Berlin. Die dramatische Rettungsaktion für die marode Bank Hypo Real Estate (HRE) hat Bundesfinanzminister Peer Steinbrück vor dem HRE-Untersuchungsausschuss verteidigt. Die Regierung habe richtig reagiert und Schaden von Deutschland und seinen Bürgern abgewendet.

Die dramatische Rettungsaktion für die marode Bank Hypo Real Estate (HRE) ist aus Sicht von Finanzminister Peer Steinbrück ohne größere Fehler abgelaufen. Die Bundesregierung habe Ende September 2008 «angemessen und richtig» auf die Beinahe-Pleite des Münchener Finanzkonzerns reagiert und so eine «Kernschmelze des Weltfinanzsystems» verhindert, sagte der stellvertretende SPD-Vorsitzende am Donnerstag vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestags in Berlin.

Zu dem Rettungswochenende, bei dem Bund und Finanzwirtschaft erst in letzter Minute ein Rettungspaket vereinbarten, sagte Steinbrück: «Wir mussten in Echtzeit handeln, unter einem enormen Zeitdruck. Und das bei nicht immer vollständigen Informationen.» Vor diesem Hintergrund habe die Regierung richtig reagiert und Schaden von Deutschland und seinen Bürgern abgewendet.

«Wir haben richtig entschieden», sagte Steinbrück im Rückblick. Der Minister gab zu bedenken: «Es war nicht die Politik, die diese Krise verursacht hat. Wir haben sie aber gemeistert.»

Der Minister bestritt Vorwürfe, sein damaliger Chefunterhändler, Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen, sei unvorbereitet in den Rettungspoker hineingeschlittert und habe sich von den Privatbanken über den Tisch ziehen lassen. «Dies ist absurd und widerlegt. Darum gehe ich nicht darauf ein», sagte Steinbrück. Asmussen habe keinesfalls schlecht verhandelt, sondern «beinhart und bis an die Schmerzgrenze». Dabei sei der Unterhändler seinen Vorgaben gefolgt.

Neue Balance zwischen «Vergütung und Verantwortung»

Steinbrück bekräftigte die Auffassung der Bundesregierung, dass die existenzbedrohende Schieflage der HRE erst durch die überraschende Pleite der US-Investementbank Lehman Brothers am 15. September ausgelöst wurde, weil der Inter-Bankenmarkt für Kredite danach zum Erliegen kam. Vorher habe die Bankenaufsicht seiner Behörde keine «dramatischen Befunde» zur Hypo Real Estate geliefert. Andere Behauptungen seien «falsch und irreführend».

Steinbrück verlangte, die Staatengemeinschaft müsse dringend Lehren aus der beispiellosen Krise ziehen. Gebraucht würden handlungsfähige Staaten, die den entfesselten Märkten Regeln setzten. Nötig sei zudem eine neue Balance zwischen Finanzmärkten und supranationalen Institutionen, ebenso zwischen Risiko und Haftung der Akteure sowie zwischen deren «Vergütung und Verantwortung».

Vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Merkel

Steinbrück hob besonders die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Kanzlerin Angela Merkel und ihm hervor, dabei habe die Parteizugehörigkeit keine Rolle gespielt. Gemeinsames Ziel sei es gewesen, einen Kollaps des Finanzsystem und einen Ansturm deutscher Bankkunden auf die Filialen hiesiger Geldinstitute zu verhindern.

Die Vernehmung Steinbrücks dürfte noch bis zum Nachmittag dauern. Kurz vor Beginn entrollten vier Aktivisten der globalisierungskritischen Organisation Attac Transparente mit den Slogans «Banken zur Kasse» und «HRE-Akten offen legen». Sie wurden von Ordnern von der Besuchertribüne abgeführt.

Vor Sitzungsbeginn zog der Obmann der FDP in dem Gremium, Volker Wissing, eine erste Bilanz der monatelangen Untersuchung. Es habe sich gezeigt, dass die Strukturen der Bankenaufsicht schlecht funktionierten und dringend verbessert werden müssten, sagte er. Steinbrück warf er vor, im September 2008 zu spät auf die Schieflage der Immobilienbank reagiert zu haben. «Wie kann es sein, dass ihm ein solches Risiko entgeht?», fragte Wissing.

Die Finanzexperten von Grünen und Linken, Gerhard Schick und Axel Troost, forderten erneut die Entlassung von Finanzstaatssekretär Asmussen. Schick sagte, Assmussen habe massiv Sorgfaltspflichten verletzt. (ap)