Stuttgart. Sie kursieren bei Youtube, Facebook und Twitter - aber dienen Bilder von getöteten Menschen im Irak der politischen Aufklärung? Oder verletzten sie die Menschenwürde? Petra Grimm, Leiterin des Instituts für Digitale Ethik an der Hochschule für Medien in Stuttgart bezieht Stellung.

Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) verfolgt religiöse Minderheiten im Nordirak auf brutale Weise, tötet viele Menschen. Inzwischen kursieren in sozialen Netzwerken wie Youtube, Facebook oder Twitter zahlreiche Aufnahmen dieser Gewalt. Mit politischer Aufklärung haben die meist nichts zutun, wie die Leiterin des Instituts für Digitale Ethik, Petra Grimm, in Stuttgart sagt.

Blut, Köpfe und Gedärme von ermordeten Menschen. Die Bilder aus dem Irak sind furchtbar. Darf man so etwas überhaupt zeigen?

Petra Grimm: Die Frage ist: Dienen solche Bilder der Aufklärung oder wird die Würde des gezeigten Menschen damit ein weiteres Mal verletzt? Wenn die Aufnahmen isoliert gezeigt werden, hat das mit Aufklärung nicht viel zutun. Man macht einen Menschen damit zum Schauobjekt. Solche Bilder, die Menschen instrumentalisieren, sollten nicht öffentlich gezeigt werden.

Inwieweit sind wir bei Gewaltdarstellungen schon abgestumpft?

Grimm: In den vergangenen 20 Jahren haben wir vor allem im fiktionalen Bereich - etwa im Fernsehen - eine Gewöhnung an Gewalt-Szenen erlebt. Die Bilder aus dem Irak sind aber so problematisch, weil sie authentisch sind. Da sind wir noch nicht so abgestumpft. Sie sind vor allem für Jugendliche, aber auch für Erwachsene, schwer einzuordnen und emotional zu verdauen.

Welche Verantwortung sehen Sie bei den Medien?

Grimm: Man sollte mit solchen gewalthaltigen Bildern viel sensibler umgehen - vor allem wenn sie ohne Kommentierung und Einordnung gezeigt werden.

Warum gibt es überhaupt ein Interesse an Terror-Bildern?

Grimm: Es ist natürlich die Konfrontation mit dem Existenziellen, mit dem Tod, die die Menschen beschäftigt. Auf der anderen Seite ist es auch ein gewisser Voyeurismus, der mit reinschwingt. Aber man sollte sich fragen: Was beabsichtigt jemand mit diesen Bildern? Das kann man als Nutzer ja leider nicht immer einordnen. Sie wissen nicht: Was oder wer ist die Quelle? (dpa)

Zur Person: Petra Grimm leitet das in diesem Jahr gegründete Institut für Digitale Ethik an der Hochschule der Medien in Stuttgart. Die Medienwissenschaftlerin forscht unter anderem zu den Themen Jugendliche und Medien sowie Medien und Gewalt.