Düsseldorf. . Die SPD-Ministerin ist zufrieden: Das Landeskabinett beschließt nämlich die Hochschulreform mit seinen 84 Paragrafen, obwohl es in der  rot-grünen Koalition nur notdürftig abgestimmt ist - und die Unis die Änderungen rundweg ablehnen. Nun ist das Parlament am Zug.

Als Svenja Schulze ihr „Hochschulzukunftsgesetz“ in der Düsseldorfer Staatskanzlei präsentieren will, hat sie Probleme, sich verständlich zu machen. Drei Mikrofone werden der NRW-Wissenschaftsministerin nacheinander gereicht. Eins rauscht, eins piept, eins gibt gar keinen Laut. Es ist die schrille Schlussouvertüre eines fünfmonatigen Diskussionsprozesses, der Hochschulen und Öffentlichkeit einiges an Nerven kostete.

Das rot-grüne Kabinett hat Schulzes Gesetz mit seinen 84 Paragrafen so beschlossen, wie Schulze es wollte. Das schien lange keineswegs sicher. In Kenntnis der Kräfteverhältnisse erklärte die Ministerin nun zufrieden: „Es geht nicht um Machtfragen.“ Und: „Wir beenden das Dogma der unternehmerischen Hochschule“. Die weitgehende Freiheit, die Amtsvorgänger Andreas Pinkwart (FDP) den 37 staatlichen Hochschulen 2006 gewährt hatte, soll deutlich eingeschränkt werden.

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Von Wilfried Goebels und Matthias Korfmann

Der Hinweis, dass die lange mittelmäßigen NRW-Unis gerade erst Exzellenz entwickelt hatten und den doppelten Abiturjahrgang entgegen allen Unkenrufen bewältigen konnten, dass es also gar keinen Reformbedarf gebe – all das verfing nicht. Das geltende Hochschulrecht stehe nun einmal „nicht unter dem Schutz des Weltkulturerbes“, spottete Schulze.

Schulze bleibt hart

Nach Proteststürmen aus dem Wissenschaftsbetrieb macht das Ministerium nur minimale Zugeständnisse. So wird klargestellt, dass bei der privaten Forschungsförderung Geschäftsgeheimnisse auch künftig geschützt sind und nur beendete Projekte transparent gemacht werden müssen. Auf eine Möglichkeit zur Aberkennung des Promotionsrechts verzichtet das Ministerium nun ebenfalls.

In zwei zentralen Punkten bleibt Schulze jedoch hart: Das Ministerium will sich das Recht vorbehalten, den Hochschulen künftig wieder „Rahmenvorgaben“ zu machen und bei Verstößen gegen Transparenzforderungen Finanzmittel einzufrieren. „Dabei wird es bleiben. Wir dürfen im Interesse des Steuerzahlers kein zahnloser Tiger sein“, sagte die Ministerin.

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Von den Uni-Rektoren wird dies weiterhin als Anschlag auf die Hochschulautonomie gewertet. Der Verweis Schulzes, dass in NRW dann immer noch größere Freiheit herrsche als in anderen Bundesländern, wirkt für viele Professoren wie der Ruhrgebiets-Kalauer: „Woanders is’ auch scheiße“.

Grüne Version klingt anders

Koalitionspolitisch bleibt das Vorgehen bemerkenswert. Die Grünen stoßen sich schließlich vor allem am Ansinnen der Ministerialbürokratie, künftig die Uni-Rektoren mit Finanzsanktionen und inhaltlichen Leitplanken gängeln zu wollen. Grünen-Wissenschaftsexpertin Ruth Seidl hatte ihre Kritikpunkte in seltener Offenheit markiert. „Ich war über diese Kritik schon überrascht“, sagte Schulze über die Einwände des Koalitionspartners. Jetzt seien die Differenzen jedoch ausgeräumt.

Bei den Grünen ist eine etwas andere Version zu hören. Dort ist man befremdet, dass dem Landtag ein nur notdürftig abgestimmter Gesetzestext vorgelegt wird. Auch für diesen Gesetzentwurf gelte die Regel: „Kein Gesetz verlässt das Parlament so, wie es hineingekommen ist. Dabei stehen alle Punkte auf der Agenda, die uns besonders wichtig sind, von Rahmenvorgaben bis zu den Regelungen zur Exmatrikulation“, kommentierte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Sigrid Beer.

Bis zum geplanten Inkrafttreten am 1. Oktober wird sich zeigen, ob dem Gesetz nach dem Hochschulfrieden gleich auch der Koalitionsfrieden im Landtag geopfert wird. Bislang scheinen die Positionen der Regierungspartner jedenfalls in wichtigen Punkten unvereinbar.