Berlin. . SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück mag das Rennen um die kommenden Bundestagswahl am 22. September noch nicht verloren geben. Durch eine direkte Ansprache der Bürger hofft Steinbrück, das Blatt noch wenden zu können, sagte er im ZDF-Sommerinterview am Sonntag.
Der in den Umfragen derzeit abgeschlagene SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück will durch eine direkte Ansprache der Bürger das Blatt vor der Bundestagswahl noch wenden. Die SPD sei "nicht faul gewesen in dieser Legislaturperiode, aber jetzt müssen wir natürlich laufen", sagte Steinbrück am Sonntag im Sommerinterview des ZDF. "An dem Thema Mobilisierung wird sich diese Wahl entscheiden."
Steinbrück zog in dem Interview eine positive Bilanz seiner bislang etwa 25 Hausbesuche bei Bürgern. "Die meisten Menschen sind sehr aufgeschlossen", sagte er mit Blick auf die insgesamt im Wahlkampf von SPD-Politikern geplanten fünf Millionen Hausbesuche. Um die Hauptthemen der SPD vorzustellen, seien solche Aktionen sehr wichtig.
Steinbrück nennt Neuauflage von Großer Koalition "sehr unwahrscheinlich"
Der SPD-Kandidat will nach eigenen Angaben das Thema Mietpreise in den Mittelpunkt seines Wahlkampfs stellen. Junge Familien müssten inzwischen mitunter "zwischen 30 und 40 Prozent ihres Einkommens" für Miete ausgeben, kritisierte er im ZDF. Er beklagte zudem Schieflagen auf dem Arbeitsmarkt: "Sieben Millionen Menschen verdienen unter 8,50 Euro, das spaltet die Gesellschaft." Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) warf er Untätigkeit angesichts der Probleme vor: Das Land müsse "nicht verwaltet, sondern gestaltet werden".
Wahlkampf mit der SPD
Eine Neuauflage der großen Koalition unter Merkel hält der ehemalige Finanzminister der damaligen Regierung für "sehr unwahrscheinlich". Die SPD sei nicht belohnt worden in dieser Koalition, "wo sie personell und inhaltlich der bessere Teil gewesen ist - und das wiederholen wir nicht", sagte Steinbrück.
In der aktuellen Umfrage von "Bild am Sonntag" verharrte die SPD bei 25 Prozent, die Union hatte mit 40 Prozent weiter einen großen Vorsprung. Es gäbe demnach derzeit aber weder eine Mehrheit für Schwarz-Gelb noch für Rot-Grün.
Steinbrück verlangt von USA schriftliche Garantie zum Datenschutz
In der Spähaffäre hat von den USA eine schriftliche Garantie zum Datenschutz gefordert. Bundeskanzlerin Angela Merkel müsse sich von den USA schriftlich einholen, dass deutsche Rechte und Interessen nicht verletzt würden und dass keine Wirtschaftsspionage betrieben werde, sagte Steinbrück am Sonntag im Sommerinterview des ZDF. Er würde als Kanzler "nicht nach Art von Frau Merkel abwarten - nach dem Motto, sind die Amerikaner gnädigerweise bereit, uns ein bisschen aufzuklären?", sagte Steinbrück weiter.
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Steinbrück verteidigte zugleich die Strategie seiner Partei, den Skandal um die Ausspähungen der Internetkommunikation durch Geheimdienstprogramme wie "Prism" oder "Tempora" zum Wahlkampfthema zu machen. Bei der Tragweite des Skandals müsse es für die SPD erlaubt sein, "mit einem Schuss Humor, einem Schuss Ironie darauf hinzuweisen, dass Frau Merkel in einer reinen Abwarteposition ist, während gleichzeitig millionenfach Grundrechte verletzt werden". Es stehe die Frage im Raum, ob Deutschland noch Herr im eigenen Haus sei.
Der ehemalige US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden hatte Dokumente enthüllt, nach denen die Geheimdienste der USA und anderer verbündeter Länder auch die Internetkommunikation deutscher Bürger massenhaft überwachen. Verschiedene Bundesministerien haben deshalb Fragenkataloge an US-Behörden geschickt, Antworten stehen noch aus. Der deutsche Auslandsgeheimdienst BND räumte am Wochenende ein, dem US-Geheimdienst NSA auch vereinzelt Daten übermittelt zu haben. Dies sei allerdings unter Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften geschehen, betonte der BND. (afp)