Gießen/Dortmund. Die Universität Gießen will die Doktorarbeit von SPD-Bundestagsfraktionschef Frank-Walter Steinmeier zügig überprüfen. Das Verfahren werde nur wenige Wochen dauern, sagte Uni-Präsident Joybrato Mukherjee am Montag. Laut einem Medienbericht weise Steinmeiers Promotion “umfangreiche Plagiatsindizien“ auf. Steinmeier sprach von einem “absurden Vorwurf“.

Nach den Plagiatsvorwürfen gegen SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier unterzieht die Uni Gießen die ihr vorgelegte Computeranalyse von Steinmeiers Doktorarbeit einer Prüfung. Steinmeier sei ein verdienter und hochangesehener Absolvent der Universität, teilte die Hochschule am Montag weiter mit. "Er hat daher in besonderer Weise Anspruch darauf, dass die vorliegenden Vorwürfe vollständig und zweifelsfrei nach wissenschaftlichen Kriterien einer Klärung zugeführt werden."

Steinmeier selbst hatte zuvor den Präsidenten der Universität Gießen gebeten, eine "förmliche Überprüfung der gegen mich gerichteten Vorwürfe zu veranlassen". Der "Focus" hatte am Wochenende vorab über die Vorwürfe gegen den SPD-Politiker berichtet, die der Dortmunder Fachhochschul-Professor Uwe Kamenz erhebt.

Kamenz ist wissenschaftlicher Direktor des "ProfNet Institut für Internet-Marketing" in Münster und untersucht in einem Projekt die Dissertationen von Politikern mit einem Computerprogramm auf mögliche Plagiate. In Kamenz' Prüfbericht wird die "Gesamtplagiatswahrscheinlichkeit" in Steinmeiers Arbeit mit 63 Prozent angegeben.

Steinmeier will Informationen über Focus-Sponsoring

Wie die "Süddeutsche Zeitung" unter Berufung auf Angaben des Professors berichtete, soll der "Focus" Sponsor der Plagiatsanalysen sein, die Kamenz betreibt. Ein Sprecher des Burda-Verlags, in dem der "Focus" erscheint, erklärte auf Nachfrage der Zeitung, das Magazin habe Kamenz zwei Mal einen dreistelligen Euro-Betrag als Aufwandsentschädigung für das Digitalisieren von Büchern zukommen lassen. "Dies geschah losgelöst von der Untersuchung bestimmter Dissertationen", sagte demnach der Verlagssprecher.

Auch interessant

Steinmeier kündigte in Berlin an, er werde den Präsidenten der Fachhochschule Dortmund um Auskunft bitten, "ob Presseberichte zutreffen, wonach Geld vom Nachrichtenmagazin 'Focus' an die Fachhochschule beziehungsweise an den Urheber der Vorwürfe, Herrn Kamenz, geflossen ist".

Uni sieht Verfahren als Sicherung der guten wissenschaftlichen Praxis

Die Gießener Justus-Liebig-Universität teilte mit, sie gehe "den Daten und Werten der Computeranalyse" zur Dissertation von Steinmeier nach. Bei der Hochschule war nach deren Angaben am vergangenen Freitag ein Schreiben eingegangen, in dem die Überprüfung von Steinmeiers Doktorarbeit im Fach Jura angeregt wird. Bei dem Schreiben handelte es sich um eine "Computer-generierte Email mit einer Anlage, die einen sogenannten 'Prüfbericht' per Computeranalyse enthält", wie es in der Mitteilung der Uni weiter heißt. Die E-Mail nenne Kamenz als Absender.

Der Universität zufolge sieht das nun in Gang gesetzte Verfahren zur Sicherung der guten wissenschaftlichen Praxis vor, dass die Ombudsperson der Hochschule zunächst eine Vorprüfung vornimmt. "Zudem wird im Anschluss die Kommission zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis mit dem Abschluss des Verfahrens betraut", teilte die Hochschule mit. Über die Ergebnisse der einzelnen Verfahrensschritte will die Uni die Öffentlichkeit unterrichten. (afp)