Dortmund. . Die Signale der Landesregierung, die Hochschulreform zu entschärfen, besänftigen Hochschul-Rektoren offenbar nicht. Prof. Ursula Gather, Vorsitzende der Konferenz der Uni-Rektoren in NRW, befürchtet weiter massive Eingriffe aus Düsseldorf, sollte das „Hochschulzukunftsgesetz“ 2015 in Kraft treten.

Die Kritik an dem Entwurf zum neuen Hochschulgesetz ist massiv. Seit Wochen tobt ein Kampf um die Reform, mit der Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (SPD) wieder mehr ministerielle Kontrolle herstellen will. Jüngst signalisierte die Landesregierung Nachbesserungen bei zentralen Punkten. Das betrifft die Transparenz bei Forschungsgeldern durch Private (Drittmittel), die Finanzautonomie der Hochschulen sowie das Promotionsrecht. Wir sprachen mit Ursula Gather, Vorsitzende der Landesrektorenkonferenz und Rektorin der TU Dortmund.

Frau Gather, sind Sie mit den Regelungen nun zufrieden?

Ursula Gather: Uns wurde vom Ministerium bisher offiziell kein überarbeiteter Entwurf übersandt. Nach unseren letzten Gesprächen gehen wir aber davon aus, dass unsere Argumente aufgegriffen werden. So wäre die Möglichkeit des Entzugs des Promotionsrechts verfassungsrechtlich nicht zu halten. Eine Streichung dieses Passus’ ist eine Selbstverständlichkeit.

Und wie ist es mit dem Thema Transparenz bei Drittmitteln?

Gather: Die Hochschulen in NRW waren in ihrer Zusammenarbeit mit der Wirtschaft sehr erfolgreich. Doch diese Kooperationen brauchen die passenden Rahmenbedingungen, die einen angemessenen Schutz etwa bei Patentverfahren garantieren. Hier hoffen wir auf eine Formulierung, die – bei aller gebotenen Transparenz – solchen Schutz bietet.

Welche Punkte müssten überdies verändert werden und warum?

Gather: Dazu gehört vor allem die Möglichkeit, dass das Ministerium zukünftig Teile der Haushaltsmittel der Universitäten als Sanktion einbehalten kann. Diese Mittel bekommen die Universitäten zur Erfüllung ihrer Aufgaben. Diese kann man ihnen nicht einfach wieder entziehen. Der Einbehalt zugewiesener Mittel bei auch nur teilweiser Nichterfüllung eines Informationsgesuchs ist als Sanktion völlig ungeeignet.

Was stört Sie noch?

Gather: Wir lehnen das Instrument der Rahmenvorgabe weiterhin ab, da durch sie eine unverhältnismäßige Ausweitung der Befugnisse der Ministerialbürokratie erfolgt und faktisch die Fachaufsicht durch das Ministerium wieder eingeführt wird. Dabei sollen diese Rahmenvorgaben Gesetzesstatus haben und ohne Beteiligung des Parlaments erlassen werden können. Im Hochschulbereich hat es in den letzten Jahren keine Fehlentwicklungen gegeben. Dies hat die Ministerin selbst bestätigt. Somit gibt es auch keinen Anlass für diese Detailsteuerung. Was damit erreicht wird, ist ein Stärkung der Ministerialbürokratie und eben nicht des Parlaments.

Wo könnten Sie Zugeständnisse machen?

Gather: In unserer ausführlichen Stellungnahme haben wir bereits diverse Punkte im Entwurf unstrittig gestellt, etwa die Rolle des Senats, die Einrichtung einer Hochschulwahlversammlung sowie den damit verbunden neuen Wahlmodus des Präsidiums und vieles mehr. Insgesamt scheint es aber beim Grundtenor des Entwurfs und der enormen Regelungsdichte geblieben zu sein – letztlich ist dies keine Hochschulautonomie mehr. Diese Regelungsdichte wird das Leben der Universitäten deutlich erschweren. Von Nöten wäre stattdessen der Erhalt unserer Eigenverantwortung, damit wir uns in einer globalen Wissenschaftslandschaft weiter behaupten können.

Warum gefährdet das neue Gesetz die Wissenschaftsfreiheit?

Gather: Die Gesamtregelungsdichte schränkt unsere Flexibilität ein. Im Entwurf ist angelegt, dass das Ministerium bis ins kleinste Detail Vorschriften erlassen kann. Unverhältnismäßig wird es dann, wenn ein Ministerium besser als die Hochschullehrer vor Ort entscheiden können will, ob ein Seminar die Anwesenheit von Studierenden erfordert oder nicht. Auch die Ausgestaltung und Benennung der Forschungsschwerpunkte muss durch die Hochschulen selbst erfolgen.

Sind tatsächlich der Wissensstandort und Arbeitsplätze bedroht?

Gather: Die Wissenschaft und die Hochschulen befinden sich in einem globalen Wettbewerb um die klügsten Köpfe. Hierfür bedarf es Rahmenbedingungen, die ein Klima der Wissenschafts- und Innovationsfreundlichkeit befördern. Handlungsfähige, flexible und eigenverantwortliche Hochschulen sind hierfür eine Voraussetzung. Wie eine höhere Regelungsdichte und mehr Bürokratie dazu beitragen sollen, ist uns nicht erklärlich.