Berlin. Der Bundestag hat das umstrittene Gesetz zur Sperrung von Kinderpornografie im Internet verabschiedet. Nutzer in Deutschland sollen künftig ein Stoppschild sehen, wenn sie eine gesperrte Seite anklicken. Kritiker sehen darin den Anfang einer umfassenden Internetzensur.

Der Kampf gegen Kinderpornografie im Internet bekommt eine rechtliche Grundlage. Der Bundestag verabschiedete am Donnerstag einen Gesetzentwurf, der Anbieter von Internetzugängen dazu verpflichtet, den Zugriff auf solche Inhalte zu erschweren. 389 Abgeordnete stimmten für das Gesetz, 128 dagegen. 18 enthielten sich. Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) wertete das Gesetz als klares gesellschaftliches Signal für die Rechte der Kinder. Kritisch äußerte sich dagegen der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar. Er sprach von einer «Hauruckaktion» und warnte vor einer möglichen Ausweitung der Internet-Sperren auf andere Bereiche.

Was zu sperren ist, bestimmt laut Gesetzentwurf das Bundeskriminalamt (BKA). Nutzer, die künftig Seiten mit Kinderpornos aufrufen wollen, stoßen auf eine Stopp-Meldung. Die Seiten bleiben weiterhin im Netz, nur der Zugriff wird blockiert.

Kritiker fürchten Anfang einer umfassenden Zensur

Anders als zunächst geplant dürfen die Strafverfolgungsbehörden die anfallenden Nutzerdaten nicht zur Ermittlung nutzen. Auch zivilrechtliche Ansprüche gegen die Anbieter von Internet-Zugängen, die einschlägige Seiten sperren, sind nicht mehr vorgesehen. Ein unabhängiges Expertengremium, das bei Schaars Dienststelle eingerichtet wird, soll die Sperrliste regelmäßig kontrollieren. Wenn das Gremium mehrheitlich gegen eine Sperrung votiert, muss diese Seite aus der Liste genommen werden.

Das Gesetz ist laut Entwurf befristet und tritt Ende 2012 wieder außer Kraft. Ursprünglich sollten die Schritte über eine Änderung des Telemediengesetzes durchgesetzt werden. Nun ist es als eigenständiges Gesetz konzipiert.

Die Regelungen sind umstritten. Kritiker befürchten, die Seitensperrungen könnten erst der Anfang einer umfassenden Internetzensur sein. Zweifel gibt es auch an der Effektivität der Internet-Blockaden.

"Gravierende Änderung unserer Medienordnung"

Auch Schaar wies auf die Gefahr hin, dass die Internet-Sperren auf andere Bereiche übertragen werden könnten. Es gehe um «eine sehr gravierende Änderung unserer Medienordnung - und dabei liegt es auf der Hand, dass derartige Sperrmechanismen später einmal auch bei vergleichbaren Zwecken genutzt werden könnten», sagte er.

Der Datenschützer kritisierte, das Gesetz sei in einer Art «Hauruckaktion» entstanden, «ohne dass eine ausführliche Beratung der Regelungen möglich gewesen wäre». Zudem habe er inhaltlich «insbesondere ein Problem mit der offenbar erst sehr spät gefundenen Vorgabe, ein Kontrollgremium einzurichten, das in meiner Dienststelle angesiedelt ist und dessen Mitglieder ich zu benennen habe - nach welchen Kriterien auch immer». Schaar sagte, es sei «eine völlig wesensfremde Funktion», die ihm da zugewiesen werden solle.

Von der Leyen wies die Vorbehalte zurück. «Es ist zynisch, in diesem Zusammenhang von Zensur zu sprechen, denn Vergewaltigungen von Kindern können nicht etwas sein, das in der Massenkommunikation zugänglich ist», sagte sie. Die Ministerin betonte auch, dass die Daten von Besuchern der mit einem Stoppschild gekennzeichneten Webseiten nicht gespeichert würden. «Hier soll kein Generalverdacht ausgesprochen werden», sagte sie. Es gebe immerhin auch viele, die zufällig auf diese Seiten gerieten. Vielmehr soll die Sperrung «präventiven Charakter» haben, damit Menschen gar nicht erst in den Bereich der Kinderpornografie hineingerieten. (ddp)