München. . Ein „Brennpunkt“ nach der „Tagesschau“ hat bei besonderen Ereignissen eine lange Tradition im Ersten. Doch ausgerechnet zum Spitzel-Skandal rund um das Handy von Bundeskanzlerin Angela Merkel gab es keinen. ARD-Programmchef Volker Herres steht daraufhin jetzt selbst im Brennpunkt.

Der „Brennpunkt“ im Ersten hat eine lange Tradition. Seit 1971 gibt es bei wichtigen Ereignissen nach der „Tagesschau“ Extra-Berichterstattung. Der Lauschangriff von US-Geheimdienstlern auf Kanzlerin Merkels Handy – er hätte sich am Donnerstagabend gut für ein Special geeignet. Doch es gab keinen „Brennpunkt“. Jetzt steht ARD-Programmchef Volker Herres selbst im Brennpunkt.

Medienkritiker Stefan Niggemeier hatte bereits am Donnerstagnachmittag um 16.31 Uhr im Netz Alarm geschlagen – weit vor Ausstrahlung der 20-Uhr-Ausgabe der „Tagesschau“. Herres, behauptete Niggemeier, habe einen „Brennpunkt“ verhindert, „obwohl sich die Chefredakteure der ARD-Anstalten intern einstimmig dafür ausgesprochen haben“.

„Tagesschau“ hatte zehn Minuten lang nur ein Thema: die Schnüffel-Attacke

Frank Schirrmacher, einer der Herausgeber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, sekundierte. Am späten Donnerstagabend, im ARD-Talk „Beckmann“ mit dem kurzfristig angesetzten Thema „Europa nach dem Handy-Gate“, nannte er es einen „Skandal“, dass das Erste der Abhör-Attacke keine Sondersendung gewidmet habe.

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Programmchef Herres selbst nährte Spekulationen, in dem er am Donnerstagnachmittag kurzerhand abtauchte; auf eine Anfrage der dieser Redaktion reagierte er nicht.

Wie diese Redaktion aus Teilnehmerkreisen erfuhr, gab es in der Tat eine kontroverse Diskussion innerhalb der Runde. Letztlich habe Herres von seinem Entscheidungsrecht Gebrauch gemacht, hieß es einerseits. Andererseits erhielt Herres auch keine Rückendeckung.

Dabei gab es durchaus Gründe, an die „Tagesschau“ kein Special anzuhängen. Die ARD widmete der Schnüffel-Affäre bereits in den 20-Uhr-Nachrichten ungewöhnlich viel Zeit: 10:04 Minuten. Zudem wurde die Ausgabe um zweieinhalb Minuten auf 17:37 Minuten verlängert. Dadurch verzögerte sich die Kai-Pflaume-Show „Die deutschen Meister“ geringfügig.

Warum es einen „Brennpunkt“ zum „Schneechaos“ gab

So weit, so gut? Keineswegs. Am Freitagmorgen rechtfertigte sich Herres via Facebook („Das Erste“) „in eigener Sache“. Die Entscheidung sei „ausschließlich aus inhaltlichen Gründen“ erfolgt und nicht, wie von Niggemeier behauptet, „um eine Unterhaltungsshow nicht zu verschieben“.

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Und noch etwas spricht gegen Herres. Während er beim Spitzel-Skandal blockte, hatte er keine Bedenken, am 12. März dieses Jahres einen „Brennpunkt“ zum „Schneechaos“ zu machen. Die Botschaft des Beitrages war denkbar schlicht: Der Winter birgt Gefahren. Allerdings hatte die Sendung für Herres viel Charme: Sie hatte an diesem Tag die beste Quote.