität des Täters, der mit britischem Akzent gesprochen haben soll. Foley wurde seit November 2012 in Syrien vermisst.

Rache für Luftschläge der USA

IS-Extremisten gaben in dem im Internet veröffentlichten Video an, sie hätten Foley aus Rache für die amerikanischen Luftschläge im Irak enthauptet. Sollte Washington seine Luftschläge nicht einstellen, würden weitere Reporter sterben, drohten sie.

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In dem Video wird am Ende eine weitere Person gezeigt, die als "amerikanischer Bürger" vorgestellt wird. Es soll sich um den US-Journalisten Steven Sotloff handeln. Sotloff verschwand im August 2013 in Syrien, Foley wurde seit November 2012 in Syrien vermisst.

"Wir waren niemals stolzer auf unseren Sohn"

Die Familie Foleys veröffentlichte nach Bekanntwerden des Videos eine bewegende Botschaft. "Wir waren niemals stolzer auf unseren Sohn", schrieb die Mutter. Er sei ein außergewöhnlicher Sohn und Journalist gewesen. In dem auf der Facebook-Seite "Find James Foley" veröffentlichten Schreiben forderte Diane Foley die IS-Kämpfer auf, das Leben weiterer Entführter zu verschonen: "Sie haben keinen Einfluss auf amerikanische Politik im Irak, in Syrien oder irgendwo auf der Welt".

Von US-Seite wurde die Echtheit des Videos zunächst nicht bestätigt. "Die Geheimdienste arbeiten so schnell wie möglich, um die Authentizität festzustellen", sagte die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates. "Falls es echt ist, dann sind wir entsetzt über die brutale Ermordung eines unschuldigen amerikanischen Journalisten." US-Präsodent Barack Obama wurde noch auf dem Rückflug in den Urlaub an Bord der Air Force One vom stellvertretenden Sicherheitsberater Ben Rhodes über das Video informiert.

Dschihadisten langsam zurückgedrängt

Die US-Luftwaffe setzte ihre Angriffe auf die Terrormiliz fort. Auch durch die Unterstützung der USA gelingt es kurdischen Kämpfern und den irakischen Streitkräften, die Dschihadisten allmählich zurückzudrängen. Die USA rechnen jedoch nicht mit einem baldigen Ende ihrer Militäroperationen in dem ölreichen arabischen Land.

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Nach der Rückeroberung des Staudamms von Mossul begann am Dienstag eine Militäroffensive zur Vertreibung der IS-Terroristen aus der Stadt Tikrit. Die Armee meldete wenige Stunden später erste Erfolge. Irakische Soldaten rückten Sicherheitskreisen zufolge in Begleitung von Kampfhubschraubern nach Tikrit vor und schlugen sunnitische Extremisten in die Flucht. Staatliche Medien meldeten, dass Regierungstruppen das Gebäude der Provinzregierung von Salaheddin zurückeroberten. Auch einige Universitätsgebäude und ein Krankenhaus wurde laut Sicherheitsbehörden unter die Kontrolle der Armee gebracht.

Tikrit liegt rund 170 Kilometer von Bagdad entfernt. Die schwer bewaffneten IS-Kämpfer hatten die Geburtsstadt des früheren Herrschers Saddam Hussein im Juni erobert. Mehrere irakische Versuche, die Stadt zurückzuerobern, waren bisher gescheitert.

Obama will Extremisten zurückdrängen

Im Norden des Landes werden die Kurden im Kampf gegen den IS von US-Kampfflugzeugen unterstützt. US-Präsident Barack Obama stellt sich auf einen längeren Militäreinsatz ein. "Es wird Zeit brauchen", sagte Obama am Montag (Ortszeit) in Washington. "Es sollte keinen Zweifel daran geben, dass das Militär der Vereinigten Staaten weiterhin die begrenzten Einsätze ausführen wird, die ich gebilligt habe."

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Es gehe weiter darum, die Extremisten zurückzudrängen, um Amerikaner und US-Einrichtungen zu schützen. Zugleich stellte Obama klar: "Wir schicken nicht Tausende US-Truppen zurück auf den (irakischen) Boden." Den Vorstoß kurdischer Kämpfer zum strategisch wichtigen Mossul-Staudamm lobte Obama als wichtigen Schritt. Ein Bruch des Staudamms würde Tausende Menschenleben sowie die große US-Botschaft in Bagdad gefährden. Obama drängte den designierten irakischen Ministerpräsidenten Haidar al-Abadi, eine neue Regierung unter Einschluss aller Volksgruppen zu bilden. "Der Wolf steht vor der Tür", sagte er über den Vormarsch des IS im Irak.

1,2 Millionen Iraker sind auf der Flucht

Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sagte dem WDR/NDR-Studio Brüssel: "Das sind Terroristen. Die werden eine Bedrohung darstellen. Und zwar nicht nur für den Irak, sondern für die ganze Welt, wenn wir deren Vormarsch nicht aufhalten." Ein Nato-Einsatz im Irak - vergleichbar dem in Afghanistan - stehe aber derzeit nicht zur Debatte.

Das Flüchtlingshilfswerk UNHCR will neue Hilfslieferungen für rund eine halbe Million Menschen in den Nordirak bringen. Ab Mittwoch sollen Lufttransporte sowie Lieferungen über Land und über das Meer aus der Türkei, Dubai und Jordanien in die Krisenregion kommen. Rund 1,2 Millionen Iraker sind seit Anfang 2014 wegen der heftigen Kämpfe in ihrem Land und dem Vormarsch der IS-Miliz auf der Flucht. (dpa)