Washington. Die US-Regierung lässt auch die neuesten Berichte über die mutmaßliche Überwachung des Merkel-Handys an sich abperlen. US-Präsident Obama verliert bei einem öffentlichen Auftritt kein Wort über die Affäre - und sein Pressesprecher verteidigt die Spähprogramme.

Das Weiße Haus hält sich im Abhörskandal um den Geheimdienst NSA weiter bedeckt und wehrt trotz belastender Medienberichte Fragen mit stereotypen Vertröstungen ab. „Wir nehmen zu spezifischen Presseberichten keine Stellung“, sagte Regierungssprecher Jay Carney am Montag bei der routinemäßigen Pressekonferenz im Weißen Haus. Ein Satz, den man von ihm seit einer Woche kennt.

Zuvor hatte das „Wall Street Journal“ berichtet, dass die Bespitzelung der Mobiltelefone von Kanzlerin Angela Merkel und über 30 weiteren Staats- und Regierungschefs durch den Geheimdienst „National Secrity Agency“ (NSA) fast fünf Jahre lang ohne das Wissen von Präsident Obama stattgefunden habe.

Nach Recherchen der Investigativ-Reporterin Shioban Gorman hat Obama den mutmaßlich seit 2002 gelaufenen Lauschangriff auf Merkel und einen namentlich nicht genannten Teil der prominenten Zielgruppe erst vor wenigen Wochen einstellen lassen. Als Obama 2009 ins Amt kam, sei Merkel vermutlich als eine von vielen Überwachungsmaßnahmen behandelt worden, ohne dass der Präsident darüber informiert wurde.

Regierungssprecher weicht den Vorwürfen aus

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Trotz mehrfacher Nachfragen wich Jay Carney dem als schwere Belastung für das deutsch-amerikanische Verhältnis geltenden Vorwurf aus. Der Regierungssprecher verteidigte die Notwendigkeit von Spionage als Mittel der Terrorabwehr.

Er wiederholte, dass bis Jahresende eine umfassende Inventur der Befugnisse und Arbeitsweisen der amerikanischen Geheimdienste vorliegen soll. Ziel dabei sei es, die Interessen der nationalen Sicherheit in eine „neue Balance“ zu bringen mit den Anforderungen an Datenschutz und Privatsphäre weltweit.

Versteckte Kritk an den NSA-Aktivitäten?

Als einzigen neuen Zungenschlag werteten Beobachter, dass Carney Aussagen machte, die als versteckte Kritik an den bisherigen Aktivitäten der National Security Agency gewertet werden könnten: „Wir müssen sicherstellen, dass wir Informationen nicht nur sammeln, weil wir es können“, sagte er, „sondern weil wir es im Interesse unsere Sicherheit und der Sicherheit unserer Verbündeten sollten“.

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Laut „Wall Street Journal“ hat die NSA offenbar eigenständig über das Abschöpfen auswärtiger Staatenlenker entschieden. Obama persönlich sei mit spezifischen Personalien nicht befasst gewesen. Lediglich die Prioritäten bei der geheimdienstlichen Arbeit habe das Weiße Haus vorgegeben.

Einige Top-Politiker sollen weiter ausgespäht werden

Welchen Erkenntnisgewinnung sich die NSA vom Abhören Merkels und anderen Regierungsspitzen versprach und über die Jahre konkret erzielt hat, darüber gibt der Bericht keine Auskunft. Gorman biss an dieser Stelle dem Vernehmen nach bei ihren Gesprächen mit Regierungsstellen auf Granit.

Allerdings wurde ihr bestätigt, dass nicht alle Promi-Quellen der Beobachtung entzogen sind. Einige Top-Politiker würden weiter ausgespäht, „weil die Vereinigten Staaten daraus Nutzen zögen“. Darum sei es möglich, dass über abgefangene Kommunikationen Dritter Angela Merkel auch heute noch in das Blickfeld der NSA gerate.