Düsseldorf. . 1,3 Millionen Arbeitnehmer würden von einem gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro in der Stunde profitieren: Kellner, Verkäuferinnen, Erntehelfer und viele andere. Viele Niedriglöhner sind unter 25 oder über 64 Jahre. Dies dürfte überraschen: Die meisten haben eine gute Ausbildung.

In NRW würden nach Angaben des DGB-Landesvorsitzenden Andreas Meyer-Lauber mehr als 1,3 Millionen Arbeitnehmer von einem gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro profitieren. Der Gewerkschafts-Chef fordert eine fast lückenlose Einführung des Mindestlohns – mit Ausnahmen nur für Auszubildende, Praktikanten und Ehrenamtliche. Dagegen fürchtet das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) „erhebliche Beschäftigungsverluste“ vor allem im Handel, Gastgewerbe und in der Landwirtschaft.

Nach einer Studie des Instituts für Arbeit und Qualifikation an der Universität Duisburg-Essen verdienen 526.000 Arbeitnehmer in Nordrhein-Westfalen weniger als sechs Euro und weitere 828.000 weniger als sieben Euro die Stunde. Institutsleiter Gerhard Bosch erwartet keine negativen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt durch eine Einführung des Mindestlohns.

Besonders betroffene Branchen

Besonders viele Beschäftigte mit Niedriglöhnen finden sich im Gastgewerbe – sei es als Bedienung oder etwa als Küchenhilfe. Hier arbeiten 58 Prozent der Beschäftigten mit Niedriglöhnen.

Bei Dienstleistungen, etwa bei Friseuren oder Reinigungsfirmen, sind es laut Studie 39 Prozent.

Im Einzelhandel verdienen den Untersuchungen zufolge 34 Prozent der Beschäftigten weniger als 8,50 Euro.

Bundesweit arbeiten allein 200.000 Taxifahrer in der Regel unterhalb des Mindestlohns.

In der Landwirtschaft würde ein Mindestlohn Tausende Saisonarbeiter betreffen, die etwa zur Spargel- oder Erdbeerernte regelmäßig im Einsatz sind.

Auf der anderen Seiten arbeiten zum Beispiel bei Banken und Versicherungen nur sieben Prozent der Beschäftigten für einen Stundenlohn unter 8,50 Euro.

Knapp jeder fünfte Beschäftigte bekommt weniger als 8,50 Euro

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Von Christian Kerl und Miguel Sanches

Insgesamt verdienen in NRW 18,3 Prozent der Beschäftigten weniger als 8,50 Euro die Stunde. Bei Minijobs liegen sogar 81,9 Prozent unter dieser Grenze.

Instituts-Chef Bosch betont, dass der Anteil der Qualifizierten am Niedriglohnbereich in den letzten 20 Jahren stetig gewachsen sei. So verfügen über 70 Prozent der Nie-driglöhner in NRW über eine abgeschlossene Berufsausbildung oder sogar einen Hochschulabschluss.

„Ein Fehlschlag“ - Unternehmerverband besorgt

Der IW-Arbeitsmarktexperte Holger Schäfer hält es dagegen für plausibel, dass eine Anhebung des Lohnniveaus zum Verlust von Arbeitsplätzen führen würde. Ein gesetzlicher Mindestlohn ohne Ausnahmen würde aus Sicht der Wirtschaft vor allem jüngere Arbeitnehmer, Alleinverdiener, Langzeitarbeitslose und Beschäftigte über 64 Jahren treffen.

„Es wäre ein arbeitsmarktpolitischer Fehlschlag, wenn sich junge Menschen wegen eines höheren Mindestlohns gegen eine qualifizierte Ausbildung entscheiden würden“, klagte der Hauptgeschäftsführer der Unternehmerverbände in NRW, Luitwin Mallmann.

So verdienen 49,6 Prozent der unter 25-Jährigen und 44,3 Prozent der über 64-Jährigen heute weniger als 8,50 Euro Stundenlohn. Frauen sind mit einem Anteil von 24 Prozent betroffen. DGB-Landeschef Meyer-Lauber lehnte Pläne für einen „löchrigen Mindestlohn“ ab, bei dem Beschäftigte unter 18 Jahren ausgeschlossen würden. Dies sei eine „unzulässige Altersdiskriminierung“. Wer zur Bundeswehr gehen könne und einen Führerschein mache, dürfe nicht beim Mindestlohn ausgegrenzt werden.

Meyer-Lauber erwartet, dass die Einführung eines Mindestlohns die Sozialsysteme stärkt, den Staat von Sozialleistungen entlastet und die Kaufkraft der Beschäftigten erhöht. Das sieht der NRW-Unternehmerverband völlig anders: Gerade Langzeitarbeitslose würden ihrer Chancen auf dem Arbeitsmarkt beraubt, wenn der gesetzlich verordnete Mindestlohn höher sei als die Produktivität ihrer Arbeit.