Berlin. In der Debatte um sogenannte Armutszuwanderung hat der deutsche Europaabgeordnete Elmar Brok (CDU) zur Verhinderung mehrfacher Einreisen die Registrierung von Fingerabdrücken ins Gespräch gebracht. “Zuwanderer, die nur wegen Hartz IV, Kindergeld und Krankenversicherung nach Deutschland kommen, müssen schnell zurück in ihre Heimatländer geschickt werden“, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Europäischen Parlament in einem Interview.
Im Koalitionsstreit um Freizügigkeit in Europa und Armutszuwanderung aus Bulgarien und Rumänien kommen nun auch aus der CDU schärfere Töne an die Adresse der Schwesterpartei. "Das alles ist im Ganzen unstimmig und unsinnig", sagte CDU-Vorstandsmitglied Regina Görner der Online-Zeitung "Huffington Post" mit Blick auf die CSU-Forderung nach schärferen Regeln. "Die CSU schürt damit das Vorurteil, dass es bereits massiv Einwanderung in die Sozialsysteme gebe. Die hält sich bisher aber in ganz engen Grenzen." Görner kritisierte auch die CSU-Devise "Wer betrügt, der fliegt": "So ein Slogan wird natürlich auch im Ausland im Gedächtnis bleiben."
Der Passus findet sich in der Beschlussvorlage für die Klausur der CSU-Bundestagsabgeordneten in Wildbad Kreuth. Die Christsozialen denken an eine dreimonatige Sperrfrist für Sozialhilfe und ein Wiedereinreiseverbot für ausgewiesene Betrüger. SPD und Opposition werfen der CSU Populismus vor.
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Dagegen bringt der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok sogar die Registrierung von Fingerabdrücken ins Gespräch. Der "Bild"-Zeitung sagte Brok: "Zuwanderer, die nur wegen Hartz IV, Kindergeld und Krankenversicherung nach Deutschland kommen, müssen schnell zurück in ihre Heimatländer geschickt werden. Um Mehrfacheinreisen zu verhindern, sollte man darüber nachdenken, Fingerabdrücke zu nehmen." Man könne die sozialen Probleme in Bulgarien und Rumänien nicht mit Hartz IV in Deutschland lösen.
In der Diskussion um Armutszuwanderung hat der nordrhein-westfälische CDU-Chef und Bundesvize Armin Laschet für ein offenes Europa plädiert. Er kritisierte die Äußerung des CDU-Europaabgeordneten Elmar Brok: "Das sind Vorschläge, die nun wirklich nicht in ein offenes Europa passen", sagte Laschet am Freitag im Radiosender WDR 5. Gerade in Nordrhein-Westfalen "mit den vielen offenen Grenzen" könne man sich so etwas nicht wünschen.
Schwierigkeiten hätten nichts mit neuer Freizügigkeit zu tun
Im WDR wies Laschet erneut darauf hin, dass die Schwierigkeiten, wie es sie in Duisburg und Dortmund gebe, nichts mit der neuen Freizügigkeit zu tun hätten. "Denn die Probleme waren ja schon vorher da", sagte Laschet mit Blick auf überbelegte Wohnungen, Schwarzarbeit und Prostitution. Die Menschen seien bisher mit Touristenvisum eingereist.
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Seit dem 1. Januar haben auch Rumänen und Bulgaren freien Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt. "Freizügigkeit heißt, dass jeder sich innerhalb der Europäischen Union einen Arbeitsplatz suchen kann. Und der, der das tut, ist herzlich willkommen, der nützt auch unseren Sozialkassen, er zahlt ein und hat es nicht verdient, dass man ihn in die Ecke eines Sozialbetrügers rückt", erläuterte Laschet, der früher nordrhein-westfälischer Integrationsminister war.
Debatte schade dem Ansehen Deutschlands
SPD-Fraktionsvize Carola Reimann warf der CSU in der "Westdeutschen Zeitung" eine "ekelhafte" Doppelzüngigkeit vor. In den Koalitionsverhandlungen habe die Partei den Kommunen finanzielle Unterstützung verwehrt, um die Zuwanderung besser in den Griff zu bekommen. "Das ärgert mich." Im "Handelsblatt" fügte sie hinzu: "Die von der CSU losgetretene Debatte schadet dem Ansehen Deutschlands."
FDP-Generalsekretärin Nicola Beer kritisierte in einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Rundschau", der CSU-Slogan habe "nichts mehr mit einem seriösen Problemlösungsansatz oder einer wahlkampfbedingten Verkürzung der Botschaft zu tun".
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Bundesagrarminister Hans-Peter Friedrich (CSU), bis vor kurzem noch für das Innenressort zuständig, verteidigte die Haltung seiner Partei. "Wer will, dass die Freizügigkeit und europäische Solidarität auch in Zukunft Akzeptanz findet, muss verhindern, dass sie missbraucht wird. Wir beschädigen die Freizügigkeit nicht, sondern wir schützen sie", sagte Friedrich der "Welt".
CSU benötige "keine Nachhilfe von der SPD"
Der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Max Straubinger, sagte der "Passauer Neuen Presse", die CSU benötige "keine Nachhilfe von der SPD". "Die Probleme, die durch Armutszuwanderung entstehen, müssen offen benannt und diskutiert werden." Sachsens CDU-Innenminister Markus Ulbig sprang der Schwesterpartei in der "Freien Presse" zur Seite: "Missbrauch der Freizügigkeit schadet der Akzeptanz der EU - das kann man verschieden formulieren, wird aber dadurch nicht falsch."
Nach aktuellen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (BA) entfallen nur 0,6 Prozent der Gesamtausgaben für Hartz-IV-Leistungen auf arbeitslose Bulgaren und Rumänen. Zwischen September 2012 und August 2013 beanspruchten sie knapp 172 Millionen Euro. Die Gesamtausgaben liegen bei etwa 32 Milliarden Euro pro Jahr, wie die "Rheinische Post" unter Berufung auf die Daten der BA berichtet. (dpa)