Essen. Die Enttarnung von Karl-Heinz Kurras, der 1967 den Studenten Benno Ohnesorg bei einer Demonstration in Westberlin erschoss, gibt einen Einblick in die frühere Verstrickung der Stasi in die Westpolitik. Viele Beispiele gibt es dafür.

Der Fall John erschütterte 1954 die gerade erst fünf Jahre junge Republik: In der Nacht zum 21. Juli verschwand der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Otto John, in der DDR. War es ein freiwilliger Übertritt? Wurde er entführt? Bis heute gibt es keine Klarheit. John jedenfalls griff auf internationalen Pressekonferenzen, die Ostberlin mit großem Pomp inszenierte, Kanzler Adenauer als „Remilitarisierungspolitiker” an. Für die SED ein gewaltiger Propagandaerfolg. Vom Geheimnisverrat ganz zu schweigen.

Das Magazin „konkret” war in den 60er-Jahren eine Ikone der „außerparlamentarischen Opposition”. Es wurde zum Teil von Ostberlin finanziert. Die SED war interessiert an destabilisierenden Faktoren.

Spion an der Seite von Kanzler Brandt

Das Misstrauensvotum, mit dem 1972 CDU-Kanzlerbewerber Barzel den SPD-Kanzler Brandt aus dem Amt hebeln wollte, misslang knapp, weil die Union nicht genug Stimmen zusammenbrachte. Mit von der Partie war die Stasi: Der CDU-Politiker Julius Steiner gab zu, gegen Geld nicht für Barzel votiert zu haben.

Der Rücktritt von Brandt im Jahr 1974 war Folge der Entlarvung seines persönlichen Referenten Günter Guillaume als DDR-Agent – durch ihn erhielt der SED-Staat Informationen aus dem intimsten Zirkel westdeutscher Macht.

Im „Krefelder Appell” forderte die Friedensbewegung 1980 die Bundesregierung auf, keine neuen atomaren Mittelstreckenraketen in der Bundesrepublik aufstellen zu lassen. Millionen Bürger unterschrieben den Appell. Westdeutsche Kommunisten mit ostdeutschem Geld versuchten, den Protest zur Massenagitation gegen das Westbündnis umzumünzen. Bundestagsparteien und DGB sprachen von „nützlichen Idioten“ der SED.

RAF-Terroristen tauchen ab

Staatsfeind Nr. 1 war die terroristische „Rote Armee Fraktion”. Im Westen fieberhaft gesucht, gab die DDR in den 80er-Jahren RAF-Mitgliedern Unterschlupf und neue Identitäten. Erst nach dem Fall der Mauer wurden die Gesuchten der West-Justiz überstellt.

Ungeklärt sind die neun Morde, die der „letzten RAF-Generation” zugeschrieben werden. Voller Rätsel ist vor allem die Ermordung von Detlev Karsten Rohwedder 1991, der als Treuhandchef mit der Privatisierung der DDR-Betriebe beauftragt war. Es wurde spekuliert, alte Stasi-Seilschaften hätten bei dem Attentat eine Rolle gespielt, um sich an dem „Abwickler” zu rächen. Doch das ist eben reine Spekulation.