Berlin. Geht es nach der Opposition, dann ist Finanzminister Peer Steinbrück mitschuldig an der kostspieligen Pleite der Hypo Real Estate. Linke, Grüne und FDP warfen der Regierung schwere Fehleinschätzungen und "gravierende Kommunikationslücken" vor. Die SPD verteidigte sich gegen die Vorwürfe.
Die Opposition sieht in Finanzminister Peer Steinbrück weiter einen Mitschuldigen für das milliardenschwere Debakel bei der Münchner Bank Hypo Real Estate. Im gemeinsamen «Sondervotum» zum Abschluss des Bundestags-Untersuchungsausschusses warf die einzigartige Allianz aus Linken, Grünen und FDP Regierung und Bankenaufsicht schwere Fehler zulasten der Steuerzahler vor. Zudem hatte sie am Freitag «gravierende Kommunikationslücken zwischen Finanzministerium und Bankenaufsicht» kritisiert.
SPD sieht Lehman-Pleite als Schlüsselereignis
Die SPD hält die Pleite der US-Bank Lehman Brothers vor gut einem Jahr für die Hauptursache des Beinahe-Zusammenbruchs der Münchner Bank Hypo Real Estate. Die dem amerikanischen Wahlkampf geschuldete «eklatante Fehlentscheidung» habe das ganze globale System ins Wanken gebracht, sagte die SPD-Obfrau im HRE-Bundestags-Untersuchungsausschuss, Nina Hauer, am Freitag. Sie verteidigte die Rettungsaktion der Regierung für die HRE: Nur so habe eine «Kernschmelze» des Weltfinanzsystems vermieden werden können.
Zum Abschluss des Ausschusses warf Hauer der Opposition vor, «in destruktiver und unsubstantiierter Kritik» am Krisenmanagement der Bundesregierung zu verharren. «Für die Opposition hatte der Ausschuss die Funktion des Wahlkampfgetöses», kritisierte sie. Dennoch habe er positive Ergebnisse gebracht. Die erhobenen Vorwürfe gegen die Bundesregierung seien ausgeräumt worden, und es sei herausgekommen, dass die Regierung verantwortlich gehandelt habe. Einen weiteren HRE-Untersuchungsausschuss in der nächsten Legislaturperiode lehnte sie «als völlig fehl am Platz» ab.
Der Krise sei nur global zu begegnen. Es bedürfe einer europäischen Aufsicht und der verstärkten Zusammenarbeit mit den Amerikanern. National könne allerdings auch etwas getan werden: «Wir können das Risikoverhalten von Managern sanktionieren», betonte Hauer. Die CDU müsse nur noch zustimmen. «Aber die wesentlichen Fragen der Aufsicht sind nur international zu händeln.»
FDP: HRE-Rettung nicht hinreichend vorbereitet
Der Obmann für die FDP, Volker Wissing, sagte, BaFin-Präsident Jochen Sanio habe im Ausschuss erklärt, die HRE habe sich bereits seit Herbst 2007 mit der Übernahme der irischen Depfa «in der Falle» befunden. Dieses klare Bild habe das Bundesfinanzministerium nicht erreicht.
«Wer sich im Vorfeld der HRE-Rettung nicht hinreichend vorbereitet, darf sich nachher nicht wundern, dass die gefundenen Rettungspakete wiederholt nachgebessert werden mussten», betonte Wissing. Steinbrücks (SPD) Behauptung, die deutschen Aufsichtsstrukturen hätten sich bewährt, sei durch den Untersuchungsausschuss widerlegt. Die größte Schwäche sei, dass es keine Notfallpläne gegeben habe.
Linke: Steinbrück für die Krise mitverantwortlich
Linken-Obmann Axel Troost fügte hinzu, das Bundesfinanzministerium habe es bewusst unterlassen, sich auf die potenzielle Schieflage großer Banken vorzubereiten. Damit habe es europäische Vereinbarungen gebrochen, seine Sorgfaltspflichten verletzt und die Steuerzahler geschädigt. Seiner Ansicht nach trage Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen die personelle Verantwortung, da er unvorbereitet in den Rettungspoker hineingeschlittert sei und sich von den Privatbanken über den Tisch habe ziehen lassen.
Auch Steinbrück sei für die Krise mitverantwortlich, da er zunächst betonte, die Krise werde Deutschland nicht erreichen und eine Woche später den obersten Krisenmanager gespielt habe, sagte Troost.
Grüne: HRE-Rettung nur eine kurzfristige Notlösung
Grünen-Obmann Gerhard Schick kritisierte, die sogenannte Rettung der HRE sei keine Rettung, sondern eine Notlösung ohne nachhaltige Substanz gewesen. Bereits im Frühjahr 2008 hätten die Informationen vorgelegen, dass die HRE Liquiditätsprobleme habe. Die Bundesregierung habe sich nicht richtig verhalten, ihre Sorgfaltspflichten verletzt und verkannt, dass die Interessen der Verhandlungspartner nicht die Interessen der Steuerzahler seien.
«Rettungsalternativen, die einen substanziellen Beitrag der Geretteten forderten, wurden nicht in Erwägung gezogen», sagte Schick. Jahrelange Folgebelastungen des Haushalts seien das Ergebnis des unzureichenden Regierungshandelns. Mindestens 337 Millionen Euro seien durch unzureichende Verhandlungen verschwendet worden. Er forderte als Konsequenz aus dem Debakel eine europäische Finanzaufsicht und Notfallpläne für Banken.
Die Oppositionsparteien zeigten sich mit den Ergebnissen des Untersuchungsausschusses zufrieden. Grüne und Linke schlossen einen weiteren HRE-Ausschuss in der nächsten Legislaturperiode nicht aus. Troost kritisierte, die SPD habe sich im Ausschuss sehr destruktiv verhalten, während die CDU konstruktiv mitgearbeitet habe. (ap)