Berlin. . Europas Abhängigkeit von Energie aus Russland soll auf den Prüfstand. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) warnte den russischen Präsidenten Putin vor dem Griff nach der Ostukraine . Aus dem Club der wichtigsten Industrienationen wurde Russland einfach ausgeschlossen.
Seit jeher hat Kanzlerin Angela Merkel (CDU) einen kritischen Blick auf die deutsche Abhängigkeit von Gas- und Öllieferungen aus Russland. Nun, im Zuge der Krim-Krise, droht sie nicht nur mit weiteren politischen und auch wirtschaftlichen Sanktionen. Sie will auch eben diese Abhängigkeit von russischem Gas und Öl reduzieren, kündigte sie am Donnerstag im Bundestag an.
Europa müsse „mit Nachdruck und Hochdruck an einem europäischen Energie-Binnenmarkt arbeiten“, sagte sie und riet dazu, die Bezugsquellen und Transportwege auf viele verschiedene Füße zu stellen, „um unsere Importabhängigkeit weiter zu verringern“. Was sie am Ende ihrer Rede wie beiläufig erwähnte, kommt einer Warnung an Russland gleich.
In Europa gehöre die Versorgungssicherheit auf den Prüfstand – „gerade im Zusammenhang mit den Ereignissen in der Ukraine“, sagte Merkel. Wenn sie das ernst meint, kann es nur darum gehen, mehr auf alternative Lieferanten, Effizienz (Spartechniken) und erneuerbare Energien zu setzen.
Liste der Personen mit Reisebeschränkungen wird länger
Die Frage nach den Konsequenzen stellt sich nun dringlicher denn je, für osteuropäische Nachbarn wie Polen mehr als für Deutschland. Die Lieferverträge sind indes langfristig angelegt. Sie waren nicht gemeint, wenn Merkel mahnte, der Anschluss der Krim an Russland erfordere „die entschlossene wie geschlossene Antwort Europas und seiner Partner“.
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Als die Kanzlerin am Donnerstag zum EU-Gipfel nach Brüssel abflog, stand bereits fest, dass die Liste der bisher 21 Personen ausgeweitet wird, gegen die Reisebeschränkungen und Kontensperrungen verhängt wurden.
In der Nacht beschloss der Gipfel, aus Protest gegen die Annexion der Krim die europäische Sanktionsliste gegen Russland auszuweiten. Gegen zwölf zusätzliche Personen werden Einreiseverbote und Kontensperrungen verhängt. Einige seien "wirklich hochrangig", sagte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy. Damit erhöht sich die Zahl der Betroffenen auf insgesamt 33.
Zuvor kündigte Merkel an, „darüber hinaus werden wir Konsequenzen für die politischen Beziehungen ziehen“. In allen internationalen Organisationen – zuletzt im UN-Sicherheitsrat – sei Russland schon „weitgehend isoliert“. Das gilt auch für die G-8, den Club der acht stärksten Industrienationen. Die Russen bekommen Clubverbot – obwohl sie dieses Jahr die Gastgeber wären. Im Juni wollte der russische Präsident Wladimir Putin nach Sotschi einladen. Das ist vorbei.
„Solange das politische Umfeld für ein so wichtiges Format wie die G-8 nicht gegeben ist, gibt es die G-8 nicht mehr – weder den Gipfel noch die G-8 als solches“, sagte Merkel. Auch die deutsch-russischen Konsultationen – für Ende April in Leipzig geplant – werden immer unwahrscheinlicher. Merkel wartet zwar die Entwicklung ab, tendiert aber zu einer Absage.
Linken-Fraktionschef Gregor Gysi warf der Kanzlerin „Duckmäusertum“ vor, wohlgemerkt: gegenüber den USA. Dabei erfährt Merkel im Bundestag für ihre Linie viel Zustimmung, teils sogar aus Reihen der Linkspartei. So würdigte Fraktionsvize Dietmar Bartsch, Merkel nehme eine „moderierende Rolle“ ein. Vernünftig sei auch, „dass sie fast täglich mit Putin redet“. Da handle sie „ziemlich klug“. Von ihr habe er auch bei Debatten über einen Nato-Beitritt der Ukraine „keine scharfmacherischen Worte gehört“.
Im Zweifel will Merkel nachlegen
SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann warnt nun davor, dass Putin überall eingreifen könnte, wo er russische Bürger in Gefahr wähne. Eine solche „Putin-Doktrin“ würde auf ein automatisches Interventionsrecht hinauslaufen. Oppermann: „Ein solches Recht gibt es nicht, ein solches Recht kann es gar nicht geben.“ Er lässt den Hinweis nicht gelten, dass auch die Nato mit dem Kosovo-Krieg das Völkerrecht gebrochen habe. Wenn das Vorgehen auf der Krim relativiert werde, „finde ich das unerträglich“, sagte Oppermann.
Falls Putin tatsächlich nach dem Osten der Ukraine greift und die Lage sich verschärft, will Merkel nachlegen, erklärte sie am Donnerstag. „Dabei wird es ganz ohne Zweifel auch um wirtschaftliche Sanktionen gehen.“