Düsseldorf. Die Kommunen in NRW haben Probleme mit Zuwanderern - aber zu wenig Geld, um den betroffenen Menschen ausreichend zu helfen. Bulgarien und Rumänien wiederum haben 600 Millionen Euro an EU-Mitteln nicht abgerufen. NRW-Sozialminister Schneider plädiert nun dafür, Teile des Geldes umzuleiten.
Nordrhein-Westfalens Integrationsminister Guntram Schneider (SPD) will EU-Mittel, die Bulgarien und Rumänien nicht abrufen, für Zuwanderer in Nordrhein-Westfalen haben. Beide Länder hätten aufgrund staatlicher Defizite 600 Millionen Euro an EU-Mitteln liegenlassen, stellte Schneider am Montag in Düsseldorf fest. Hier werde das Geld in Kommunen, die viele Zuwanderer aus diesen Ländern aufnehmen, hingegen dringend gebraucht. NRW sei deswegen bereits in Gesprächen mit der Bundesregierung und anderen Bundesländern.
Noch in diesem Jahr will sich Schneider mit seinem neuen Integrationsstaatssekretär Thorsten Klute in Rumänien über die Lage vor Ort informieren. Erstes Ziel müsse es sein, Länder wie Bulgarien und Rumänien selbst in die Lage zu versetzen, etwas für ihre ethnischen Minderheiten und gegen Armut zu tun, erklärte Schneider. "Niemand verlässt gern sein Heimatland."
Probleme dürfen nicht verniedlicht werden
Da beide Länder aufgrund vieler Defizite in ihren Regierungs- und Verwaltungsstrukturen offenkundig nicht in der Lage seien, Mittel aus EU-Fonds sachgerecht einzusetzen, müsse Europa helfen. Schneider forderte, qualifizierte Teams zusammenzustellen, die diese Länder bei der Projektarbeit unterstützen.
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Im großen und ganzen habe NRW "kein Problem mit Zuwanderern aus Südosteuropa", sagte Schneider. Bemerkenswerte Spannungen beschränkten sich auf wenige große Städte oder gar Häuser in einzelnen Stadtteilen. Betroffen seien vor allem Duisburg, Dortmund, Gelsenkirchen und Hamm. Hier dürften die Probleme aber nicht verniedlicht werden, warnte Schneider. Die Kommunen benötigten Hilfe. "Wir brauchen dringend ein Sofortprogramm des Bundes und der EU."
NRW legt Sonderprogramm für Integration an
NRW sei bislang das einzige Land, das ein Sonderprogramm zur Integration von Neuzuwanderern aus Südosteuropa aufgelegt habe, berichtete Schneider. Seit Jahresbeginn werden aus dem 7,5 Millionen Euro umfassenden Topf Projekte gefördert.
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Die wichtigsten Bereiche seien Schule, Qualifizierung, Wohnen und Gesundheit, sagte Schneider. Viele Zuwandererkinder kämen ohne oder nur mit sehr geringen Deutschkenntnissen ins Land und benötigten "Vorschalt-Klassen", um Anschluss zu finden. Allerdings sei es schwer, muttersprachliche Lehrer aus Rumänien und Bulgarien zu finden. Zudem benötigten Erwachsene ohne Schul- und Berufsabschluss Qualifizierung. In Zusammenarbeit mit den kommunalen Wohnungsgesellschaften müsse die Unterkunftsfrage geklärt werden.
Ein großes Problem sei, dass viele keine Krankenversicherung nachweisen könnten. So blieben Kommunen teilweise auf hohen Behandlungskosten sitzen. Schneider forderte den Bund auf, eine Koordinationsstelle einzurichten, um mit den nationalen Regierungen der Zuwanderer abklären zu können, wer wo versichert ist.
Wer Leute vom Arbeiterstricj anwirbt ist kriminell - nicht der Arbeiter
Es sei nicht zu bestreiten, das Zuwanderung auch Kriminalität mit sich bringe, räumte Schneider ein. Das sei aber nicht allein Ausländerkriminalität. "Wer auf dem Arbeitsstrich für zwei Euro die Stunde Arbeit einkauft, ist kriminell", sagte Schneider. "Und wenn in einer Dreizimmer-Wohnung mit 15 Leuten 200 Euro im Monat pro Matratze verlangt werden, dann ist dieser Vermieter kriminell."
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Zur Wahrheit gehöre auch, dass die meisten Einwanderer aus Südosteuropa hoch qualifiziert und "geräuschlos" in Deutschland arbeiteten, sagte Schneider. "Die Kliniken im Kreis Wesel wären ohne Ärzte aus Rumänien und Bulgarien nicht mehr funktionsfähig."
Keine Toleranz gegenüber Salafisten
An die Grenze ihrer Integrationsbereitschaft komme die wehrhafte Demokratie bei Salafisten, betonte Schneider. "Da kann es keine Toleranz geben." Die deutsche Rechtsordnung müsse jeder Zuwanderer akzeptieren. "Das ist nicht mit dem Ziel, einen Gottesstaat zu errichten zu vereinbaren."
Eine rote Linie hat aus seiner Sicht auch der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan bei seinem Berlin-Besuch in diesem Monat überschritten. "Es ist skandalös, wenn der türkische Ministerpräsident seinen Wahlkampf hier bestreitet", kritisierte Schneider. "Das ist geradezu ein unfreundlicher Akt gegenüber einem Land, das der Türkei eigentlich wohlwollend gegenübersteht." (dpa)