Düsseldorf. . Für ihre Hochschulpläne steht NRW-Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (SPD) seit Monaten in der Kritik. Vor allem die Rektoren der Universitäten trieb sie mit ihren Reformplänen auf die Barrikaden. Doch alle Vorwürfe prallen bislang an ihr ab. Das verdankt die SPD-Frau nicht zuletzt ihrer ausgeprägten Selbstbeherrschung.
Svenja Schulze ist ein höflicher Mensch. Wenn die NRW-Wissenschaftsministerin eine allzu kritische Frage über sich ergehen lassen muss, neigt sie den Kopf verständnisvoll zur Seite und knipst ein strahlendes Lächeln an. Selbst grobe Unverschämtheiten wehrt sie mit einer Selbstbeherrschung ab, die allenfalls Zen-Buddhisten aufbringen. Kontrollverluste der SPD-Politikerin sind nicht überliefert. Dabei steht die umstrittenste Ministerin der Landesregierung seit Wochen im Zentrum eines erbitterten Kampfes um die Neuausrichtung der Hochschulpolitik.
Rot-Grün will gegenüber den 37 staatlichen Hochschulen in NRW wieder mehr Steuerungs- und Kontrollrechte ausüben. Es geht um inhaltliche Rahmenvorgaben und Nachweise über die Verwendung der staatlichen Milliarden. Von „Transparenz“ und verfassungsgemäßem Bildungsauftrag spricht Schulze. Von Gängelung ohne Not und Anlass die Rektoren.
Schwerer Start
Die weitestgehende Hochschulautonomie, die FDP-Minister Andreas Pinkwart 2007 geschaffen hatte, wird beschnitten. Dass es so kommen würde, konnte jeder nach dem rot-grünen Wahlsieg 2012 im Koalitionsvertrag lesen. Kaum jemand aber ahnte, dass der Wissenschaftsbetrieb regelrecht Kopf stehen und die Wirtschaft gar um den Forschungsstandort bangen würde. Was ist schief gelaufen?
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Svenja Schulze hatte einen schweren Start als Wissenschaftsministerin. Die 45-Jährige kam 2010 überraschend ins Amt, wohl auch, weil Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) wenige profilierte Köpfe für ihre wackelige Minderheitsregierung gewinnen konnte. Schulze kümmerte sich bis dahin im Landtag um Umwelt- und Verbraucherthemen.
Berührungspunkte zur Hochschulpolitik hatte die studierte Germanistin und Politologin als frühere Landesschülersprecherin und Asta-Vorsitzende der Universität Bochum. Nichts ehrenrühriges, doch die Opposition führte den Titel „Asta-Vorsitzende“ von Beginn an wie ein Schimpfwort im Munde.
Kraft stützt die Ministerin
„Sie hat bei den Rektoren nie Kredit gehabt“, heißt es im Landtag. Im Wissenschaftsbetrieb, diesem ganz eigenen Kosmos der klugen Köpfe, ist es für ein SPD-Eigengewächs wie die ehemalige Münsteraner Juso-Vorsitzende nicht leicht, akzeptiert zu werden. Mancher unterschätzte jedoch ihre Nehmerqualitäten und ihren Rückhalt bei der Regierungschefin. Kraft war nicht nur 2011 Schulzes privater Hochzeitsgast, sie gilt auch als überaus loyale Chefin und beließ Schulze nach dem triumphalen Wahlsieg 2012 weiter im Amt. Trotz Patzern wie einer peinlichen Affäre um angeblich verschwundene Atom-Kugeln aus dem Forschungsreaktor Jülich.
Der Ministeriumsapparat bestärkt seine Ministerin schon deshalb, weil sich die Beamten nicht länger auf die bloße Rechtsaufsicht des autonomen Hochschulbetriebs beschränken wollen. „Man merkt ganz klar, dass die Ministerialbürokratie wieder zurück ins Spiel will“, sagt der Präsident der Hochschule Niederrhein, Hans-Hennig von Grünberg.
Die Grünen wundern sich über ihre Kommunikation
Auch aus der rot-grünen Koalition ist keine offene Kritik zu vernehmen. Allenfalls die Grünen wundern sich über Schulzes Kommunikationsstrategie. Statt die Hochschulen behutsam auf die Reformüberlegungen einzustimmen, seien diese mit Kampfparolen gegen die „unternehmerische Universität“ und die angeblich undurchsichtigen Rektorengehälter auf die Barrikaden getrieben worden. Ein ungelenk formulierter Referentenentwurf zum geplanten Gesetz, das bis heute nicht den Landtag erreicht hat, erweckte obendrein den Eindruck, Rot-Grün wolle die Wirtschaft aus der Forschungsfinanzierung drängen. Zu einem Klärungsgespräch mit der Spitze der Landesrektorenkonferenz schickte Schulze nur Vertreter „der Arbeitsebene“.
Bis die Hochschulreform im Herbst Gesetz wird, wartet auf Rot-Grün allerhand atmosphärische Reparaturarbeit. Er gehe davon aus, dass nicht alles falsch gewesen sei, was die Unis an Kritik vorgetragen hätten, sagte neulich SPD-Fraktionschef Norbert Römer – und ließ damit aufhorchen. Ein alter Gewerkschaftshaudegen wie Römer weiß eben, dass man am meisten erreicht, wenn sich am Ende von Verhandlungen alle als Sieger fühlen.