Dortmund. . Staatsanwaltschaft Dortmund will SS-Mann den Prozess machen. Ungarn verhaftet Laszlo Csatary.
Die Fahndung nach den letzten noch lebenden NS-Verbrechern geht weiter. Die Staatsanwaltschaft Dortmund hat nach WAZ-Informationen Mord-Ermittlungen gegen einen 91-Jährigen aus Breckerfeld im Ennepe-Ruhr-Kreis eingeleitet. Der Verdächtige B. wird beschuldigt, als SS-Rottenführer und Mitglied einer deutschen Polizeieinheit 1944 in der Grenzstation Delfzijl in den Niederlanden einen Widerstandskämpfer getötet zu haben.
Der Nazi-Gegner war am Abend vor dem Mord von deutschen Einheiten festgenommen worden. B. erhielt nach den bisherigen Ermittlungen von seinen Vorgesetzten den Befehl, den Gefangenen am nächsten Morgen außerhalb der Grenzdienststelle hinzurichten, sagte Staatsanwalt Andreas Brendel der WAZ. Gemeinsam mit einem Kollegen habe B. den Widerstandskämpfer in ein flaches Gelände geführt und ihn dort aufgefordert: „Geh mal pissen.“ Dann habe man ihn erschossen.
B. war bereits in den 80er-Jahren durch den Nazi-Jäger Simon Wiesenthal in Deutschland aufgespürt worden, nachdem er in den Niederlanden in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden war. Das Landgericht Hagen verhängte damals eine siebenjährige Freiheitsstrafe wegen Mordes an zwei Widerstandskämpfern, den Brüdern Sleutelberg. B. und sein Mitangeklagter sollen die Opfer gezwungen haben, vor der Erschießung ihr Grab auszuheben.
Der Verdächtige – er ist 1943 wie tausende anderer Nazi-treuer Niederländer per „Führererlass“ eingedeutscht worden – lebt seit vielen Jahren in Breckerfeld und war als Unternehmer tätig. Er soll bei guter Gesundheit sein. Eine Festnahme kommt offenbar derzeit nicht in Frage, weil Haftgründe wie eine Fluchtgefahr fehlen. Die Schwerpunktstaatsanwaltschaft für NS-Delikte in Dortmund hofft, die Mordhandlung nachweisen zu können.
Kriegsverbrecher im Hausarrest
Derweil ist der seit Jahrzehnten untergetauchte mutmaßliche Nazi-Kriegsverbrecher Laszlo Csatary in Ungarn verhaftet worden. Er sei wegen des Vorwurfs der Kriegsverbrechen angeklagt worden, teilte die Staatsanwaltschaft in Budapest am Mittwoch mit. Die Staatsanwälte beantragten die Verhängung eines Hausarrests gegen den mittlerweile 97-Jährigen. Damit könnten die ungarischen Behörden ihm auch seinen Reisepass abnehmen. Csatary sei angesichts seines Alters in gutem körperlichen und geistigen Zustand.
Das Simon-Wiesenthal-Zentrum hatte ihn kürzlich aufgespürt und der Staatsanwaltschaft Hinweise auf seinen Aufenthaltsort gegeben. Csatary steht auf der Liste der jüdischen Menschenrechtsorganisation mit den meistgesuchten Kriegsverbrechern ganz oben.
An der Deportation von Juden beteiligt
Der 97-Jährige soll, wie berichtet, im Jahr 1944 bei der Deportation von 15 700 Juden in das Konzentrationslager Auschwitz eine wichtige Rolle gespielt haben. Zudem soll der ehemalige Polizeichef von Kosice im ungarisch besetzten Teil der Slowakei 1941 maßgeblich an der Deportation von 300 Juden in die Ukraine beteiligt gewesen sein. Er war 1948 in Ungarn zum Tode verurteilt worden. In Kanada nahm er eine neue Identität an und erhielt 1995 auch die Staatsangehörigkeit. Die wurde 1997 annullierte. Csatary floh und tauchte 15 Jahre lang unter.