Berlin. . Linken-Fraktionschef Gregor Gysi will in Moskau Gespräche über die Ukraine-Krise führen. Der Politiker flog nach dem Parteitag der Linken am Sonntag in die russische Hauptstadt. Auf dem Parteitag waren zuvor die Vorsitzenden Kipping und Riexinger bestätigt worden.

Gegen neun Uhr ist Gregor Gysi dran. „Es ist nicht meine Zeit“, sagt er. Hinter den Delegierten liegen zwei Tage, jedes Mal war erst gegen Mitternacht Schluss. Nun sind sie ein wenig müde, ermattet. Der Redner hat einen Wachmacher parat. „Ich will meinen Beitrag zur Deeskalation leisten“, ruft Gysi aus. „Ich fliege heute nach Moskau. Ciao!“

Auf dem Parteitag der Linken, der am Sonntag im Berliner „Velodrom“ zu Ende ging, gab es zwei Aha-Beschlüsse: Der Regierung warf man Versagen in der Ukraine-Krise vor – Russland trage jedenfalls nicht die Hauptschuld – und Gysi wurde aufgefordert, den Vorsitz der Fraktion mit einer Frau zu teilen.

Jedes Mal stand Gysi im Mittelpunkt, viel mehr als das Führungsduo Katja Kipping und Bernd Riexinger. Beide wurden im Amt bestätigt, sie mit 77 Prozent der Stimmen, er sogar mit 89 Prozent. Als sie im Juni 2012 auf dem Göttinger Parteitag die Führung übernahmen, waren sie das letzte Aufgebot.

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Die Partei war zerstritten, frustriert, die Umfragen raubten den Linken den Schlaf. Seither hat die Partei ihre Balance wiedergefunden: Stärkste Oppositionsfraktion, gute Chancen in den nächsten Wahlen, inklusive der Aussicht, in Thüringen den Ministerpräsidenten zu stellen.

Wagenknecht konzentriert sich auf die Fraktion

Man hat Kipping und Riexinger zwar oft genug belächelt, aber irgendetwas müssen sie richtig gemacht haben. Die sozialistische Tageszeitung „neues deutschland“ nennt sie „die Parteiberuhiger“. Der Lohn dafür war ihre Wiederwahl am Samstag.

Politisch spielt die Musik allerdings woanders: im Bundestag. Sahra Wagenknecht hat es erkannt. Am Wochenende kandidierte sie nicht erneut als Vizechefin und machte Platz für Janine Wissler. Manche nennen sie die neue Wagenknecht, weil auch die 32-Jährige attraktiv, eloquent – und genau so radikal ist. Sie vertritt den linken Flügel und als Fraktionschefin in Hessen immerhin einen erfolgreichen West-Verband; in Niedersachsen oder in Nordrhein-Westfalen ist die Linkspartei nicht mehr im Landtag.

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Wagenknecht konzentriert sich auf die Fraktion, bisher: Gysis Bühne. Er ist alleiniger Fraktionschef. Auf eine Doppelspitze hat er keine Lust. Der Antrag, bis Jahresende „eine quotierte Doppelspitze zu wählen“, kam aus Nordrhein-Westfalen, aus Wagenknechts Verband. Es sieht so aus, als würde sie drängen. Postwendend erinnerte er daran, dass die Spitze der Fraktion aber bis Herbst 2015 gewählt ist...

Linke in Ukraine-Krise "außenpolitisch isoliert"

Gut möglich, dass sich Gysi nicht nur um die Ukraine-Krise, sondern bald auch um den Frieden in den eigenen Reihen kümmern muss. Im Osten, wo die Partei was reißen kann, sind andere Signale gefragt: Weniger Rangkämpfe – mehr Zusammenhalt. Die Kandidaten Christian Görke (Brandenburg), Bode Ramelow (Thüringen) und Rico Gebhardt (Sachsen) ließen sich fotografieren, wie sie gemeinsam eine Hantel in die Höhe hielten. Die Scheiben waren allerdings aus Plastik.

Wenn man richtig was stemmen will, dann mithilfe der SPD. Mit ihr regieren sie schon in Brandenburg; auch in Thüringen könne es reichen. Das Dilemma ist nur, dass die Partei in der Ukraine-Krise zwar nahe bei sich, aber „außenpolitisch isoliert“ ist, wie der SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann kritisiert. Immer, wenn man den Eindruck hat, jetzt könnte was gehen, geht es dann doch nicht.