Berlin. Die Kluft zwischen Ost- und Westdeutschland ist noch immer groß - auch in den Köpfen der Menschen. Zu diesem Ergebnis kommt die Bundesregierung in ihrem aktuellen Bericht zur deutschen Einheit. Zumindest in wirtschaftlicher Sicht werde der Osten in zehn Jahren West-Niveau erreicht haben.
Ostdeutschland wird nach Einschätzung der Regierung in zehn Jahren wirtschaftlich Anschluss an den Westen finden. Wenn 2019 der Solidarpakt II auslaufe, dürften sie fast die Leistungsfähigkeit strukturschwacher Flächenländer wie Niedersachsen oder Rheinland-Pfalz erreichen. Zu dieser Einschätzung kommt die Regierung in ihrem Jahresbericht zur Deutschen Einheit, den der Ost-Beauftragte Wolfgang Tiefensee (SPD) am heutigen Mittwoch dem Bundeskabinett vorstellt.
«Dies wäre ein beachtlicher Erfolg», sagte der Bundesminister der «Berliner Zeitung». Laut dem Bericht ist Ostdeutschland vom Wirtschaftsabschwung weniger betroffen als die alten Bundesländer. Die stärkere Krisenfestigkeit des Ostens sei auf den höheren Anteil kleiner bis mittlerer Unternehmen zurückzuführen, die flexibel reagieren könnten. Außerdem sei die ostdeutsche Wirtschaft unabhängiger vom Export, heißt es laut der Zeitung im Einheitsbericht.
Krise beschleunigt Angleichung
Der Abstand bei der Wirtschaftskraft wird durch die Krise weiter gemindert. Schon in den Vorjahren hat sich die Schere allmählich geschlossen, wie Tiefensee laut «Berliner Zeitung» in seinem Bericht feststellt: Die Pro-Kopf-Produktion im Osten stieg auf 71 Prozent des Westens (2000: 67 Prozent). Auch die Produktivität, die Exportquote und die Kapitalausstattung der Unternehmen haben sich in diesem Zeitraum deutlich angenähert. Bei der Selbstständigenquote wurde schon 2007 sogar Gleichstand zwischen Ost und West erreicht.
Allerdings übt der Bericht Kritik am Zustand der inneren Einheit Deutschlands. «Die gegenseitige Anerkennung der Bürger in Ost- und Westdeutschland ist trotz aller Fortschritte noch immer nicht ausreichend», zitierte die «Thüringer Allgemeine» aus dem Papier. In Ost und West hätten viele Bürger das Gefühl, «dass die Menschen des jeweils anderen Landesteils ihre Leistungen nicht genügend anerkennen».
Ost- und Westdeutsche empfänden sich immer noch gegenseitig als fremd, im Osten gebe es ein Gefühl der Benachteiligung. «Fremdheiten zu überwinden und Gemeinsamkeiten zu schaffen, bleibt ein wichtiges Ziel im weiteren Prozess der Vereinigung Deutschlands. Vorurteilen muss begegnet, Klischees müssen überwunden werden», zitierte die Zeitung aus dem Bericht. (ap/ddp)