Rom. Der NS-Kriegsverbrecher Erich Priebke ist im Alter von 100 Jahren gestorben. Der ehemalige SS-Offizier war 1944 an einem Massaker an 335 Italienern beteiligt. Bis zu seinem Tod zeigte Priebke keine Reue. Er habe keine Wahl gehabt, sagte er noch kürzlich zu einem Journalisten.

Kurz vor seinem Tod ließ der NS-Kriegsverbrecher Erich Priebke einen Journalisten in seine Wohnung in Rom. Ob er im Rückblick auf seine hundert Lebensjahre etwas anders gemacht hätte, fragte der Reporter des Magazins der "Süddeutschen Zeitung". "Ich hatte keine Wahl", wies ihn Priebke ab. Der Mann, dessen Name für eines der schlimmsten deutschen Massaker in Italien steht, starb ohne einen Funken Reue.

Am 29. Juli konnte der 1913 in Hennigsdorf in Brandenburg geborene Priebke noch seinen 100. Geburtstag feiern. Nicht in einem Pflegeheim, sondern ohne je berichtete größere Gebrechen in seiner Wohnung in Rom. In dieser ihm von seinem Anwalt kostenlos zur Verfügung gestellten Wohnung verbrachte Priebke die letzten vierzehn Jahre seines Lebens unter Hausarrest - er war wegen seines angeblich schlechten Gesundheitszustands und seines Alters 1999 wieder aus dem Gefängnis entlassen worden.

Priebke lebte fast 50 Jahre unerkannt in Argentinien

Der Fall Priebke war einer der großen NS-Kriegsverbrecherfälle der 1990er Jahre. Bis 1994 lebte der ehemalige SS-Offizier unbescholten unter seinem echten Namen in einem Badeort in Argentinien.

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Er war dorthin gut drei Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs mit Hilfe eines Bischofs geflohen. Er lebte mit seiner Familie in Argentinien, arbeitete zunächst als Kellner und später als Metzger.

Dann entdeckte ihn ein US-Journalist, der als Folge der damals wiederholten rechtsextremen Übergriffe in Ostdeutschland nach Nazis recherchierte. Priebke wurde nach Italien ausgeliefert, dort wurde er wegen des Massakers in den Ardeatinischen Höhlen bei Rom vor Gericht gestellt.

Nie eine Entschuldigung für das Massaker von 1944

Am 23. März 1944 hatten italienische Partisanen mit Bomben 32 Männer einer deutschen Polizeieinheit getötet. Angeblich auf direkten Befehl Adolf Hitlers sollten für jeden toten Deutschen zehn Italiener sterben. Nur einen Tag nach dem Anschlag führten SS-Truppen insgesamt 335 ahnungslose Männer - der jüngste ein Jugendlicher von 15 Jahren - in die Höhlen, um sie zu erschießen.

Das Massaker gilt als äußerst grausam. Weil die Höhlen so eng sind, fanden Erschießungen auf den Leichen der ersten Opfer statt. Weil viele der SS-Soldaten betrunken waren und nicht richtig trafen, starben manche der Opfer qualvoll langsam. Priebke soll als Hauptsturmführer die Namensliste der Opfer geführt haben. Er gestand außerdem, zwei Gefangene selbst erschossen zu haben. Ein Wort der Entschuldigung sagte Priebke dafür nie.

90. Geburtstag mit Neonazis gefeiert

Doch so grausam die fehlende Reue Priebkes für die Angehörigen seiner Opfer - darunter 75 Juden - war, so verstörend nachgiebig wirkte auch der Umgang der italienischen Justiz mit dem Kriegsverbrecher. Nur ein Jahr nach seiner Verurteilung zu lebenslanger Haft kam er wieder aus dem Militärgefängnis frei und in Hausarrest.

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Die Bedingungen des Hausarrestes sorgten immer wieder für Wut bei den Angehörigen. Mal machte Priebke Urlaub am Lago Maggiore. Dann erstritt er sich das Recht, arbeiten zu dürfen. Mit dem Motorroller fuhr der da schon 93-Jährige munter in die Kanzlei seines Anwalts. Seinen neunzigsten Geburtstag hatte er auf dem Land in einem Restaurant gefeiert - zusammen mit deutschen Neonazis. Diese verherrlichten Priebke in den vergangenen Jahren immer offensiver.

Bequemes Leben unter Hausarrest

Der alte Mann selbst hatte es sich dem Bericht des "SZ"-Magazins zufolge in seinem Hausarrest bequem eingerichtet. An seiner Wand hing demnach ein Porträt des Feldmarschalls Erwin Rommel neben Leopardenfellen und Lanzen. "Wenn ich unter schlechteren Umständen hätte leben müssen, wäre ich vielleicht schon tot", sagte er dem Reporter erst vor wenigen Wochen.

Und der angeblich zum Christentum bekehrte Priebke berief sich in dem Gespräch darauf, dass er gar nicht anders hätte handeln können: "Ich bin der Überzeugung, dass der Herrgott, wenn es ihn gibt, jeden Menschen so führt, wie er halt lebt." (afp)