Bochum. Verdi sieht besonders für Leiharbeiter in Entsorgungsbetrieben Vorteile. Die IG-Metall bezeichnet die Ankündigung für Arbeitnehmer kleinerer Betriebe ohne Tarifbindung als „Riesengewinn“. Die Arbeitgeberverbände Ruhr/Westfalen sehen dagegen Programme für Berufseinsteiger in Gefahr.

Die Gewerkschaften in Bochum begrüßen die geplante Einführung eines flächendeckenden Mindestlohns von 8,50 Euro pro Stunde. Er sei positiv für „alle Branchen ohne Tarifverträge, in denen das Tor für Löhne nach unten offen ist, sagte die Verdi-Bezirksgeschäftsführerin Gudrun Müller.

Beispielsweise für Leiharbeiter in der hiesigen Entsorgungswirtschaft könnte der Mindestlohn einen positiven Effekt haben, so die Verdi-Gewerkschaftssekretärin für Ver- und Entsorgung, Bettina Gantenberg. Zwar wurde bereits vor einigen Jahren ein Mindestlohn in der Abfallwirtschaft ausgehandelt, der derzeit bei 8,69 Euro liegt.

Für manche Beschäftigte ein „Riesengewinn“

„Er muss aber alle sechs bis neun Monate neu verhandelt werden“, so die Expertin. Bis er dann wieder in Kraft trete, vergehe jedes Mal bis zu einem Vierteljahr. Leiharbeitsfirmen nutzten diese Zeitspanne aus, um weniger zahlen. „Ein Euro bis 1,50 Euro weniger pro Stunde für den Arbeitnehmer sind dann keine Seltenheit“, moniert Gantenberg.

Auch die IG-Metall begrüßt den Vorstoß in Richtung Mindestlohn. In der Metall- und Elektrobranche könnten vor allem ungelernte Leiharbeiter ohne Ausbildungsplatz profitieren. Die untersten Entgeltgruppen liegen hier knapp unter einem Stundenlohn 8,50 Euro, berichtet die erste Bevollmächtigte Eva Kerkemeier.

Zudem gebe es in Bochum kleine Metall- und Elektrobetriebe, die nicht den geltenden Tarifvertrag anwendeten. „Für die Beschäftigten in diesen Betrieben ist ein Mindestlohn als gesetzlicher Anspruch natürlich ein Riesengewinn“, sagte Kerkemeier.

Arbeitgeber bleiben skeptisch

So rechte Jubelstimmung will bei den Bochumer Arbeitgeberverbänden Ruhr/Westfalen nicht aufkommen. „Die jetzt gefundene Formel für ein Mindestlohnpaket halte ich sozial- und arbeitsmarktpolitische für mehr als bedenklich“, so der skeptische Kommentar von Hauptgeschäftsführer Dirk W. Erlhöfer.

Auf der einen Seite hätten ungelernte Berufseinsteiger ohne Ausbildung ohnehin deutlich über der 8,50 Euro-Grenze liegende Stundenlöhne (siehe Kosten). Auf der anderen Seite gefährde nach Darstellung Erlhöfers die Mindestlohnregelung bestimmte Projekte, die die Arbeitgeber aufgelegt hätten, um jungen Leuten, die sonst kaum eine Chance auf eine Ausbildungsstelle, geschweige einen tariflichen Arbeitsplatz haben, doch noch in die Arbeitswelt zu integrieren.

Als Beispiele verweist er auf die beiden Berufseinsteigerprogramme „Start in den Beruf“ (Chemie) und „Förderung der Ausbildungsfähigkeit“ (Metall). Sollten hier jetzt bei den über 18-Jährigen Löhne von 8,50 Euro/Stunde gezahlt werden müssen, sieht Erlhöfer die Projekte als sehr gefährdet an.